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Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel

Titel: Erdzauber 01 - Die Schule der Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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versprach Astrin. »Aber nie bin ich einem Mann begegnet, der sich vor sich selbst so verborgen hält. Es muß andere Zaubermittel geben; ich werde suchen. Aber ich weiß nicht, warum Euch soviel daran liegt. Das muß doch der höchste Friede sein, keinen Namen zu haben und kein Gedächtnis. Ja, gut, ich werde weiter suchen. Seid geduldig.«
    Am folgenden Tag hörte Morgon ihn schon bei Sonnenaufgang rumoren und stand auf. Es regnete nicht mehr; die Wolken hingen in Fetzen über der Ebene des Windes. Sie nahmen ein Morgenmahl aus kaltem Hasen, Wein und Brot zu sich, und danach wanderten sie, mit Astrins Werkzeugen beladen und Xel im Gefolge, über die Ebene zu der alten, untergegangenen Stadt.
    Der Ort war ein Labyrinth abgebrochener Säulen, eingestürzter Mauern, dachloser Gemächer, abbröckelnder Treppen, die ins Nichts führten, windschiefer Torbogen, die in ihren Grundfesten erschüttert waren, und das alles einst erbaut aus mächtigen, glatten Quadern glänzenden Steins, die in sämtlichen Schattierungen von Rot, Grün, Gold, Blau, Grau, Schwarz leuchteten, viele gemasert und von anderen Farben durchwoben. Eine breite Prachtstraße aus goldweißen Steinplatten, in deren Ritzen Gras wucherte, begann am östlichen Rand der Stadt, zog sich mitten durch sie hin und endete am Fuß des einzigen noch intakten Gebäudes der Stadt: einem Turm, der sich von einem umfangreichen schwarzen Sockel aus spiralförmig in die Höhe schraubte zu einem kleinen, runden, tiefblauen Gemach hoch oben auf seiner Spitze. Morgon, der an Astrins Seite die breite Straße hinunterschritt, blieb stehen, um das Bauwerk zu betrachten.
    »Der Turm des Windes«, bemerkte Astrin. »Kein Mensch war je oben auf seiner Spitze - auch kein Zauberer. Aloil versuchte es; sieben Tage und sieben Nächte lang stieg er die Treppen hinauf und erreichte niemals ihr Ende. Ich selbst habe es viele Male versucht. Ich glaube, auf der Spitze dieses Turms warten die Antworten auf Fragen, die so alt sind, daß wir vergessen haben, sie zu stellen. Wer waren die Erdherren? Welche schreckliche Katastrophe vernichtete sie und ihre Städte? Ich spiele wie ein Kind unter den Gebeinen dieser Stadt, finde hier einen schönen Stein, dort einen zerbrochenen Teller und hoffe, daß ich eines Tages den Schlüssel zu ihrem Geheimnis finden werde, die erste Ahnung einer Antwort... Auch von diesen mächtigen Steinen brachte ich einen Splitter zu Danan Isig; er sagte, er wüßte von keinem Ort im Reich des Erhabenen, wo solcher Stein gefördert wird.« Er tippte Morgon leicht auf den Arm, um sein Augenmerk auf sich zu ziehen. »Ich bin da drüben, in diesem Zimmer ohne Dach. Kommt mir nach, wenn Ihr es wünscht.«
    Allein nun in der verödeten, im Wind singenden Stadt, wan- derte Morgon durch die dachlosen Säle und die wandlosen Gemächer. Um ihn herum rasten die Winde wie wilde Pferde, tobten durch verödete Zimmer, donnerten die Straße hinunter, um kreiselnd an den Mauern des Turms emporzuklettern und seufzend durch das unzugängliche blaue Gemach oben an seiner Spitze zu flattern. Morgon, angezogen von dem himmelhohen, leuchtenden Bauwerk, folgte den Winden und legte eine Hand flach auf die blauschwarze Wand, während er den Fuß auf die erste Stufe setzte. Die goldenen Stufen wanden sich im Bogen von ihm weg; die Winde pufften ihn wie Kinder, drängten sich an ihm vorbei. Er zögerte einen Augenblick, dann wandte er sich ab und machte sich auf die Suche nach Astrin.
    Den ganzen Tag arbeitete er mit Harke und Schaufel an Astrins Seite in einem kleinen Zimmer, dessen Boden unter die Erde gesunken war. Die gelockerte Erde zerkrümelte er in seinen Händen, durchsuchte sie nach Scherben von Metall, Glas, Tongeschirr. Einmal, als er die Hände voll feuchter schwarzer Erde hatte, stieg ihm der kräftige, gute Geruch in die Nase, und etwas in ihm öffnete sich voller Sehnsucht. Ohne sich dessen bewußt zu sein, stieß er einen Laut aus. Astrin blickte auf.
    »Was ist? Habt Ihr etwas gefunden?«
    Er ließ die Erde aus den Händen rieseln und schüttelte den Kopf. Er spürte Tränen hinter den Augen und wußte nicht, warum.
    Als sie, ihre Funde sorgsam in altes Tuch eingehüllt, bei Abenddämmerung heimwärts wanderten, sagte Astrin zu ihm: »Ihr seid so ruhig und geduldig. Vielleicht gehört Ihr hierher, um schweigend inmitten dieser vergessenen Dinge zu arbeiten. Und Ihr laßt mein verschrobenes Gebaren so fraglos gelten, als könntet Ihr Euch nicht erinnern, wie Menschen

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