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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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gab sogar ein kleines Spielemagazin heraus, das zwar nur unregelmäßig erschien, aber in der Szene einen guten Ruf hatte. Ah, und hier war noch etwas: Ein gewisser Zobbolino schrieb auf seiner Homepage, dass er ein guter Freund des berühmt-berüchtigten Victor Lansky sei.
     
    Victor und ich teilen wertvolle Erinnerungen an die Zeit, als noch keine Mauer und kein Bahnwaggon sicher vor unserer Kunst war. To spray or not to spray, das war nie die Frage. Wir waren die bunten Götter der Graffiti-Szene, und hätten sie uns nicht dieses eine Mal erwischt, wir würden London immer noch Farbe verleihen.
     
    Nick las den Text einige Male durch. Hier stand ganz klar, dass Victor mal mit Graffiti zu tun gehabt hatte und dass er erwischt worden war. Erebos konnte lesen und verlangte, dass jeder sich mit seinem eigenen Namen registrierte. Wahrscheinlich stellte es Nachforschungen zu jedem Novizen an. Wow.
    Erebos bezieht Informationen aus dem Internet, schrieb Nick auf. Das haben wir bisher noch nicht bedacht. Das gesamte Internet? Ganz sicher durchleuchtet es die Festplatte und verfolgt vielleicht sogar die Seiten, die man im Netz besucht. Damit ist das Spiel so gut wie allwissend.
    Wenn das stimmte, hatte es wohl auch das MSN-Protokoll auf Nicks Computer gelesen und den Dialog mit Finn ausgewertet. Deshalb wusste es die Sache mit dem Hell-Froze-Over-Shirt …
    Nick hätte seine Überlegungen gern mit Victor besprochen, doch Squamato war gerade sehr beschäftigt damit, eine gigantische Mauer hochzuklettern, ohne abzustürzen. Ungeduldig kippte Nick zwei Tassen Tee hinunter, der inzwischen eiskalt war. Die dritte warf er um, als er noch einmal nach dem Block griff, um seine Notizen zu überprüfen.
    »Scheiße!« Er evakuierte das Notebook, fünf Kilo Computerzeitschriften und seine Aufzeichnungen – Letztere hatte es allerdings schon böse erwischt.
    »Oh. Hier auch Probleme?« Emily stand mit müdem Lächeln in der Tür, ihre Augen waren gerötet.
    »Ja, ich bin so ein Tollpatsch, warte, ich hol schnell einen Lappen.« Nick sprintete in die Küche, suchte und fand eine Küchenrolle und rannte zurück. Emily versuchte in der Zwischenzeit mittels Papiertaschentüchern den Tee davon abzuhalten, auf den Boden zu tropfen.
    »Wie geht’s Hemera?«, fragte Nick, hektisch wischend.
    »Sie hat eine Wunde am Bauch und eine am Bein. Das Kreischen war über die Kopfhörer fast nicht auszuhalten.« Emily ließ sich auf das zweithässlichste Sofa fallen und gähnte. »Ich brauche dringend einen Kaffee, aber Victor hat keinen im Haus. Ich habe nämlich heute noch einen Auftrag zu erledigen, glücklicherweise nichts Schwieriges. Allerdings etwas, das ich überhaupt nicht gern tu.« Wieder gähnte sie.
    »Ich gehe vor zu Starbucks und hole dir Kaffee«, bot Nick an.
    »Ist doch viel zu weit«, meinte Emily und noch im gleichen Atemzug: »Ich komme mit. Ich brauche sowieso frische Luft. Und eine Telefonzelle.«
    »Für einen Auftrag?«
    Sie nickte. »Irgendeine Telefonzelle. Das heißt, ich muss immerhin nicht quer durch London fahren.«
    Nick hatte vorsichtshalber schon aus dem Fenster gespäht, in der Dunkelheit aber nichts Verdächtiges entdeckt; jetzt an der Haustür sah er sich noch einmal eingehend um. »Wenn uns hier jemand auflauert, versteckt er sich jedenfalls gut.«
    Sie gingen die Cromer Street entlang und bogen auf die Gray’s Inn Road ein, die um diese Tageszeit kaum noch belebt war. Emily sah mehrmals über ihre Schulter zurück, wenn Gruppen von Jugendlichen ihren Weg kreuzten. Das Unbehagen trieb beide schneller vorwärts. Sie erreichten King’s Cross Station, die ersten Telefonzellen kamen in Sicht und Emily blieb kurz davor stehen. »Ich kann das nicht«, stellte sie nüchtern fest.
    »Was denn?«
    »Einen Drohanruf machen.« Sie sah flehend zu Nick auf, als erhoffte sie sich von ihm einen Ausweg aus ihrem Dilemma. »Ich kann noch nicht mal versuchen, es nett klingen zu lassen, weil ich den Text vorgeschrieben bekommen habe.«
    »Oh. Ja, das ist unangenehm«, sagte Nick, in vollem Bewusstsein, wie lahm das klang. »Aber sieh es so – es ist zu Studienzwecken. Du meinst es nicht so. Du tust es, damit wir Erebos auf die Spur kommen.«
    »Nur weiß mein Opfer das nicht«, murmelte Emily.
    »Denk an Victor und sein Konfuzius-Zitat.«
    »Meine Botschaft ist leider nicht von Konfuzius. Sicher nicht.« Mit grimmigem Gesicht steuerte Emily auf die erste Telefonzelle zu. »Ich bringe es jetzt hinter mich«, murmelte sie und

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