Erdwind
den Duft der Pflanze. „Wunderschön“, sagte sie, und das Aroma erfüllte ihren Kopf mit Zauber. Wie keine Blume, die sie je gerochen hatte, erregend wie kein ihr bekanntes Parfüm. „Ist das ein Aphrodisiakum?“
„Ist es – was?“
„Wie wirkt das auf mich? Macht es, daß ich dich liebe? Was für eine Magie bewirkt es?“
„Nichts dergleichen. Nur ein angenehmer Duft. Es riecht wie du, wenn du zurückkommst von …“ Er blickte hinauf zum Himmel.
Elspeth lächelte. „Danke schön, Darren.“ Sekundenlang starrten sie einander in die Augen. Elspeth merkte, daß sie immer noch zitterte, immer noch von Engus’ Tötung und der gespenstischen Erinnerung an den Selbstmord ihres Vaters erschüttert war. „Sind wir dann also wieder Freunde?“
Darren zögerte, doch offensichtlich war das sein Wunsch; das Geschehene verwirrte ihn, aber es war klar, daß er bereute, was er getan hatte. „Ich möchte schon“, sagte er, „für eine Jenseitlerin …“ Er brach ab. „Ja, für eine Jenseitlerin hast du eine sehr starke Wirkung auf mich. So sagtest du doch neulich, nicht wahr? Eine sehr starke Wirkung. Du bist nicht wie die anderen, und ich fände es sehr schade, wenn du weggingest.“
„Aber die anderen … du willst sie doch vertreiben?“
„Ich will sie nicht umbringen. Engus wollte sie totmachen … dich auch. Wir wollen sie nur nicht in unserem Land.“
Elspeth nahm seine Hände in die ihren. „Ich will das auch nicht, Darren, und ich werde selbst mein Bestes tun, damit sie weggehen.“
„Wir wollen das nicht, was sie uns vorschlagen. Wir erlauben nicht, daß sie diese … diese Dinger herbringen.“
„Ich weiß.“ Sie küßte seine duftende Handfläche. „Schön, daß wir wieder Freunde sind“, sagte sie mit Wärme. „Ich war sehr einsam ohne dich.“
Nachdenklich nickte er, doch in Sekundenschnelle wurde seine weiche Miene wieder hart, männlicher, kriegerischer. „Aber in Zukunft mußt du tun, was ich sage. Ist das klar?“
„Jawohl, klar.“
Er sieht immer noch so beunruhigt aus, dachte sie.
„Darren …?“
Er kratzte seinen gelbroten Pelz dort, wo er oberhalb des Halses in den dichten gelben Flaum seines Jünglingsbartes überging. „Moir ist jetzt gerade bei den Ungenn, und mit dem Seher wird sie wahrscheinlich auch sprechen. Er wird böse sein.“
„Weil du nicht vorher mit ihm gesprochen hast?“
„Das hat Engus auch nicht getan.“
Elspeth war verwirrt. „Du meinst, ihr hättet ihn fragen sollen, wer gewinnt?“
Und von diesem sonderbaren Orakel auf dieser sonderbaren Welt hätten sie es wohl auch erfahren.
Darren schüttelte den Kopf. „Das ist nicht erlaubt. Aber der Seher hätte es wissen müssen, er selbst hätte es wissen müssen.“
„Also ist er jetzt böse. Warum geht Moir zu ihm?“
„Wahrscheinlich aus dem gleichen Grunde.“
Wieder die kalte, gespannte Erwartung. Darren wollte auf Umwegen auf irgend etwas Unklares hinaus. Was war es, das Elspeth nicht wußte? Aber – was wußte sie überhaupt von dieser Gesellschaft? „Muß Moir jetzt ein Revancheduell ausfechten? Mußt du jetzt der Ehre und von Gesetzes wegen deine eigene Schwester töten?“
Bedrückt erwiderte er: „Ich habe ihren Liebhaber in einem Ehrenduell getötet. In so einem Fall muß die ‚feste Frau’ – oder der ‚feste Mann’ natürlich – den festen Partner des Siegers herausfordern. Das ist … das bist du.“
Ihr Erstaunen über eine solche Revanche verdeckte sekundenlang eine merkwürdige Tatsache. Plötzlich ging ihr ein Licht auf. „Willst du damit wirklich sagen, daß du mich als deine ‚feste Frau’ betrachtest? Das ist eine Unverschämtheit!“
Darren machte ein Gesicht, als fühle er sich nicht recht wohl dabei. „Ich weiß ja, daß du es in Wirklichkeit nicht bist, aber darum geht es nicht. Denn das wissen ja nur du und ich. Für mein Volk bist du meine ‚feste Frau’. Und ich dein ‚fester Mann’. Ich dachte, das wüßtest du … Glaubst du denn, du wärest sonst so leicht aufgenommen worden?“
Das war ja durchaus logisch. Was mochten wohl seine Eltern von dieser Verbindung halten, fragte sie sich halb amüsiert.
Und dann fiel ihr wieder das Duell ein. „Dann kann mir also Moir jeden Moment eine Forderung überbringen lassen?“
„Jeden Moment.“
Es war ein schauderhafter Gedanke: sich mit Tangelkräutern peitschen, mit zwei Schwertern aufeinander losschlagen, sich zerfleischen … das konnte sie nicht, sie wußte es ganz genau, und niemals in
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