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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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und Engus knieten sich an den gegenüberliegenden Seiten des Steines hin und begannen jeder, ein kompliziertes Spiralmuster auf den Stein zu schmieren …
    Bald konnte Elspeth erkennen, wie kompliziert das Muster wurde. In Blut aufgemalt, kein falscher Strich, keine Linie oder Kurve an falscher Stelle … drei Doppelspiralen …
    Ein Todessymbol? War der Erdwind also ein Todessymbol, nicht mehr und nicht weniger?
    Beide standen jetzt auf. Das Blut rann immer noch reichlich aus dem Schnitt am Unterarm. Warum fingen sie nicht an, warum brachten sie es nicht hinter sich?
    Plötzlich fiel Elspeth ein, daß sie keine Ahnung hatte, warum sie eigentlich kämpften. Sie fragte Moir danach, doch die sah sie an, als verstünde sie die Frage nicht.
    „Es muß doch einen Grund geben. Um wen oder was geht es?“
    Moir blickte ins Lager zurück und sprach mit einer Stimme, so grau wie der Himmel: „Darren kämpft für unsere Familie, Engus für seine.“
    „Ja, aber warum?“
    „Engus’ Familie will den Tod der Jenseitler. Sie wollen das Himmelshaus angreifen und alle umbringen.“
    Das wollte Engus? Elspeth war enttäuscht. Das war ein so unvernünftiger und primitiver Wunsch – die Zerstörung eines Unerwünschten mittels roher Kraft. Und natürlich würden die Aerani bald merken, daß die Unerwünschten auch einige Tricks auf diesem Gebiete kannten. „Und Darrens Familie vertritt diejenigen, die den Jenseitlern gehorchen wollen?“
    „Nicht gehorchen“, verbesserte Moir, „sondern nichts mit ihnen zu tun haben wollen.“
    Es war alles so sinnlos. Diese beiden jungen Leute kämpften um etwas, worauf sie sowieso keinen Einfluß hatten. Aber es war zu spät, um etwas zu ändern, zu spät, sie eines Besseren zu belehren.
    Also sahen sie zu, verkniffen, Kälte auf der Haut, verkrampft (Moir zitterte, aber sie weinte nicht mehr), wie Darren und Engus auf das Morgenrot warteten, um ihre private Schlacht zu beginnen.
    Fast bevor es richtig angefangen hatte, war es schon vorbei.
    Die Sonne kam hinter dem Wald herauf, der Himmel wurde heller; die Fackeln wurden gelöscht, und die beiden Kämpfer standen auf. Ein paar Sekunden lang umkreisten sie den Stein, sich verfolgend. Darrens Tangelkraut schoß auf den Gegner zu, doch Engus parierte die lebendige Ranke mit der flachen Klinge. Sein eigenes Tangelkraut verharrte fest um seinen Arm gerollt. Dann blitzte das Licht auf den blankpolierten Klingen, sie schlugen mit lautem Knall über dem Stein in zweifacher Parade aufeinander. Darren lief vor, Engus schlug eine Finte; wieder knallten die Knochenschwerter aneinander, beide schwangen ihre Waffe mit voller Kraft und zielten dabei auf des Gegners Haupt. Immer noch ließ Engus sein Tangelkraut nicht in Aktion treten, als warte er einen Moment ab, wo er es möglichst unkonventionell einsetzen konnte. Darren schien die Zurückhaltung seines Gegners nichts auszumachen. Er versuchte, sein Tangelkraut zum Einfangen von Engus’ Unterarm zu benutzen, doch Engus war zu flink.
    Auge in Auge umkreisten sie den Stein, hieben die Schwerter aneinander und machten blitzschnelle Ausfälle. Das scharfe, knallende Aufeinandertreffen der Schwerter erfüllte die Luft.
    Die Zuschauer gaben keinen Laut von sich; kein Murmeln war zu hören, kaum ein Atemzug. Aber Darren atmete laut, und zweimal, wenn sie über dem Stein aufeinander loshieben, grunzte Engus vor Anstrengung, wenn er sein Schwert auf den etwas kleineren Gegner niedersausen ließ.
    Da fand Darrens Tangelkraut einen Halt um Engus’ Nacken und zog sich deutlich fest. Doch in Sekundenschnelle hieb Engus das Pflanzenwesen durch – jetzt schoß sein Tangelkraut vor, bekam festen, schmerzhaften Halt um Darrens Leib und zog ihn herum, auf den Stein zu. Engus holte aus zum tödlichen Hieb (Elspeth schrie auf), doch als Darren mit einem dumpfen Aufprall und einem Schmerzensschrei an den Stein gerissen wurde, war es seine Klinge, die ihr Ziel fand.
    Vielleicht hatte er darauf gewartet, daß Engus gerade das tun würde, was er tat, vielleicht war es einfach die überlegene Duelltaktik Darrens: Im Augenblick, als Engus zu triumphieren glaubte, rollte sein Kopf über den Sand und starrte die Zuschauer blicklos, blutleer an.
    Der enthauptete Leichnam von Moirs Liebhaber sank über dem blutigen Stein zusammen, das Knochenschwert immer noch in den fest verkrampften Fingern. Der unnötige Streit hatte sein blutiges Ende gefunden.
    Darren machte sich los, stand auf und wischte die rote Schmiere von seiner

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