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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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Schließlich kam sie zur Tür der Bibliothek der Großmeister. Sie war geschlossen.
    Sie öffnete sie. Acht Großmeister und ein König unterbrachen ihr ruhiges Gespräch, drehten sich verblüfft nach ihr um. Die eisblauen Augen des Königs brannten, als er sie mit plötzlicher Neugier anblickte.
    Einer der Meister stand auf.
    »Rendel von An«, sagte er freundlich. »Können wir Euch helfen?«
    »Ich hoffe es«, flüsterte sie, »denn ich weiß nicht, wohin ich mich sonst wenden soll.«

Kap.8
     
    Eingehüllt von ihrem sanften, leidenschaftslosen Schweigen berichtete sie ihnen von dem Gestaltwandler, der in Danans Haus zu ihr gekommen war, und von ihrer Flucht aus dem Berg Isig. Sie erzählte ihnen von dem Stein, den Astrin in der Ebene von Königsmund gefunden hatte, und zeigte ihnen das Mal auf ihrer Handfläche. Sie schilderte ihnen, wie sie in der leeren, öden Nacht in der Einöde das Feuer in ihrer Hand gehalten hatte, während der Weinbecher des Harfners des Erhabenen in seinem Licht geblitzt hatte. Sie erzählte ihnen, obwohl sie wußte, daß sie die Geschichte kannten, von Ylon, der aus An und der körperlosen See geboren worden war.
    Als sie endete, hatte sich der Abend leise in den Raum geschlichen, verwischte die schweigenden, dunkelgewandeten Gestalten, altes Pergament und kostbare, mit Gold verschlossene Manuskripte. Einer der Meister zündete eine Kerze an. Die Flamme zeigte ihr sein müdes, geduldiges Gesicht und hinter ihm die hageren, gar nicht sanften Züge des Königs von Osterland.
    Der Meister sagte schlicht: »Wir alle hier stellen uns dieser Tage ernste Fragen.«
    »Ich weiß. Ich weiß, mit welchem Nachdruck. Ihr habt Eure Tore nicht einfach deshalb geschlossen, weil Ihr den Gründer von Lungold hier als Großmeister aufgenommen habt. Ich weiß, wer da war, Morgon zu empfangen, als Thod ihn zum Erlenstern-Berg brachte.«
    Die schlanke Kerze, die der Meister hielt, neigte sich zu einem Docht und blieb ruhig.
    »Auch das wißt Ihr!«
    »Ich habe es erraten. Und später, später sagte mir Thod, daß es so war.«
    »Er scheint Euch sehr wenig erspart zu haben«, bemerkte Har.
    Seine Stimme klang trocken und unpersönlich, doch sie sah in seinem Gesicht einen Abglanz des Zorns und der Verwirrung, die der Harfner im ganzen Reich ausgelöst hatte.
    »Ich bat ihn nicht darum, mich zu schonen. Ich wollte die Wahrheit. Ich will sie auch jetzt, deshalb bin ich hergekommen. Hier ist ein Ausgangspunkt. So kann ich nicht nach An zurück. Wenn mein Vater dort wäre, könnte ich es vielleicht. Aber ich kann nicht heimkehren und Duac und Rood und den Rittern von An gegenüber vorgeben, daß ich so sicher nach An gehöre wie die Wurzeln der Bäume und die alten Königsgräber. Ich habe eine Gabe und ich habe Angst vor ihr. Ich weiß nicht - ich weiß nicht, was ich vielleicht in mir selbst freisetze, ohne es zu wollen. Ich weiß nicht mehr, wohin ich gehöre. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
    »Unwissenheit«, murmelte der Wolfskönig, »ist tödlich.«
    Das abgetragene Gewand von Großmeister Tel raschelte in der Stille.
    »Ihr seid beide hergekommen, Euch Antworten zu holen; wir können Euch nur wenige geben. Manchmal jedoch braucht man eine Frage nur zu drehen, und sie wird zur Antwort; und wir haben viele Fragen. Vor allem eine, die die Gestaltwandler betrifft. Sie tauchten beinahe ohne jede Vorwarnung in dem Augenblick auf, als dem Sternenträger seine Bestimmung bewußt wurde. Sie wußten seinen Namen vor ihm; sie wußten von dem Schwert mit den Sternen, das tief im Grab der Kinder der Erdherren in Isig auf ihn wartete. Sie sind alt, älter als die Geschichte und die Rätselkunst, ohne Ursprung, ohne Namen. Sie müssen benannt werden. Erst dann werdet Ihr die Ursprünge Eurer eigenen Gaben kennenlernen.«
    »Reicht es nicht zu wissen, daß sie die Königsfamilien in An und Ymris zu vernichten suchten, daß sie Astrin Ymris blendeten, daß sie Morgon beinahe töteten, daß sie kein Erbarmen kennen, keine Barmherzigkeit, keine Liebe. Sie gaben Ylon sein Leben und trieben ihn dann in den Tod. Sie kennen kein Mitleid, nicht einmal mit ihren eigenen -«
    Unvermittelt brach sie ab bei der Erinnerung an die Stimme des Gestaltwandlers.
    Einer der Großmeister bemerkte leise: »Ihr seid auf eine Ungereimtheit gestoßen?«
    »Nicht Mitleid, sondern Leidenschaft.«, flüsterte sie. »Das gab mir der Gestaltwandler zur Antwort. Und sie verwob ihr Feuer zu solcher Schönheit, daß mich ein heftiges Verlangen

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