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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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    »Nein«, stellt er fest. »Der da eignet sich nicht. Der passt nicht zu uns, das sieht man schon an seinen Gewändern. Der gehört zu denen, die gegen Ortolan ziehen.«
    »Dann stechen wir ihn ab!«, sagt der Bucklige freudig.
    Sarius würde gern etwas erwidern – zum Beispiel, dass er keinen Ortolan kennt und sich jederzeit einer Räuberbande anschließen würde, wenn er dafür am Leben bleiben darf. Doch es geht nicht. Vorhin, mit dem Gnom, da konnte er sprechen, doch jetzt ist er stumm. Die Dinge um ihn herum laufen ab wie im Film.
    Der dritte der Männer, dessen Gesicht vom Schatten eines großen Huts verdeckt wird, hat bisher nichts gesagt. Nun tritt er einen Schritt näher heran.
    »Nein. Wir werden ihn nicht töten. Dieser hier ist nicht wie die anderen.«
    Er bückt sich und greift Sarius in die Taschen.
    »Seht her. Keine Gifte, keine Kopfgeldbriefe. Kein Gold. Den hier können wir wieder laufen lassen.«
    »Einfach so?« Der Bucklige ist enttäuscht. »Das hat doch keinen Sinn! Macht keinen Spaß!«
    Der Mann mit dem großkrempigen Hut winkt ab.
    »Ich wünschte, einer wie er würde am Ende siegen. Nur leider, Sarius, sind es meist die Kleinen, die verlieren. So wie du. Aber an denen vergreife ich mich nicht.«
    Er verscheucht den Buckligen, der gerade versucht, an den Inhalt von Sarius’ Taschen zu kommen.
    »Stattdessen werde ich dir einen Rat erteilen. Weißt du, was das Beste für dich wäre?«
    Nein, würde Sarius gern sagen, wenn er könnte. Doch sein Gegenüber erwartet ohnehin keine Antwort. Er packt Sarius bei den Armen und schnürt seine Fesseln auf.
    »Du solltest Erebos verlassen. Geh und komm nicht mehr wieder. Tu so, als wärst du nie hier gewesen. Vergiss diese Welt. Wirst du das tun?«
    Natürlich nicht, denkt Sarius. Er versucht, unter der Hutkrempe des Mannes ein Gesicht zu erkennen, doch er kann nicht einmal Augen sehen.
    »Wenn du Erebos verlassen willst, dann lauf fort. Lauf zurück zum Turm. Jetzt.«
    Ist das eine Fluchtmöglichkeit oder eine Falle? Wird Erebos sich ihm verschließen, wenn er die Gelegenheit ergreift, seinen Entführern zu entkommen? Unschlüssig steht er da. Der Räuber nimmt das als Antwort.
    »Ich dachte es mir«, seufzt er. »Dann hör mir gut zu: Niemand hier ist dein Freund. Auch wenn es dir so scheinen mag. Keiner wird dir helfen, denn alle wollen in den Inneren Kreis und nur sehr wenige gelangen dorthin.«
    Sarius versteht kein Wort. Welcher Innere Kreis?
    »Am Ende bleiben nur ein paar übrig. Auserwählte für die Schlacht gegen Ortolan. Das Monster töten, den Schatz finden. Dafür ist nicht jeder geeignet.«
    Es ist schwer zu sagen, ob der Räuber scherzt oder nicht, und Sarius kann nicht nachfragen.
    »Verrate den anderen nichts von dem, was ich dir sage. Bring dich nicht um deinen Vorteil, er ist klein genug. Sieh zu, dass du Wunschkristalle findest. Sie werden dir das Leben leichter machen. Das Leben, verstehst du?«
    »Erzähl ihm nichts über Wunschkristalle«, fällt der Bucklige ihm ins Wort.
    »Wieso denn nicht? Er wird sie brauchen. Weißt du was, Sarius? Wunschkristalle sind eines der größten Geheimnisse von Erebos. Sie dienen dir. Sie machen Unmögliches möglich. Sie erfüllen deine Träume.«
    »Wenn der Bote erfährt, was du dem Jungchen alles ins Ohr flüsterst, macht er dich einen Kopf kürzer«, keckert der Bucklige.
    »Das tut er ohnehin, wenn er mich in die Finger kriegt.«
    Der Mann mit dem großen Hut – er ist der Anführer, er muss der Anführer sein, denkt Sarius – wendet ihm den Rücken zu und geht langsam durchs Unterholz davon. Die anderen folgen ihm; der Einäugige spuckt Sarius schnell noch ins Gesicht, bevor er geht. Doch sonst krümmt ihm keiner ein Haar. Doch was er nun tun soll, verrät ihm auch niemand.
    Also steigt er eben die Böschung wieder hinauf und versucht sich zu orientieren. Der Turm müsste linker Hand liegen, dorthin zurück will er nicht. Er blickt sich um, auf der Suche nach einem Anhaltspunkt. Und hört plötzlich leises Klirren, das aus der Richtung kommt, in der der Wald am dunkelsten ist.
    Sarius folgt dem Geräusch, das mit jedem Schritt deutlicher wird: Eisen schlägt auf Eisen, auf Holz, auf Stein. Dazwischen dumpfes Brüllen und etwas wie Schmerzenslaute. Eine Schlacht. Er folgt dem Lärm immer weiter, mit einem Hitzegefühl im Inneren, das Neugier sein kann oder Angst oder beides, bis er mit einem Mal vor einem Hindernis steht. Er verlangsamt seinen Schritt und starrt

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