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Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser

Titel: Erdzauber 02 - Die Erbin von Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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Stiers in der Ferne ließ sie ihre Augen wieder öffnen. Sie sah ihn, wie er gigantisch und bleich im Mondlicht mit gesenkten Hörnern taumelnd über Hallards Felder raste. Die Reiter, deren Waffen bläulich-silbern glänzten wie nächtliche Blitze, schienen es darauf abgesehen zu haben, ihn durch Hallards geschlossene Tore in den Hof zu treiben. Und dort, erkannte sie in einem plötzlichen, schrecklichen Aufblitzen des Begreifens, würden sie ihn zurücklassen wie ein böses Geschenk; einen zu Tode gehetzten Stier, dessen Anwesenheit auf der Schwelle seines Hauses er dem Ritter von Aum irgendwie würde erklären müssen. Sie fragte sich, wie es wohl den Schweinen Raiths ergehen mochte. Dann wieherte ihr Pferd hinter ihr laut und verängstigt, und sie fuhr mit einem Aufschrei herum, um dem Geist des Königs Farr von Hel ins Gesicht zu blicken.
    Er war, wie sie sich ihn vorgestellt hatte, ein großer, mächtiger Mann mit einem breiten, flachen Gesicht, das so unerbittlich war wie ein zugeschlagenes eisernes Tor. Sein Bart und sein langes Haar waren kupferfarben; auf jedem seiner Knöchel saßen eiserne Ringe, und sein Schwert, das sich über einen der gläsernen Monde erhob, war unten so breit wie seine Hand lang war. Er vertat keine Zeit mit Worten; das Schwert, das in die dünne Luft von Trug und Täuschung hineinhieb, riß ihn beinahe von seinem Pferd. Er richtete sich auf, versuchte, sein Pferd durch den Wahn hindurchzutrei-ben, doch das Tier scheute mit einem Aufschrei des Schmer-zes und warf den Kopf zurück, um ihn aus wutfunkelnden Augen anzublicken. Er gebot ihm Ruhe, versuchte einen Sprung. Rendel griff nach dem Schädel und hielt ihn hoch über die Flammen.
    »Ich lasse ihn fallen«, warnte sie atemlos. »Und dann bringe ich ihn aschegeschwärzt nach Anuin und werfe ihn wieder auf den Misthaufen.«
    »Ihr werdet nicht leben«, sagte er.
    Die Stimme war in ihrem Geist; sie sah die zackige, scharlachrote Narbe an seinem Hals. Er verfluchte sie mit seiner heiseren, hohlklingenden Stimme, gründlich und planvoll, von Kopf bis Fuß, in einer Sprache, die sie nie von irgendeinem Menschen gehört hatte.
    Ihr Gesicht brannte, als er endete; einen Finger in einer Augenhöhle, ließ sie den Totenschädel über den Flammen baumeln und sagte scharf: »Wollt ihr ihn haben oder nicht? Soll ich ihn als Zunder verwenden?«
    »Bis zur Morgendämmerung werdet Ihr all Euer Holz verbrannt haben«, versetzte die unerbittliche Stimme. »Dann nehme ich ihn mir.«
    »Ihr werdet ihn nie nehmen.« In ihrer eigenen Stimme, die von Zorn gefärbt war, klang eine tödliche Sicherheit, die sie beinahe selbst empfand. »Glaubt mir das. Eure Gebeine liegen verfaulend in den Feldern eines Mannes, der An die Treue geschworen hat, und nur Ihr wißt, welche Schienbeine und welches gebrochene Genick Euch gehören. Wenn Ihr diese Krone hättet, würde sie Euch vielleicht die Würde zuteil werden lassen, daß man sich Eurer erinnert. Niemals aber werdet Ihr sie mir entreißen. Wenn ich es will, dann werde ich sie Euch geben. Für einen Preis.«
    »Ich feilsche mit keinem. Ich unterwerfe mich keinem. Am wenigsten einer Frau, die aus dem Geblüt der Könige von An hervorgegangen ist.«
    »Das Blut der Könige von An ist nicht das Schrecklichste, das in meinen Adern fließt. Ich bin bereit, Euch Euren Schädel zu geben, aber nur um einen einzigen Preis. Wenn Ihr mein Anerbieten auch nur ein einziges Mal ablehnt, werde ich ihn vernichten. Ich verlange einen Begleitzug von Königen für einen Mann, der auf dem Weg von Hel nach Anuin ist -«
    »Anuin!« Das Wort klang schmerzhaft in ihrem eigenen Schädel nach, und sie zuckte zusammen. »Niemals werde ich -« »Ich frage nur einmal. Der Mann ist ein Fremder in An, ein Gestaltwandler. Er muß um sein Leben fürchten, während er An durchwandert, und ich möchte, daß er versteckt bleibt und geschützt ist. Ihm folgt der größte Zauberer des Reiches; er wird versuchen, Euch aufzuhalten, aber Ihr werdet Euch ihm nicht beugen. Wenn dem Mann auf dem Wege nach Anuin von diesem Zauberer Böses widerfährt, habt Ihr das Recht auf Euren gekrönten Schädel verwirkt.« Sie machte eine Pause und fügte gemäßigter hinzu: »Was immer sonst Ihr auf Eurer Reise durch An tut, soll Eure eigene Sache sein, solange er nur geschützt ist. Ich werde Euch den Schädel im Hause der Könige von An geben.«
    Er schwieg. Sie merkte plötzlich, daß die Nacht sehr still geworden war; selbst die Hunde Hallard Schwarzes waren

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