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Erdwind

Erdwind

Titel: Erdwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Holdstock
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von Elspeths Größe war der Urwald ziemlich ung e fährlich. Nur ihre Beine machten nicht mit. Sie wollten sich einfach nicht schnell genug bewegen.
    Sie kam – sie wußte nicht, wie – in die weite Lichtung und rannte auf Moir auf, die stehengeblieben war, um wi e der zu Atem zu kommen. Beide fielen zu Boden, und Moir lachte.
    „Bin ich zu schnell gelaufen?“
    Elspeth schüttelte den Kopf. Ihre Lungen schmerzten vor A n strengung so, daß sie kaum sprechen konnte. „Wie kommst du denn darauf …“ Sie schlug sich an die Brust, um den Schmerz zu dämpfen. „Wir sind doch bloß so geschle n dert …“
    Moir kicherte wieder, rappelte sich hoch und kratzte sich unbewußt den Bauch. Nach der gestrigen leichten Feinds e ligkeit hatte sich das Mädchen auf einmal für Elspeth e r wärmt und hatte sich heute früh besondere Mühe gegeben, sie zu finden und mit ihr zu sprechen. Vielleicht hatte Da r ren ihr Vorhaltungen gemacht, so daß sie sich nun ihrer Kä l te schämte; oder vielleicht lag es auch an dem Scherz über das ‚Hängen’, daß Moir sie jetzt ohne weit e res Unbehagen akzeptierte. Auf jeden Fall war das, was Moir jetzt tat, nur als großer Freundschaft s dienst zu bezeichnen; denn wenn Elspeth in der Feuer-Halle entdeckt wurde und es herau s kam, daß Moir sie hineingeführt hatte, stand für Moir mehr auf dem Spiel als nur der Verlust ihrer bisher erworbenen Rechte.
    In der Lichtung befand sich ein Hügel, völlig regelmäßig, vie l leicht fünfzehn Fuß hoch und dreißig im Durchmesser. Eine b e sondere Art Moos, gewachsen in den Jahrhunderten seit seiner Errichtung, bedeckte ihn; bei näherem Hinsehen erkannte Elspeth, daß er etwas gesackt war: Ursprünglich mußte er ein paar Fuß höher und entsprechend kleiner gew e sen sein.
     
     
    Es mußte eine natürliche Lichtung sein, ähnlich der Hoc h ebene, wo der crog war. Auf allen Seiten war dichter Wald, doch die Muttererde war zu flach, um den dichten Dschu n gel zu ernähren, der das Werk der Menschenhand nicht e r reichen, sondern sozusagen nur von ferne mißbilligend b e trachten konnte. Wenn Elspeth genau hinsah, konnte sie jetzt die abg e flachten Gräben erkennen, aus denen die Erde des Hügels stammte.
    „Wie lange steht das schon?“ fragte sie Moir, die den H ü gel a n starrte.
    „Weiß nicht. Wohl schon ewig lange.“
    „Ist es ein Grabhügel?“
    „Innen ist ein Gang und ein Tunnel zum crog. Grabh ü gel?“
    Sie machte ein ganz verwundertes Gesicht. „Warum sollte sich jemand in so einem großen Erdhaufen begraben la s sen?“
    „Vor langer Zeit vielleicht? Ehe man die Toten in die Marschen und in die Blaurinden-Friedhöfe brachte?“
    Moir schüttelte den Kopf. Offenbar hatte sie keine A h nung, wozu der Hügel gedient haben könnte. Sie ging voran, ein Stück um ihn herum, und kroch gebückt in ein kleines Loch. Es war scheußlich eng und unbequem. Der Gang war nur zwei Fuß hoch und knapp zwei Fuß breit, die Wände bestanden aus kleinen, au f einandergesetzten Steinbrocken, die Decke aus Platten eines Gesteins von mehr kristallin i schem Charakter. Von oben drang ein schwacher Lich t schimmer ein, und als sie ein paar Fuß weit h i neingekrochen war, fühlte sich Elspeth, auf dem Bauche kriechend, vo r sichtig ab und zu nach oben blickend, äußerst unb e haglich.
    Nach ein paar Yards erweiterte sich der Tunnel, so daß Elspeth aufrecht stehen konnte. Sie faßte hoch und konnte g e rade die Decke berühren – es mußte eine kreisrunde Kammer sein, etwa zehn Fuß hoch. In der Dunkelheit fühlte sie eine Hand an ihrer Brust, die sich rasch zurückzog: Moir keuchte erschrocken auf, vielleicht weil sie die harten Di a manten in Elspeths Brust gefühlt hatte.
    „Suchst du meine Hand?“ flüsterte Elspeth. Warum fl ü stere ich eigentlich?
    „Ja“, erwiderte Moir, „warum flüsterst du? Hier hört uns ke i ner.“
    Elspeth zuckte die Achseln, was ganz unnütz war. „Das kommt mir wie ein heiliger Ort vor. Wo bist du?“
    Ihre Hände berührten und umklammerten sich; Elspeth pac k te Moirs kleine warme Hand mit ihren kalten Fingern, die zitterten … vor Angst? Oder Erwartung? Aber sie füh l ten sich noch i m mer ein wenig unbehaglich.
    „Das ist einer der alten Ausgänge des crog“, sagte das Mädchen. „Bei manchen Ritualen wird er immer noch b e nutzt. Da ist ein Loch im Boden …“
    Elspeth fiel auf die Knie, ohne das Mädchen loszulassen. Ta t sächlich – sie standen am Rande einer tiefen Grube. Elspeth

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