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Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition)

Titel: Erdenrund: Hartmut und ich auf Weltreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann , Sylvia Witt
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ansehen. Es soll gegen 10 Uhr losgehen. Vielleicht siehst Du ja meine Mail rechtzeitig.
    Bis bald mal,
    Udo
    Hier ist es 20.30 Uhr. Die Party müsste schon im vollen Gange sein. Ich öffne den Stream. Wahrscheinlich hätte ich das von unterwegs nicht gekonnt, aber hier in Wellington klappt es. Ich bin froh, dass ich mein Guesthouse-Zimmer für die geplante Woche Abwesenheit behalten habe. Wir haben die Tour abgebrochen. Ich bin im Abschleppwagen mit zurück hierhergefahren und genoss das Erstaunen des Fahrers darüber, was ich alles über Autos weiß. Unseren Ausflug setzen wir in ein paar Tagen fort, wenn der Golf wieder fahrbereit ist. Ich möchte Mere dabeihaben.
    Im PC sehe ich Massen. Auf der Neusser Straße sind so viele Menschen versammelt, dass nicht ein Zentimeter des Pflasters zu erkennen ist. Manche tragen Bauwesten auf der nackten Haut und spritzen mit Bier aus Halbliterdosen um sich, als seien sie auf einem Festival oder einem Deichkind-Konzert. Punks mit Nietengürteln und Ketten über Lederkutten grölen Unverständliches. Auf einem Planwagen spielt eine Band und heizt die Menge an. Ich glaube, es ist Ska-Punk, so ein hektisches Gehoppel mit Bläsern zwischen den Gitarren. Am »Kölsche Klüngel« stehen Leute auf einem Podest, die im Vergleich zum Rest spießig gekleidet sind. Sie wechseln sich mit einem Megaphon ab. Es ist nichts zu hören. Wahrscheinlich auch da unten nicht. Die kleine pummelige Trude steht auch auf dem Podest. Das könnte der Stammtisch sein, aber außer Trude erkenne ich niemanden.
    Es fliegen Gegenstände. Ich gucke genauer hin, kann aber nicht erkennen, was da passiert. Da. Einer der Gegenstände trifft jemanden. Er knickt ein. Die, die um ihn herumstehen, wenden sich nach hinten und schlagen drauflos. Inmitten der Meute gibt es einen Pulk, über dem in einem Asterix-Comic eine dichte Staubwolke liegen würde. Hier sieht man verknotete Leiber.
    Ich halte Ausschau nach meiner Mutter und nach Rick auf dem Podest, finde sie aber nicht. Also suche ich auch in der Menge. Hier und da blitzen für Sekunden ein Silberschopf oder ein hellrotblonder Wuschel zwischen den schwarzen Kapuzen, gelben Bauhelmen und blauen Iros auf, aber es könnte jeder einfache Bürger sein, der irgendwie in die Meute geraten ist. Vielleicht haben sie sich längst verbarrikadiert, und Rick schimpft darüber, dass nicht er auf dem Planwagen seinen Protestschlager vorträgt, sondern »blutige Amateure« ein rumpeliges Geholper zum Besten geben.
    Unter dem Livestream können User, die gerade zuschauen, Kommentare posten. Niemand von ihnen sieht, was ich sehe. Alle sind begeistert.
    RIIIIOOOOOOOOOOT!!!
    macht kahputt, was euch kaput macht!
    Super Sache, das alles! Die Band is cool. Ska rulez!
    Wicser da oben alleplattmachenrichtigso!
    Fick Faschos! Hail punkrock!
    Die Haut auf meinem ganzen Körper zieht sich zusammen, als würde sie sich verkrampfen. Meine Mama ist da mittendrin. Und Irmtraut obendrüber. Und Trude und Rick und die Kaus. Das ist Krieg, und meine Leute sind mittendrin! Ich stehe auf und gehe um mein Bett. Mir ist kalt und schlecht. Ich gehe wieder zum Laptop und setze mich. Mir wird schlechter. Die hauen alles kurz und klein! Ich hätte Irmtraut nicht dalassen sollen. Ich hätte meine Mutter nicht alleinlassen sollen. Ich sitze hier im rauen Paradies, und meine Mama kämpft um ihr Leben. Meine Güte, ich muss doch irgendwas tun!
    Der Live-Stream bricht zusammen. Ich suche nach anderen Seiten, die die Kämpfe übertragen, finde aber nichts. Ich googele Party und den Straßennamen. Keine Videos. Lediglich tausend Ankündigungen, dass man hinkommen soll. Goile Scheiße «, schreibt einer in seinem Blog mit dem Namen Atzen-Alarm . Die Seite Indymedia verkündet, dass heute zwischen 10 und 16 Uhr in Köln-Weidenpesch endlich der Kapitalismus überwunden wird.
    Was soll ich bloß machen?
    Ich springe wieder auf. Ich muss brechen. Ich renne zum Bad.
    Über der Toilette merke ich, dass ich nicht kotzen muss. Ich muss was tun! Ich bin zu aufgedreht, um einen klaren Gedanken zu fassen. Ich schnappe mir mein Handy. Roaming-Gebühren hin oder her. Aber erst muss ich ein bisschen ruhiger werden.

    Ich gehe den vertrauten Weg zum Berg hoch. Mir ist so übel. Ich versuche tief durchzuatmen, was wieder zu akutem Brechreiz führt.
    Was macht meine Mutter im schlimmsten Fall?
    In Situationen, in denen andere kreischend davonlaufen, wird meine Mutter ruhig. Sie nimmt die Situation auf, wägt

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