Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
Vom Netzwerk:
gibt uns den Tod« stand, in gekonnten schwarzblauen Buchstaben.
    »Ist ein Zitat von Konfuzius«, erklärte Victor. »Derjenige, der Erebos programmiert hat, steht sehr auf Zitate.«
    Nick musste irritiert dreingesehen haben, denn Victor schmunzelte. »Freunde dich mit dem Gedanken an, dass Erebos sich nicht selbst erfunden hat. Da gibt es jemanden, der einen Quelltext geschrieben hat, wie bei jedem Programm. Nur dass dieses hier der Champion unter den Programmen ist. Ein unessbar tolles Ding.«
    Nick hätte schwören können, dass Victor feuchte Augen bekam.
    »Weißt du, wie viele Jahre schon versucht wird, ein Programm zu schreiben, das wie ein Mensch spricht und denkt? Was glaubst du, was diese Entwicklung wert ist? Millionen, Nick! Milliarden! Aber wir kriegen das Spiel gratis serviert, wie als Beigabe zu einer Cornflakespackung! Warum?«
    Aus dieser Perspektive hatte Nick es noch nie betrachtet. Das Spiel war ihm von Anfang an wie ein lebendiges Gegenüber erschienen, um dessen finanziellen Gegenwert er sich keine Gedanken gemacht hatte.
    »Weil … es ein Ziel verfolgt?«, nahm er Victors Frage auf und wurde mit einem leuchtenden Blick belohnt.
    »Genau! Es ist ein Werkzeug, das teuerste, ausgeklügeltste Werkzeug der Welt! In Gedanken knie ich vor seinem Schöpfer in Demut und Anbetung.« Er nahm einen Schluck Tee. »Jemand, der so etwas zustande bringt, der macht keine zufälligen Andeutungen. Was sagt er uns also – beziehungsweise dem unbekannten Garagenbesitzer?«
    ›Wer unsere Träume stiehlt, gibt uns den Tod.‹
    »Dass er ihn umbringen will? Oder dass der andere ihn mit dem Tod bedroht?«
    »Genau. Für mich klingt es wie eine Warnung. Es ist jedenfalls kein beliebiges Zitat, genauso wie es sicher keine beliebige Adresse war.«
    Victor zerbröselte einen Keks, während Nick vor Ungeduld fast platzte. »Und? Wer wohnt dort?«
    »Tja, das ist leider sehr unspannend. Ein Buchhalter, geschieden, kinderlos, mittleres Management einer Lebensmittelexportfirma. Etwas Banaleres kann man sich fast nicht vorstellen. Aber natürlich kann er privat der wahre Teufel sein.«
    Ein Buchhalter. Das war wirklich nicht aufregend.
    »Gab’s bei dir passende Puzzleteile?«, fragte Victor.
    »Ich fürchte, nein. Ich habe nur eine einzige Ehemalige getroffen, die gesprächig war.« Nick berichtete von Darkens Aufträgen – dem Computerklau, den kopierten Akten und der Handykarte. Victor notierte sich alles. »Wer weiß – irgendwann blicken wir vielleicht durch«, sagte er. »Wenden wir uns einmal den Anspielungen zu, die im Spiel versteckt sind. Vielleicht verraten die uns mehr. Wie gut bist du in Kunstgeschichte?«
    Auweia. Nick schüttelte den Kopf. »Sorry, da bist du bei mir an der falschen Adresse.«
    »Na gut. Dann beginnen wir mit Vogelkunde. Was sagt dir der Begriff Ortolan?«
    »Das ist der Feind, den die Erebos-Spieler bekämpfen«, sagte Nick, froh, endlich mal eine Antwort zu wissen.
    »Sehr richtig.« Victor drehte eine Schnurrbartspitze zwischen den Fingern, jetzt sah er aus wie ein Zauberer, bevor er sein Kaninchen aus dem Hut holt. »Ich darf dir ein Bild von Ortolan zeigen, ja?«
    Es gab ein Bild? »Klar, will ich sehen«, sagte Nick.
    Victor holte ein weiteres Notebook von nebenan. »Dieses hier ist völlig Erebos-frei. Das heißt, wir können uns damit im Internet bewegen, ohne dass das Programm es merkt und uns auf die Finger klopft.« Er klappte den Deckel auf. »So, und jetzt such mal nach Ortolan«, sagte er.
    Nick gab das Wort bei Google ein. Der erste Treffer führte ihn zu Wikipedia und er klickte den Link an.
    »Das ist jetzt aber albern«, stellte er fest.
    Ortolan war nichts als ein anderer Name für die Gartenammer, einen Singvogel, der in Frankreich und Italien als Delikatesse galt.
    »Höchst verwirrend, nicht?«, gluckste Victor. »Ich habe leider auch nicht herausgefunden, was Mr Programmierer uns damit sagen will. Dass er uns etwas sagen will, halte ich aber für unzweifelhaft. Ich habe noch etwas entdeckt, ich bin sicher, das gefällt dir.« Victor patschte in die Hände wie ein Kind vor der Geburtstagstorte, legte seine Totenkopf-beringten Finger auf die Tastatur, überlegte es sich aber noch mal anders. »Nein, erst will ich dich etwas fragen. Warst du bei einem dieser ominösen Arenakämpfe? Morgen Nacht steht wieder einer an und alle Helden pinkeln sich vor Aufregung schon fast in ihre Kettenhöschen.«
    Nick grinste. »Ja, bei einem Arenakampf war ich. Den zweiten habe ich

Weitere Kostenlose Bücher