Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
Vom Netzwerk:
setzte ein, ein Versprechen von Geheimnis und Abenteuer.
    »Willkommen, Nick. Willkommen in der Welt von Erebos. Bevor du zu spielen beginnst, mache dich mit den Regeln vertraut. Wenn sie dir nicht gefallen, kannst du das Spiel jederzeit beenden. Gut?«
    Nick starrte auf den Bildschirm. Das Spiel hatte ihn beim Lügen ertappt. Wusste, wie sein richtiger Name lautete. Jetzt schien es, als warte es ungeduldig auf eine Antwort – das Blinken des Cursors wurde schneller und schneller.
    »Ja«, tippte Nick, mit dem unbestimmten Gefühl, dass alles gleich wieder dunkel werden würde, wenn er sich zu viel Zeit ließ. Später, später würde er nachdenken.
    »Schön. Hier ist die erste Regel: Du hast nur eine Chance, Erebos zu spielen. Wenn du sie vertust, ist es vorbei. Wenn deine Figur stirbt, ist es vorbei. Wenn du gegen die Regeln verstößt, ist es vorbei. Okay?«
    »Okay.«
    »Die zweite Regel: Wenn du spielst, achte darauf, allein zu sein. Erwähne niemals im Spiel deinen richtigen Namen. Erwähne niemals außerhalb des Spiels den Namen deines Spielcharakters.«
    Wieso denn das?, dachte Nick. Dann erinnerte er sich, dass selbst Brynne, die noch nie von Zurückhaltung geplagt gewesen war, ihm nichts über Erebos verraten hatte. ›Es ist wahnsinnig cool, ehrlich‹ – das war alles gewesen.
    »Okay.«
    »Gut. Die dritte Regel: Der Inhalt des Spiels ist geheim. Sprich mit keinem darüber. Besonders nicht mit Unregistrierten. Mit Spielern kannst du dich, während du spielst, an den Feuern austauschen. Verbreite keine Informationen in deinem Freundeskreis oder deiner Familie. Verbreite keine Informationen im Internet.«
    Als ob du das mitbekommen würdest, dachte Nick und tippte »Okay«.
    »Die vierte Regel: Bewahre die Erebos-DVD sicher auf. Du brauchst sie, um das Spiel zu starten. Kopiere sie auf keinen Fall, außer der Bote fordert dich dazu auf.«
    »Okay.«
    Kaum hatte Nick die Enter-Taste gedrückt, ging die Sonne auf. Jedenfalls fühlte es sich so an. Das Schwarz des Bildschirms wich einem zarten Rot, das kurz darauf in Gelb- und Goldtöne wechselte. Nicks Namenloser tauchte als Schatten darin auf, gewann langsam an Kontur, ebenso wie seine Umgebung – eine sonnenüberflutete Waldlichtung, auf der langes Gras wuchs, durch das sich ein ausgetretener Pfad schlängelte. Er führte zu einem moosbewachsenen Turm, dessen Tor nur noch an einer Angel hing. Auf einem Felsbrocken, ein Stück links davon, saß der Namenlose, hatte die Augen geschlossen und sein Gesicht der Sonne zugewandt. Nick fühlte einen Anflug von Neid, wie beim Anblick besonders toller Urlaubsfotos. Für einen kurzen Moment glaubte er, das Harz der Waldbäume und die blühenden Kräuter rund um den Turm riechen zu können. Grillen zirpten und der Wind fuhr sachte durch das Gras.
    Das schiefe Tor des Turms schlug polternd gegen die Mauer und die Spielfigur, immer noch in zerrissenen Kleidern, streckte sich und stand auf. Legte eine Hand auf ihr Gesicht und nahm es ab wie eine Maske. Dahinter war nichts als glatte Haut, blank wie eine Eierschale.
    Ein weiterer Windstoß entfaltete die Flagge, die an der Spitze des Turms angebracht war. Sie zeigte eine verblasste Eins.
    Hier entlang ging es zum ersten Level, vermutete Nick und steuerte seine Figur, deren fehlendes Gesicht ihn mehr verstörte, als er sich selbst eingestand, zum Turm.
     
    Innen ist alles ruhig, sogar der Wind schweigt, das Tor schlägt nicht mehr. Zwischen Stroh und verstreuten Knochen stehen Holztruhen mit verrosteten Beschlägen. An den Wänden schimmern kupferne Tafeln, in die Worte geritzt sind. Das erste Wort ist immer dasselbe: Wähle.
    Er geht die Tafeln der Reihe nach ab.
    »Wähle ein Geschlecht«, verlangt die erste.
    Ohne zu zögern, wählt er den Mann. Erst nach seiner Entscheidung überlegt er, dass ein Spiel als Frau seinen Reiz haben könnte. Egal, zu spät.
    »Wähle ein Volk«, liest er auf der zweiten Tafel.
    Hier verharrt er länger. Verwirft den Barbaren und den Vampir, obwohl er sich ihre Körper probehalber überstreift – beim Anblick der ölglänzenden Schultermuskulatur des Barbaren verzieht er den Mund. Den Echsenmenschen erwägt er einige Minuten lang, seine Körperschuppen schillern so verführerisch, wechseln den Farbton je nach Lichteinfall. Auch die Gattung Mensch steht zur Wahl, doch die kommt nicht infrage. Zu alltäglich. Zu schwach.
    Zwerg, Werwolf, Katzenmensch oder Dunkelelf – die letzten vier Optionen sind allesamt verlockend. Er probiert den

Weitere Kostenlose Bücher