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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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allein war.

26.
    »Das kannst du vergessen«, sagte Greg. Obwohl seit seinem Sturz fast zwei Wochen vergangen waren, konnte man die Abschürfungen immer noch deutlich sehen.
    »Nur die Aufträge«, bat Nick zum zweiten Mal. »Ich muss nicht wissen, wer oder was du warst, aber was der Bote dir aufgetragen hat – das wäre wichtig.«
    »Wozu? Du bist doch draußen. Kommst auch nicht mehr rein, egal, was du versuchst, glaub mir.«
    Es war zum Auswachsen! Seit Wochenbeginn versuchte Nick, ehemalige Spieler zu finden und auszuquetschen, aber bisher war die Ausbeute erbärmlich. Gerade wollte auch Greg sich wieder verdrücken, doch Nick hielt ihn am Ärmel fest.
    »Bitte! Es sieht uns doch niemand. Ich erzähl dir auch von mir. Sag schon, komm.«
    »Was hab ich denn davon? Da sind Sachen dabei, auf die ich nicht so irre stolz bin, die werd ich dir nicht auf die Nase binden, Dunmore. Und jetzt lass mich los.« Er befreite seinen Ärmel und verschwand in einem der Klassenzimmer.
    Nick fluchte lautstark, drehte sich um – und sah Adrian davonflitzen. Wie das schlechte Gewissen in Person. Er sprintete ihm nach.
    »Hey! Stop! Hast du uns etwa belauscht?«
    Adrian wandte ihm sein blasses Gesicht zu. »Ich habe nichts gehört. Was war es denn, das Greg dir nicht erzählen wollte?«
    Klar war es unfair, dass Nick seine Frustration an Adrian ausließ, doch jemand anderes war gerade nicht da.
    »Hör mit dem Spionieren auf. Du wirst sehen, irgendwann kriegst du so eins auf die Mütze, dass du nicht mehr weißt, wo oben und unten ist.«
    »Lass den Kleinen in Ruhe«, sagte eine tiefe Stimme hinter Nick.
    Helen. Jetzt kannte er sich überhaupt nicht mehr aus.
    »Was hast du denn damit zu tun?«, blaffte er sie an.
    »Ich sagte, lass ihn in Ruhe. Wenn ich noch einmal mitkriege, dass du ihm drohst, erkennst du am nächsten Tag deine Fresse im Spiegel nicht wieder.«
    Perplex schaute Nick zwischen Adrian und Helen hin und her.
    »Ich hab ihm nicht gedroht«, platzte er heraus. »Ich habe ihm etwas gesagt. Du drohst, und zwar mir!«
    »Gut erkannt. Jetzt verschwinde.«
    Es war Adrian anzusehen, dass er ebenso verblüfft über Helens Einschreiten war wie Nick selbst. »Schon gut, Helen, er hat mir ja nichts getan.«
    »Tja«, sagte Nick. »Das weißt du und ich weiß es auch, aber Helen denkt offenbar, du brauchst eine Nanny.« Er ließ die beiden stehen.
    In der darauffolgenden Stunde hatte Nick wieder mal Englisch. Er beobachtete Mr Watson, ohne ihm wirklich zuzuhören, als er über das elisabethanische Theater sprach. Es hatte seit Tagen keine Neuigkeiten mehr von Jamie gegeben, was immerhin besser war als schlechte Nachrichten. Aber würde man ihnen schlechte Nachrichten überhaupt mitteilen?
    Am Ende der Stunde stellte er sich betont auffällig zu Mr Watsons Tisch – niemand sollte denken, dass Nick etwas zu verbergen hatte.
    »Wissen Sie, wie es Jamie geht?« Nicks Mund war trocken. »Ich wollte seine Eltern anrufen, aber ich bringe es nicht fertig. Darum dachte ich, Sie könnten mir vielleicht sagen …«
    »Er ist immer noch in künstlichem Tiefschlaf«, sagte Mr Watson. »Doch es sieht nicht schlecht aus. Die Hüfte heilt gut. Die meisten Sorgen macht allen die Kopfverletzung, so etwas kann Folgen haben, aber das weißt du sicher.«
    Nichts Neues also. Nick bedankte sich und ging aus der Klasse, wobei er Emily einen schnellen Blick zuwarf, den sie nicht erwiderte. Sie plauderte mit Gloria, winkte Colin zu und ignorierte Nick. Seit Tagen hatten sie kein Wort mehr gewechselt und auch Victor meldete sich nicht. Ständig checkte Nick sein Handy, in der Hoffnung auf eine SMS mit einer Einladung in die Cromer Street. Vergeblich.
    Die nächste Stunde war wieder einmal eine Freistunde. Das, worüber er sich zu Beginn des sechsten Schuljahres so gefreut hatte – die viele freie Zeit zwischen den Unterrichtsstunden –, stimmte ihn nun unbehaglich. Es gab niemanden, mit dem er sie verbringen konnte.
    Andererseits war das vielleicht gar nicht wahr. Es gab tausend Themen jenseits von Erebos, über die er sich mit den anderen unterhalten konnte, Spieler oder nicht. Jerome zum Beispiel, der dort vorn saß und sich an seine Red Bull-Dose klammerte.
    »Hi, Jerome. Wie geht’s so?«
    »Mpff.«
    »Warst du letztens beim Basketball? Ich hab’s verpasst, aber diesmal hab ich Betthany eine Mail geschrieben, damit er nicht wieder ausflippt.«
    »Klug von dir.« Jerome schloss die Augen und nippte an seinem Getränk.
    »Also, warst du

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