Erdschiff Giganto - Alle sechs Romane
der anderen auf seiner Leiter am Fenster.
»Ich bin müde!« erklärte Großmeister de la Motte mit gequälter Stimme. »Ich hatte eine schwere Woche, und es liegt noch allerlei vor mir. Lassen Sie mich nach Hause fahren!«
Er war aber nicht müde. Das sah man ihm an. Er platzte fast vor Wut. »Jedenfalls habe ich ein junges Schachwunder entdeckt«, sagte er herablassend. »Sie wissen, ich bin ein Nachwuchsförderer!«
Trotzdem war er heute doppelter Verlierer gewesen, und das war jetzt jedem klar. Siegesgewißheit und Hochmut hatten ihn den jungen Gegner unterschätzen lassen. Zum Abschied gab er Superhirn nur flüchtig die Hand.
Um so herzlicher wurde Superhirn von den Zuschauern beglückwünscht. Der Lehrer und der Bruder des Hafenkapitäns trugen ihn auf den Schultern ins Freie. Dort war das Ergebnis schon durch Lautsprecher bekanntgegeben worden. Viele Leute klatschten, schrien »Bravo«, und einige brüllten sogar: »Hoch, hoch, hoch!«
Kaum stand Superhirn wieder auf den Füßen, als er Tati, die Freunde und den Hund vor sich sah.
»Schnell!« rief Tati. »Sonst holen die dich noch zu 'ner Siegesfeier! Aber ich hab heute den Kuchen spendiert und Sahneeis dazu! Madame Claire wartet mit dem Gärtner und seiner Frau am Hang!«
Auf dem offenen, alten Geräte-Auto fuhren die Freunde über die gewundene Straße hoch zur Villa Monton.
»Ich glaub, Superhirn muß sich erst mal ausruhen«, meinte Tati nach dem Abendessen.
»Nee, ich bin taufrisch«, grinste Superhirn.
»Zwei Sieger an einem Tag – toll!« sagte Henri. Er blickte auf Gérard.
»Wirklich, da vergeht einem sogar der Neid!« bekräftigte Prosper ehrlich. »Fußball leuchtet mir noch ein. Aber, daß man als Junge einen Schach-Großmeister besiegen kann, zweimal nacheinander, ist für mich nicht zu fassen!«
»Ich möchte auch mal gewinnen«, maulte Micha. »Ich komme mir schon ganz dämlich vor!«
Superhirn lachte.
»Wie wär's denn mit Schwarzer Peter oder mit Quartett?«
Er verließ die Veranda und ging durch das Kaminzimmer in den Billardraum. Dort waren in Wandschränken, in hohlen Klapptischen und auf Wandborden verschiedene Spiele untergebracht. Superhirn wollte Micha einen Gefallen tun. Der jüngste sollte seine Chance bekommen ... Zwei lustige Kartenspiele fand er schnell: Die »Schwarze Ente« (dem »Schwarzen Peter« ähnlich) und ein Quartett: »Beruf und Zubehör«. Da mußte man die Karte mit dem Förster zu denjenigen mit der Flinte, dem Hirsch und dem Fernglas legen. Oder die mit dem Feuerwehrmann, zu denen, die Schlauch, Einsatzwagen und Stichflamme zeigten.
Superhirn grinste still in sich hinein. »Hirsch« als »Zubehör« zum Förster war komisch. Ebenso die Stichflamme für den Feuerwehrmann.
Na ja. Weder der eine noch der andere konnte ohne das, was er zu jagen oder zu bekämpfen hatte, auskommen.
Superhirn ging durch das Kaminzimmer zurück.
Dort stand das Schachspiel mit den sonderbaren Figuren noch auf dem Tisch. Ebenso die unverrückbare kleine »Statue« auf dem Kaminsims, die wie ein überzähliger Bauer wirkte. Superhirn war das egal. Er hatte genug vom Schach.
Er wollte Micha aufheitern.
Plötzlich vernebelten sich seine Gedanken. Er brach in die Knie. Irgendeine Macht drückte ihn zu Boden.
Dunkel hatte er das Gefühl, er läge unter einer Decke, die komischerweise schwer wie Stein war. Auf einmal, so schnell, wie er gekommen, wich der Druck. Superhirn sah wieder klar. Er lag auf dem Teppich im Kaminzimmer. Was da geschehen war, wer oder was ihn umgeworfen hatte ... das konnte er sich nicht erklären ...
Er sammelte die Spielkarten auf, gab sich einen Ruck und ging in die Veranda. Die anderen schwatzten lustig. Sie aßen die Reste von Tatis »Belohnungskuchen«. Niemand hatte den Vorfall im Kaminzimmer durch die Tür beobachtet.
Nur Loulou winselte wieder so merkwürdig. Er wich vor Superhirn zurück!
»Was hast du?« fragte Tati aufmerksam. Keiner wußte: Meinte sie den Zwergpudel oder Superhirn?
Unter viel Gelächter spielten sie »Schwarze Ente«. Micha gewann zweimal »ehrlich«. Er hatte gesagt: »Wenn einer mogelt, damit ich gewinne, gilt's nicht!« Und er hatte dabei Superhirn aus den Augenwinkeln listig angesehen.
Beim Quartett »Beruf und Zubehör« verwandelte sich die gute Laune. Irgend etwas legte sich auf die Gemüter wie Eis ...
»Superhirn?«, stammelte Tati plötzlich entgeistert. »Was machst du denn da mit den Karten ... ???«
Während Micha zu der Karte mit dem »Arzt« die mit
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