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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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packte, ihre Gabe zu besitzen. Und sie fragte mich, was denn Ylon zu ihnen zurückgetrieben hätte, wenn sie gar so schrecklich wären. Sie machte, daß ich das Harfenspiel hörte, das Ylon vernahm, sie ließ mich seine Sehnsucht begreifen. Dann sagte sie mir, daß Morgon den Harfenspieler getötet hatte.«
    Sie verstummte in das Schweigen der Großmeister hinein, das geübte Schweigen alter Männer, das Herzstück der Geduld.
    »Sie ließ mir dieses Rätsel zurück.« Ihre Stimme war tonlos. »Diese Ungereimtheit. Wie Thods Güte, die vielleicht nur Gewohnheit war, und - vielleicht auch nicht. Ich weiß es nicht. Nicht - nicht der Erhabene, nicht diese Schule, nicht Gut noch Böse - scheint mehr seine Gestalt zu behalten. Das ist der Grund, weshalb ich in jenem Augenblick so sehr nach Morgon verlangte. Er weiß wenigstens seinen eigenen Namen. Und einer, der sich selbst benennen kann, kann sehen und andere Dinge benennen.«
    Die Gesichter im unruhigen Kerzenschein schienen aus Schatten und Erinnerung geformt, so still saßen sie da, als ihre Stimme verklang.
    Schließlich sagte Meister Tel sanft: »Die Dinge sind sie selbst. Wir verzerren ihre Gestalt. Euer eigener Name ist noch immer in Euch geborgen, ein Rätsel. Der Erhabene, gleich, wer er ist, ist noch immer der Erhabene, wenn auch Ghisteslohm seinen Namen wie eine Maske getragen hat.«
    »Und was ist der Harfner des Erhabenen?« fragte Har.
    Großmeister Tel schwieg einen Moment, während er sich in eine Erinnerung zurückzog.
    »Auch er hat hier studiert, vor Jahrhunderten. Ich hätte nicht geglaubt, daß ein Mann, der sich das schwarze Gewand erworben hat, die Grundsätze der Rätselmeisterschaft auf solche Weise verraten könnte.«
    »Morgon hat vor, ihn zu töten«, sagte Har brüsk, und bestürzt hoben sich die Augen des Großmeisters. »Ich hatte nicht gehört -«
    »Ist das ein Verrat an der Rätselkunst? Der Weise verfolgt nicht seinen eigenen Schatten. Nichts von seinem Instinkt für das Landrecht ist ihm geblieben, ihn zurückzuhalten; nicht einen Landherrscher im ganzen Reich gibt es, die Morgol eingeschlossen, der seinen Wünschen nicht willfährt. Wir schenken ihm Verständnis; wir verriegeln die Tore zu unseren Königreichen, wie er es wünscht. Und wir warten auf seinen letzten Verrat - den Verrat an sich selbst.« Sein harter Blick wanderte wie eine Herausforderung von Gesicht zu Gesicht. »Der Meister ist Herr seiner selbst. Morgon ist völlig frei von diesem Reich. Er trägt nicht mehr die Zügel des Landrechts. Der Erhabene ist nirgends sichtbar, es sei denn im Zeugnis seiner Existenz. Bisher hat sich Morgon durch die Grundsätze und Lehren der Rätselkunst an seine Bestimmung gebunden. Er besitzt außerdem ungeheuere, unerprobte Macht. Gibt es auf den Listen der Meister ein Rätsel, das den Weisen gestattet, zu rächen?«
    »Durch Richtspruch«, murmelte einer der Großmeister, doch seine Augen blickten beunruhigt. »Wem sonst ist es gestattet, diesen Mann zu richten und zu verdammen, der seit Jahrhunderten das ganze Reich verraten hat?«
    »Dem Erhabenen.«
    »Und an Stelle des Erhabenen -«
    »Dem Sternenträger?« Er spielte auf ihrem Schweigen wie auf einer Harfensaite und brach es dann. »Der Mann, der seine Macht dem Geiste Ghisteslohms entrang, weil keiner, nicht einmal der Erhabene, ihm half? Er ist verbittert, überheblich, und nach seinen Taten zu urteilen, stellt er selbst die stillschweigenden Regeln in Frage, an die sich jeder Rätselmeister gebunden fühlt. Aber ich bezweifle, daß er das in sich selbst sieht; denn wohin auch immer er blickt, stets sieht er Thod. Seine Bestimmung ist es, Rätsel zu lösen. Nicht, sie zu zerstören.«
    Eine Spannung löste sich in Rendel. Sie fragte leise: »Habt Ihr ihm das gesagt?«
    »Ich versuchte es.«
    »Ihr seid auf seine Wünsche eingegangen. Thod sagte, er wäre von Euren Wölfen aus Osterland vertrieben worden.«
    »Mich verlangte nicht danach, auch nur einen Fußabdruck von Thod in meinem Land zu finden.« Er schwieg einen Moment. Seine Stimme verlor ihre Barschheit. »Als ich den Sternenträger sah, hätte ich mir die Narben von meinen Händen reißen mögen, um sie ihm zu geben. Er sagte sehr wenig über Thod und auch über Ghisteslohm, aber er sagte - genug. Später, als mir langsam klar wurde, was er tat, wie weit fort von sich selbst er sich entwickelt zu haben schien, ließen mich die Gedanken daran, was sein Handeln bedeutete und ausdrückte, nicht mehr los. Er war immer so

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