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Erebos

Erebos

Titel: Erebos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Fragen.
    Allen voran: Wer kam auf die Idee, seiner Spielfigur Nicks Aussehen zu verleihen? Warum würde jemand so etwas tun? Er erinnerte sich noch genau an die Situation in dem verfallenen Turm, daran, was er gedacht hatte, während er Sarius schuf. Keine Sekunde lang hatte er ihn irgendwem ähnlich machen wollen. Noch dazu jemandem aus seiner Umgebung.
    Es ist hundertprozentig jemand, der mich kennt. Den ich kenne. Der Gedanke war prickelnd und unangenehm zugleich. War es ein Freund? Colin? Verbarg er sich doch nicht hinter Lelant, sondern hinter LordNick?
    Der blaue Balken der Fortschrittsanzeige war noch nicht einmal bis zur Hälfte gekrochen. Nicks Gedankenfluss fühlte sich ähnlich schwerfällig an.
    Alle anderen Spieler, die ihn kannten, würden glauben, er sei LordNick. Sie würden überzeugt davon sein, wenigstens einen ihrer Mitkämpfer identifiziert zu haben. Oder einen ihrer Gegner, ganz wie man es sehen wollte. Niemand würde die Gleichung Sarius = Nick aufstellen. Er wusste nicht genau, ob er das gut fand oder ob es ihn störte.
    Sein Computer kopierte, kopierte und kopierte.
    Welchen Namen Jamie sich wohl aussuchen würde? Und welches Volk? Spontan tippte Nick auf die Zwerge, fand das aber sofort unfair von sich selbst. Jamie war nicht klein, er war durchschnittlich groß. Entscheidender war außerdem, wie Jamie sein wollte. Dunkel und geheimnisvoll wie ein Vampir? Elegant wie ein Dunkelelf? Massig und bedrohlich wie ein Barbar?
    So richtig gut passte nichts davon zu ihm. Er war einfach er. Punkt. Aber wofür er sich auch entscheiden würde, Nick war sicher, Jamie in jeder Aufmachung erkennen zu können, auch als Kunigunde, die Eidechsendame, oder so. Er grinste. Ob er nicht doch versuchen sollte, ihn noch anzurufen? Er würde das verstehen und das Handy würde niemanden sonst wecken.
    Hoffentlich.
    Oder eine SMS? Aber was schreiben?
    Muss dich treffen, dringend, am besten gleich, sonst morgen um 7 Uhr. Nein, das war unmöglich. Nick wusste, wie gern Jamie am Sonntag ausschlief. Vor neun Uhr war er sicher nicht auf den Beinen. Neun Uhr! Das war wahnsinnig spät, denn wer sagte, dass Jamie sofort zu spielen beginnen würde?
    Endlich war die DVD fertig gebrannt. Nick holte sie aus dem Laufwerk, schrieb mit einem wasserfesten Folienstift »Erebos« auf die Vorderseite und steckte sie behutsam in ihre Hülle zurück.
    Ab ins Bett, sagte er sich selbst. Doch seine Gedanken kreisten unablässig weiter: beim Zähneputzen, auf dem Klo, schließlich unter der Bettdecke, die nach Weichspüler roch.
    Was, wenn er es nicht rechtzeitig schaffte? Dann würde er die Arenaspiele verpassen – na und?
    Doch es war ihm nicht egal. Es war endlich eine Chance vorwärtszukommen. Der Bote war auf seiner Seite, das spürte Nick. Immerhin hatte er ihm schon Tipps gegeben und er hatte recht. Es war klüger, sich nur solche Gegner auszusuchen, die Nick schon einmal in Aktion gesehen hatte. LordNick gehörte nicht dazu, BloodWork schon gar nicht. Aber Lelant würde er eine Abreibung verpassen, wenn er ihn in die Finger bekam, genauso wie Feniel. Vorausgesetzt, die beiden fanden überhaupt den Weg in die Stadt.
    Nick bohrte seinen Kopf tief ins Kissen. Er würde gleich morgen früh zu Jamie fahren und ihn um neun aus dem Haus klingeln. So verlor er keine Zeit und auch Jamie konnte sofort loslegen. Perfekt. Nick wusste, sein Freund würde hin und weg sein vor Begeisterung.
     
    »Das ist nicht dein Ernst.« Durch die halb geöffnete Tür blickten zwei halb geöffnete Augen. Jamie trug einen komischen gestreiften Bademantel und zwei verschiedene Socken. Er musste sich in aller Eile etwas übergeworfen haben, um an die Tür gehen zu können.
    »Von mir aus. Komm rein. Aber leise, meine Eltern schlafen noch.«
    Nicks schlechtes Gewissen war nur ein hellgrauer Schatten über seiner Hochstimmung. Er hatte alles richtig gemacht. Jamie nicht mit der Haustürklingel, sondern per Handy geweckt und damit verhindert, dass auch Mr und Mrs Cox senkrecht in den Betten standen. Umso mehr bemühte er sich nun, lautlos zu sein, um den Erfolg der Mission nicht zu gefährden. Er streifte sich die Schuhe von den Füßen und folgte Jamie in die Küche, wo es zart nach Bratenfett roch. Auf dem Herd stand eine Pfanne, aus der jemand vergeblich versucht hatte, angebrannte Hackfleischreste zu kratzen.
    Jamie holte sich ein Glas Wasser und setzte sich Nick gegenüber an den Küchentisch. Seinem Blick nach zu schließen, war er geistig noch nicht

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