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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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verstummt. Sie fragte sich, ob sie wohl alle tot waren. Dann schoß ihr die Frage durch den Kopf, was Duac sagen würde, wenn er die Geister der Könige von Hel in seinem Hause fand.
    Farrs Stimme sickerte in ihre Gedanken.
    »Und danach?«
    »Danach?«
    »Nach unserer Ankunft in Anuin? Was für Forderungen werdet Ihr uns in Eurem eigenen Haus stellen, was für Fesseln werdet Ihr uns anlegen?«
    Sie holte Atem und fand, daß in ihr kein Mut mehr war, Forderungen zu stellen.
    »Wenn der Mann sicher und wohlbehalten ist, keine. Wenn Ihr für seine Sicherheit gesorgt habt. Aber allein die Könige von Hel sollen ihm Begleitschutz geben, nicht die Heere der Toten.«
    Wieder folgte ein langes Schweigen auf ihre Worte. Sie legte einen Zweig ins Feuer, sah das Aufblitzen von Berechnung in seinen Augen.
    Dann sagte er unerwartet: »Wer ist dieser Mann?«
    »Wenn Ihr seinen Namen nicht wißt, kann niemand ihn Euch entreißen. Ihr kennt die Gestalten von Hel: Bäume, Tiere, die Erde; Ihr seid einer von ihnen, mit ihnen verwurzelt. Findet den Fremden, dessen äußere Gestalt eine von An ist, dessen Kern keiner von An ist.«
    »Wenn er nicht von An ist, was bedeutet er Euch dann?«
    »Was glaubt Ihr?« fragte sie müde. »Wenn ich um seinetwillen allein hier sitze, in der wilden Nacht von Hel, und mit einem toten König um seinen Schädel feilsche?«
    »Ihr seid eine Närrin.«
    »Vielleicht. Aber Ihr feilscht auch.«
    »Ich feilsche nicht. An raubte mir meine Krone, und An wird sie mir zurückgeben. So oder so. Ich werde Euch meine Antwort beim Morgengrauen geben. Wenn Euer Feuer vorher erlischt, dann hütet Euch. Ich werde Euch nicht mehr Erbarmen zeigen als Oen von An mir zeigte.«
    Darauf hüllte er sich in das Schweigen des Wartens. Sein Gesicht hob sich boshaft und starr aus der Dunkelheit über den feurigen Perlen. Sie verspürte ein plötzliches Verlangen, ihm ins Gesicht zu schreien, daß sie mit seinen Fehden oder mit seinem Tod nichts zu tun hatte, daß er seit Jahrhunderten tot war und daß seine Rache im Tumult der Ereignisse, die über An hinausreichten, keine Bedeutung besaß. Doch sein Hirn lebte nur in der Vergangenheit, und die langen Jahrhunderte mußten ihm wie eine einzige Nacht erschienen sein, die über Hel hinweggegangen war. Sie hockte sich am Feuer nieder, und ihr Mund war wie ausgedörrt. Sie überlegte, ob er die Absicht hatte, sie zu töten, wenn der Morgen kam, oder ob er vorhatte, mit Duac um sie zu feilschen, wie sie mit ihm um seinen Schädel gefeilscht hatte. Hallard Schwarzes Haus, dessen Fenster um diese Stunde alle erleuchtet waren, schien so fern wie ein Traum. Noch während sie hilflos zu ihm hinüberblickte, hob auf den Feldern neues Getöse an, das diesmal einen anderen Klang hatte: Es war das beängstigende Klirren von Waffen in einer nächtlichen Schlacht auf Hallards Kuhweide. Wie der durchdringende Klang von Hörnern, die zur Schlacht bliesen, war das heisere Bellen der Hunde, das die Gefahr meldete. Hart, selbstsicher trafen die Augen des Königs die ihren über dem Feuerschein, der nur Trug war. Sie blickte von ihm weg zum Feuer hinunter und sah den kleinen, flammenden Kreis, den Ursprung des Trugbilds, die Glasperlen, die unter der Hitze des Feuers langsam in Brüche gingen.
    Das Geschrei verklang in einem fernen Wind ihres Geistes. Sie hörte das Knacken des Holzes, die zischende Sprache der Flammen. Sie öffnete ihre Hand, berührte den Leib einer Flamme und betrachtete ihren Widerschein in ihrem Geist.
    Das Feuer suchte ihre Gestalt, während sie es in ihrem Geist und in ihrer Hand festhielt; sie brachte ihre eigenen Gedanken zum Schweigen, zapfte eine Quelle der Stille tief in ihrem Geist an, und langsam entfaltete sich die Stille und wuchs. Lange Zeit ließ sie sie wachsen, während sie so reglos blieb wie die alten Bäume, die sie umstanden, ihre Hand der Flamme geöffnet, die unaufhörlich den zwölfseitigen Körper auf ihrer Handfläche nachzeichnete. Dann fiel ein Schatten in ihren Geist ein und erstickte das Feuer darin; der Geist eines anderen, der durch die Nacht schwebte und das Wesen der Lebenden und Toten von An in sich einsog. Wie schwere, dunkle Schwingen, die den Mond verfinstern, strich er über sie hinweg und holte sie in die kühle Nacht zurück. Hastig schloß sie ihre Hand um die kleine Flamme und blickte auf, um in Farrs Augen zum erstenmal den Hauch einer Regung zu sehen.
    »Was war das?« Schmerzhaft schnarrte seine Stimme in ihrem Kopf.
    Unversehens

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