Erebos
vergrub das Gesicht in seinem Kissen und versuchte, in seinen Traum zurückzukriechen.
Konnte man es ihm am Gesicht ablesen? Nick hatte den Eindruck, angestarrt zu werden, sobald er die Schule betrat. Colin musterte ihn spöttisch, wie ihm schien, dafür sah Rashid durch ihn hindurch, als wäre er Luft.
Die beiden würden ihm nicht helfen, das war Nick klar. Was er brauchte, war jemand wie Greg. Einer, der den Sturz in den Abgrund schon hinter sich hatte und auf der Suche nach dem Weg zurück in die Welt von Erebos war.
Im ersten unbeobachteten Moment versuchte er es bei Greg, dazu musste er ihm beinahe bis aufs Klo folgen.
»Kann ich dich schnell mal was fragen?«
Greg zog unbehaglich die Schultern hoch. Die Schrammen in seinem Gesicht waren dunkler geworden und er trug immer noch eine Bandage um das linke Handgelenk.
»Wenn es sein muss.«
»Hast du inzwischen eine … Lösung für dein Problem gefunden?«
Greg runzelte die Stirn, dann begann er zu grinsen. Offenbar war Nick sehr leicht zu durchschauen.
»Sag nur, dich haben sie in der Zwischenzeit auch rausgeschmissen. Na ja, Pech, Dunmore. So hilfsbereit, wie du letztens warst, würde ich dir nicht verraten, wie man zurückkommt. Selbst wenn ich es wüsste.«
Er knallte Nick die Klotür vor der Nase zu.
Okay, das war ungeschickt gewesen. Sich ausgerechnet an Greg zu wenden. Aber von wem wusste er noch mit Sicherheit, dass er rausgeflogen war? Von keinem. Wirkte irgendjemand besonders deprimiert und zurückgezogen? Ihm fiel Helen ein. Helen, die nur noch vor sich hinstarrte und noch weniger sprach als früher. Er würde Helen fragen, obwohl sie ihn nicht besonders leiden konnte. Eigentlich konnte sie niemanden besonders leiden.
Und wennschon. Schlimmstenfalls würde sie ihm seine eigene Dummheit unter die Nase reiben und ihm einen verbalen Tritt in den Hintern verpassen. Das hielt er aus. Er hatte keine Zeit, wählerisch zu sein. Je länger Sarius tot war, desto schwieriger würde es sein, ihn wieder zum Leben zu erwecken. Jetzt war es noch möglich, das fühlte Nick. Vielleicht war Sarius noch nicht einmal auf dem Friedhof und man konnte ihn zurückholen, ihn einfach weitermachen lassen. Er musste nur den Boten überzeugen. Irgendwie.
Er fand Helen in der nächsten Freistunde. Sie saß im Schulhof, unter einer Linde, und drehte ein herzförmiges gelbes Blatt zwischen den Fingern. Sie sah ungewohnt friedlich aus und Nick zögerte, diesen Frieden zu stören. Ach was, er würde ja nett sein.
Er setzte sich neben sie auf die Bank. »Helen?«
Sie rührte sich nicht, verzog nur einen Mundwinkel, als wäre ihr ein lästiger Gedanke durch den Kopf gegangen.
»Ich würde dich gerne etwas fragen. Du … du hast doch auch gespielt, nicht?«
»Verschwinde.«
»Es ist nur weil …«, er suchte nach den richtigen Worten. »Ich habe ein Problem. Ich kann nicht mehr rein und ich habe mich gefragt, ob du mir vielleicht helfen kannst.«
Sie befühlte mit ihrem Zeigefinger die zackigen Ränder des Lindenblatts.
»Ich hatte das Gefühl«, fuhr Nick vorsichtig fort, »dass du schon in der gleichen Situation warst. Deshalb …«
Sie drehte den Kopf zu ihm. Unter ihren Augen lagen Schatten, die Augen selbst waren rot geädert. Durchgespielte Nacht, dachte Nick. Sie ist drin. Aber – noch immer oder schon wieder?
»Vorbei ist vorbei«, sagte Helen und warf das Blatt weg. »Besser du lässt mich in Ruhe.«
»Ich brauche aber Hilfe.«
Das schien sie lustig zu finden. »Wie kommst du auf die Idee, dass ich dir helfen würde?«
Weil ich immer ein bisschen netter zu dir war als die anderen.
»Einfach so. Ist schon okay«, antwortete er. Es war überhaupt nicht okay. In ein paar Stunden ging der Arenakampf los und er wollte dabei sein, mehr als alles andere wollte er dabei sein.
Während der Englischstunde saß er da und hypnotisierte die Thermoskanne auf dem Lehrertisch. Mr Watson hatte sie heute in der Stunde dabei, als ob er Nick damit verhöhnen wollte. Ab und an goss Watson sich einen Schluck Tee in einen Becher und nippte daran. Dass er das auch früher manchmal getan hatte, wurde Nick erst allmählich bewusst.
Emily saß schräg vor ihm. Heute trug sie die Haare offen, und obwohl ein Teil von Nick sie wie immer wunderschön fand, kreiste seine Aufmerksamkeit um einen anderen Gedanken. Sie konnte sich das Spiel noch schenken lassen. Sie hatte es noch nicht vermasselt. Das große Abenteuer lag noch vor ihr.
Sie musste seinen Blick gespürt haben, denn sie
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