Erebos
So, wie auch du es tust. Und sieh zu, dass er bald hier eintrifft. Oder sie.«
Der Bote schwenkt sachte das Fläschchen mit dem Trank.
»Bevor der neue Kämpfer nicht hier ist, hast auch du keinen Zutritt mehr. Und du willst schließlich den Beginn der Arenaspiele nicht versäumen.«
Sarius schluckt.
»Aber jetzt ist es mitten in der Nacht, morgen ist Sonntag! Wie soll ich so schnell –«
»Das ist nicht meine Angelegenheit. Du bist ein gewitzter Krieger – und willst Level 3 erlangen. Sollte es länger dauern, ist das eben so, und die Kämpfe finden ohne dich statt.«
Sarius ist wie vor den Kopf geschlagen. Wie soll er das so schnell bewerkstelligen? Er will auf keinen Fall die Kämpfe verpassen. Wenn er jetzt zur Drei wird und sich in der Arena gut schlägt, könnte er morgen schon eine Vier sein!
»Ist dir bereits jemand eingefallen?«, will der Bote wissen.
»Na ja, schon.«
»Wer ist es?«
»Ein Freund von mir. Jamie Cox. Ich glaube, er ist noch nicht hier.«
»Ah. Jamie Cox. Gut. Und falls nicht er, wer dann?«
Emily, denkt Sarius. Mit niemandem würde ich so gern ein Geheimnis teilen wie mit Emily.
»Es gibt noch ein Mädchen, das ich fragen könnte«, sagt er.
»Wie ist ihr Name?«
Den will er nicht sagen. Er will nicht.
»Ist es Emily Carver?«, fragt der Bote mehr beiläufig als neugierig.
Ungläubig starrt Sarius ihn an.
»Denn falls sie es ist, kann ich dir nur viel Glück wünschen und besseres Gelingen als den drei anderen, die es bisher versucht haben.«
Der nervtötende Ton, das unerklärliche Wissen des Boten, der plötzliche Zeitdruck – all das macht jeden klaren Gedanken unmöglich. Sarius versucht, es fortzuschieben, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Die Lösung der Aufgabe für das dritte Ritual.
Jamie, Emily … Wen gäbe es noch? Dan und Alex sind schon längst infiziert, Brynne sowieso, Colin, Rashid, Jerome …
Die größte Chance besteht vermutlich bei den Mädchen. Michelle könnte er noch fragen, eventuell auch Aisha oder Karen. Sonst muss er sich an die jüngeren Jahrgänge halten …
»Adrian McVay wäre noch eine Möglichkeit«, teilt er dem Boten mit. »Er ist hier noch nicht dabei, denke ich, und ihm würde Erebos sicher gefallen.«
Fast unmerklich schüttelt der Gelbäugige den Kopf. »Auch er wird es nicht nehmen.«
Eine Pause tritt ein, in der der Bote Sarius nicht aus den Augen lässt. Schweigend dreht er das Fläschchen in seiner Hand; das Sonnengelb des Tranks, das Eitergelb seiner Augen und die weißgelbe Kerzenflamme sind die einzigen hellen Flecken im Raum.
»Ich würde es aber gern mit Adrian versuchen«, sagt Sarius schließlich. »Ich glaube, er ist neugierig auf das Spiel.«
»Dann versuche es. Also Jamie Cox, Emiliy Carver und Adrian McVay. Gut. Ich erwarte einen von ihnen. Solltest du dich für jemand anderen entscheiden, lass es mich wissen.«
Er stellt den Flakon vor Sarius hin, wartet, bis dieser getrunken hat, und verlässt dann erst das Hinterzimmer. Sarius bekommt gerade noch mit, dass sein Gürtel wieder farbig wird und der Verletzungston verschwindet, bevor die Tür zufällt und die Dunkelheit allumfassend wird.
10.
Ein Blick auf die Uhr des Computers verriet Nick, dass es 0.43 Uhr war und somit viel zu spät, um Jamie noch anzurufen. Jamie hatte einen Computer zu seiner eigenen Verfügung, das war schon mal gut. Er nutzte ihn nicht besonders häufig, aber Nick würde ihm schon klarmachen, dass er Erebos nicht verpassen durfte.
Die Idee, jetzt noch Chemie machen zu wollen, war lächerlich, trotzdem streifte sie kurz Nicks Gedanken. Die Arenakämpfe konnten lange dauern – da würde es beruhigend sein, schon einen Vorsprung herausgeschrieben zu haben. Doch wichtiger, viel wichtiger war es, erst mal das Spiel zu kopieren. Nick wühlte sich durch seine Schubladen. Er hatte noch DVD-Rohlinge, ganz sicher. Nur wo?
Es dauerte ein bisschen, dann fand er einen original verpackten Datenträger unter einem Stapel aus Papier und Büchern. Blieb zu hoffen, dass das Gewicht sie nicht kaputt gemacht hatte, die Silberscheibe.
Der Kopiervorgang dauerte länger, als Nick vermutet hatte. Der Balken der Fortschrittsanzeige ruckelte langsam, sehr langsam vorwärts. Nick starrte ihn an, als ob er ihn dadurch beschleunigen könnte. Andererseits – was hatte er davon, wenn es schnell ging? Er musste bis morgen warten, musste schlafen, konnte sich aber nicht vorstellen, auch nur ein Auge zu schließen. Sein Schädel quoll förmlich über von
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