Erebos
drehte den Kopf und lächelte Nick zu. Er lächelte angestrengt zurück. Wusste sie schon von seinem Ausschluss? Auch Jamie hatte ihn heute ungewohnt freundlich angesehen – wussten sie es? Konnten sie es wissen?
In der Mittagspause rief er seinen Bruder an, der aber erst nach dem zehnten Läuten ans Telefon ging.
»Sorry, Brüderchen, aber ich habe gerade einen Kunden. Was gibt’s?«
»Finn, kann ich mir deinen alten Laptop ausleihen? Für ein paar Wochen?«
»Wieso, ist dein Computer kaputt?«
»Nein, aber … ich brauche gerade einen zweiten. Bitte.«
»Na ja, Becca wird nicht begeistert sein, sie verwendet ihn manchmal für ihre Entwürfe. Aber ist okay. Kriegst ihn.«
»Danke«, sagte Nick erleichtert. »Kann ich ihn mir heute Nachmittag holen?«
»Oh, das ist ein bisschen knapp«, sagte Finn. »Um drei machen wir den Laden heute zu und fahren raus nach Greenwich, Freunde besuchen. Morgen vielleicht?«
Nein, die Arena ist heute, dachte Nick verzweifelt.
»Okay. Morgen. Bis dann.«
Er verbrachte den restlichen Schultag grübelnd und mit dem Gefühl, dass ihm die Zeit davonlief. Er musste etwas tun. Er musste eine Lösung finden.
Als er sich auf den Heimweg machte, brachte Jamie sein Fahrrad neben ihm zum Stehen und stieg ab.
»Es ist etwas passiert, oder? Du siehst total fertig aus. Ist es etwas Ernsthaftes oder hat es mit Erebos zu tun?«
Nick unterdrückte das Bedürfnis, Jamie eine zu knallen.
»Ich dachte, du nimmst Erebos so ernst, dass du ihm sogar den Kampf angesagt hast«, sagte er. Wenn Jamie Streit wollte, konnte er ihn haben. Gern sogar, Nick brauchte dringend jemanden, an dem er seinen ganzen Frust auslassen konnte.
»Stimmt. Aber ich nehme eher die Auswirkungen ernst als das Spiel.« Jamie schob sein Fahrrad neben Nick her wie in alten Zeiten. Als stünde da nicht eine ganze Welt zwischen ihnen.
»Wie geht es Eric?«, fragte Nick und hoffte, dass die Antwort »schlecht« lauten würde.
»Geht so. Er versucht, mit Aisha ins Gespräch zu kommen, aber die blockt alles ab. Sie will auch mit keiner Psychologin sprechen, sie will gar nichts. Aber sie bleibt bei ihrer Beschuldigung. Ist nicht so leicht für Eric.« Jamie warf Nick einen Blick von der Seite zu.
»Zum Glück hat er eine wirklich tolle Freundin, die bombenfest zu ihm steht. Ich hab sie letztens kennengelernt, sie studiert Wirtschaft. Sehr nett. Würdest sie mögen.«
Eine Freundin. Eine Studentin.
Es war ein Gefühl wie ein heißer Stein im Magen. Nick schluckte dagegen an, doch der Stein blieb. Da hatte der Bote also leicht große Versprechungen machen können.
Nur – warum dann die Sache mit Aisha? Als Draufgabe? Damit Nick überzeugt war? Oder war Aisha Erics Pille im Tee?
Bei dem letzten Gedanken lachte er kurz auf, was Jamie sofort falsch interpretierte.
»War mir klar, dass dich das freuen wird. Sie heißt Dana und hilft uns bei unserer Aktion gegen das Spiel. Aufklärungsmaterial für die Eltern zusammenstellen und so. Das hätte ich dir schon viel früher erzählen können, wenn du mir nur ein paar Minuten lang wie ein normaler Mensch zugehört hättest.«
Kritik vertrug Nick gerade gar nicht. »Normal, ja? Wer ist denn hier der mit dem Verfolgungswahn? Von wegen normal!«
Da war der U-Bahn-Eingang und Nick lief die Treppen hinunter, ohne sich zu verabschieden und ohne sich noch einmal umzudrehen.
Informationsmaterial für die Eltern! Jamie hatte Glück, dass er darüber nur mit Nick geredet hatte. Ein aktiver Spieler hätte diese Information sofort dem Boten zum Fraß vorgeworfen.
Zehn Uhr abends. Nick lag auf seinem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Er hatte noch einmal zwei Stunden darauf verschwendet, einen Zugang zum Spiel zu finden, hatte die DVD zweimal kopiert und dreimal neu installiert. Es hatte nicht das Geringste geändert.
Er schloss die Augen. Nun würden sie alle schon im Inneren der Arena sein, jede Gattung in ihrem Raum, die Barbaren, die Vampire, die Katzenmenschen, die Dunkelelfen …
Gleich würden sie hinaufgelassen werden, das Publikum würde sie bejubeln, der Zeremonienmeister den ersten Namen aufrufen. Und Sarius war nicht dabei.
Würde Drizzel Blackspell herausfordern? Wer würde gewinnen? Würde wieder jemand sterben, so wie Xohoo? Er würde es nie erfahren und das war einfach beschissen.
Schade, dass Nick nicht wusste, wer Xohoo gewesen war. Mit ihm hätte er sich gern unterhalten. Er fühlte sich so allein wie noch nie.
Die Nacht schlief er schlecht. Er
Weitere Kostenlose Bücher