Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)
Greenstone. Eine Art Jade. Es ist ein Fruchtbarkeitssymbol«, sagt Hu müde. Sie hat die ganze Nacht mit Liam geredet. Die beiden wollten nicht schlafen, wenn sie stattdessen nebeneinanderliegen und reden konnten, hat mir Hu rasch erzählt, als ihre Eltern das Frühstück holten. Ich schließe daraus, dass Arnes Vertrauen gerechtfertigt war.
»Aha, also muss mich ein Mann nur scharf ansehen, wenn ich den Anhänger trage, und schon bin ich wieder schwanger, oder wie muss ich mir das vorstellen?«
Hu lacht und steckt sich Stöpsel in die Ohren. Liam hat neue Lieder auf ihren iPod geladen. Als sie sich auf der Rückbank an ihre schlafende Mutter kuschelt, sagt Arne: »Dann trag ihn mal besser erst, wenn du wieder zu Hause bist.« Ich sehe ihn an und merke, dass das ein Necken unter Freunden war.
Wir sind eine Weile gefahren, als ein lautes, knallendes Geräusch Arne und mich aufschreckt. Arne lässt den Wagen am Seitenrand ausrollen. »Das hat sich schlimm angehört«, sagt er und steigt aus. Er macht die Motorhaube auf, und ich verlasse ebenfalls den Wagen.
»Das war die Steuerkette, Arne.«
»Kann man das reparieren?«
»Klar, man kann alles reparieren. Aber nicht hier und jetzt. Der Wagen muss aufgebockt werden, man braucht Spezialwerkzeug, und man müsste den Motorblock abstützen. Genau hier, hinter dieser Motorwand«, ich quetsche meine Hand in das Innenleben des alten Autos, »befindet sich die Steuerkette. Dazu müssen wir das alles hier ausbauen. Aber selbst wenn wir alles öffnen könnten, hätten wir ja keine neue Steuerkette und neue Dichtungen. Und vielleicht sind auch die Zahnräder in Mitleidenschaft gezogen worden.«
»Wie sieht so was aus?« Hu ist aufgewacht und auch ausgestiegen.
»Im Grunde wie eine Fahrradkette.«
»Die kriegt man doch hier überall.«
»Sie sieht nur im Prinzip so aus. Die muss aber millimetergenau passen. In der Länge, in der Breite und natürlich in den Abmessungen der einzelnen Glieder. Wie gesagt, die anderen Teile brauchen wir auch.«
»Okay.« Arne wirkt vollkommen entspannt. »Wie lange dauert so eine Reparatur?«
»Wenn sich ein guter Mechaniker direkt daranmacht und alle Ersatzteile vorrätig hat, ist das ein Tag Arbeitszeit.«
»Dann rufe ich jetzt mal einen Abschleppwagen.«
Arne entfernt sich vom Auto. Eine laue Luft weht schweren Frangipani-Duft heran. Hu macht die Motorhaube zu und setzt sich auf den Kotflügel. Sie bietet mir einen ihrer Ohrhörer an. Es laufen Lieder von The Datsuns, einer Band aus Neuseeland. Ihr Album »Smoke And Mirrors« habe ich schon 2006 beim Kawasaki-Reparieren in der Bochumer Scheune gehört. Als träfen sich AC/DC, ZZ Top, Led Zeppelin und die Stones. Herrlich kernig.
Arne kommt strahlend zurück. »Der Abschleppwagen ist in zwanzig Minuten da. Die Werkstatt, mit denen die zusammenarbeiten, hat keine passende Steuerkette vorrätig, deswegen bringt er den Wagen direkt in unsere daheim. Da habe ich auch schon angerufen. Es dauert ein paar Tage, bis alle Ersatzteile angekommen sind.«
Mere klettert nun auch aus dem Wagen. Arne erklärt ihr, was los ist. Sie sagt, wir sollen morgen einfach den Pick-up nehmen und zu dritt losfahren. Arne, Hu und ich, so würden wir ja reinpassen. Ich soll wegen eines Autoschadens nicht auf meinen Ausflug verzichten müssen.
Ihr völliger Mangel an Eifersucht fasziniert mich. Ich frage mich, ob ich das auch könnte. Wie die schöne Mere beim Sex aussieht, weiß ich ja nun. Ich stelle mir vor, wie nicht Arne, sondern Hartmut genussvoll in ihr steckt, und werde prompt von einer bitteren Welle weit hinaus in den Pazifik gespült. Eine Meute Haie schwimmt auf mich zu und zerfetzt mich. Ich schüttle mich und weiß, dass ich Meres Gelassenheit wohl nie haben werde.
Vielleicht kann ich wenigstens etwas von Arnes entspannter Haltung zu dem, was das Leben zu bieten hat, mit nach Hause nehmen. Ich atme durch, schließe die Augen und lausche weiter den Datsuns.
Liebe Susanne,
vielen Dank für Deine nette Mail. Du brauchst Dir keine Sorgen um die Tiere zu machen. Es ist alles schiefgelaufen. Die Studenten, die ich in die Alpen geschickt habe, sind abgestürzt und liegen im Spital. Und die anderen wurden von der rumänischen Polizei als Wilderer verhaftet, als sie gerade den ersten Wildgoldhamster eintüten wollten.
Es tut mir leid. Ich hätte es selbst machen sollen.
Heute gibt es hier wieder eine große Versammlung. Also eigentlich eine »Reclaim the Streets«-Party. Du kannst Dir einen Live-Stream
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