Erfindergeist
denken Sie, weshalb ich hier bin?«
»Ich will Ihnen nicht nachspionieren, Herr Palzki. Die Zeitung hat mich geschickt, um nähere Informationen zu bekommen.« Nach kurzem Zögern holte er einen Schreibblock aus seiner Umhängetasche. Er blickte mich naiv an und fragte: »Können Sie mir etwas über den toten Gärtner erzählen? Ich meine, etwas, das nicht in der offiziellen Pressekonferenz erwähnt wurde.«
»Herr Becker, Sie wissen so gut wie ich, dass ich das nicht darf. Ich vermute, Sie wittern wieder eine neue Story für einen Krimi. Vergessen Sie es. Das reicht niemals für eine Geschichte.«
»Das ist schade. Bei der Pressekonferenz wurde erwähnt, dass ein Liliputaner vorläufig verhaftet wurde. Wie ist das zu bewerten?«
»Er wurde lediglich festgenommen. Verhaften kann nämlich nur der Haftrichter. Als Journalist sollten Sie das wissen. Dieser Kleinwüchsige wurde von einem gewissen Tim Wochner letzte Nacht im Park gesehen.«
»Tim Wochner?«, fragte Becker aufgeregt. »Ist das so ein Bodybuildingtyp?«
Ich bestätigte. »Genau, kennen Sie ihn?«
»Ich hatte ihn kürzlich für eine Zeitung interviewt. Ein komischer Kauz.«
Mehr konnte ich von Becker nicht in Erfahrung bringen. Ich nahm ihn mit nach Schifferstadt. Der Student hatte zwar einen Führerschein, aber keinen eigenen Wagen, sodass er meist auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen war. Becker lebte in einer Wohngemeinschaft in Mutterstadt, hatte jedoch Freunde in Schifferstadt, die ihn später heimfahren konnten.
3. Jacques’ Testament
Nachdem ich Becker in der Burgstraße abgesetzt hatte, fuhr ich in den Waldspitzweg, um meine Kinder für den Ausflug abzuholen. Auf dem Schwarzen Brett für interne Mitteilungen stach mir ein knallgelbes Plakat ins Auge: ›An alle Mitarbeiter der Inspektion. Aus gegebenem Anlass dürfen in Zukunft nur noch Handys geladen werden, deren Akkus vollständig entleert sind. Das Laden von halb vollen Handys ist aus Energiespargründen ab sofort verboten!‹ Darunter stand, wie sollte es anders sein, der Name unseres geliebten Energieberaters. Mir war das vollkommen egal, ich wusste noch nicht einmal, wo sich mein Handy in diesem Moment befand.
Bereits einige Meter vor Juttas offener Bürotür hörte ich die Stimmen meiner Kinder. Sie lachten und unterhielten sich in einer außerordentlichen Lautstärke. Als sie mich entdeckten, kam mein Sohn sofort auf mich zugelaufen und begrüßte mich: »Hey, Alter, wie gehts?« Danach bekam er fast einen Lachanfall, dem sich, was ungewöhnlich war, seine Schwester anschloss.
Jutta saß blass und verlegen hinter ihrem Schreibtisch.
»Was ist denn hier los? Habt ihr Drogen genommen?«
Melanie zog eine Flasche Cola hervor und sagte: »Hicks!«
Jutta versuchte, die Lage zu klären. »Reiner, tut mir leid, es ist irgendwie alles schiefgelaufen. Ich habe deine Kinder an den Automaten geschickt, damit sie sich was zu trinken holen. Nachdem sie eine Viertelstunde später noch nicht zurück waren, habe ich geschaut, wo sie stecken. Da hatte jeder der beiden bereits die dritte Flasche Cola in der Hand und diese war jeweils fast ausgetrunken.«
»Papa, das schmeckt voll geil!«, bestätigte Paul Juttas Erklärungen. Das Kinderbelustigungswasser hatte seine volle Wirkung entfaltet. Warum hatte dieser blöde Automat, nicht wie sonst üblich, diese eklig schmeckende Diätlimonade ausgespuckt? Ich überlegte, was Stefanie in meinen Grabstein meißeln lassen würde. Wie sollte ich das jetzt wieder zurechtbiegen? Ich war doch unschuldig an dieser Misere. Doch es kam noch schlimmer, denn KPD erschien in der Tür und erblickte die Kinder.
»Aha«, sagte er streng, nachdem er einen Augenblick ziemlich blöd aus der Wäsche geguckt hatte. »Gut, dass wir auch einen Betriebskindergarten haben. Aber bitte nicht hier auf meiner Dienststelle! Zu wem gehören die Kleinen?«
Ich gab mich als Vater zu erkennen.
»Herr Palzki. Sie waren schließlich die ganze Zeit kommissarischer Leiter. Sie müssten am besten wissen, dass Kinder hier nichts zu suchen haben. Ich sehe, es gibt viel Arbeit für mich. Seien Sie so freundlich und bringen Ihren Nachwuchs umgehend nach Hause.« Er überlegte kurz. »Ach, da fällt mir ein: Sie wurden mir von Ihren Kollegen wärmstens empfohlen.«
Oje, was würde jetzt wohl wieder kommen? KPD streckte sich und warf sich in die Brust, so wie es Menschen taten, wenn Sie etwas ganz Wichtiges zu berichten hatten. »Wie jeder weiß, setze ich mich gerne für ein
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