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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
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blieb bis spät abends im Labor, um seltsame Experimente mit seiner Menagerie anzustellen.
    Aus diesem Grund stimmte Violet auch zu, als Toby ungefähr fünf Wochen nach Trimesterbeginn vorschlug, in eine Show zu gehen, und darauf bestand, dass Jack mitkam. Violet fragte nicht, was für eine Show das war, sondern stieg einfach mit Toby, Drew, Miriam und Jack in die Kutsche und ließ Toby dem Fahrer das Ziel nennen. Sie saß Miriam gegenüber, die in der letzten Zeit einen nervösen Eindruck gemacht hatte. Violet wusste, dass sie die Ferien zusammen mit Toby in Frankreich verbracht hatte und fragte sich, ob Miriam vielleicht schwanger war und es Toby noch nicht gesagt hatte, was ihre Ängstlichkeit erklären würde. Doch Violet sah auch, dass diese Ängstlichkeit schwand, je weiter sie sich von Illyria entfernten, sodass sie vermutete, dass es wahrscheinlich nur Miriams Angst vor Entdeckung war. Sie klopfte Miriam auf den Rücken und sagte: »Mach dir keine Sorgen, wo wir hingehen, erkennt uns niemand.«
    Miriam sah sie seltsam an, lächelte jedoch. »Da bin ich mir sicher«, erwiderte sie.
    Das Theater, wenn man es denn als solches bezeichnen konnte, war ein baufälliges, altes Haus mit einem Plakat vor der Tür, das Mr Pips tanzende Ponys ankündigte. Es zeigte einen Zirkusdirektor mit einer Peitsche, der von wunderschönen jungen Frauen umringt wurde, die kaum mehr als Sättel trugen, dafür aber Pferdeköpfe hatten. Violet blieb stehen, unsicher, auf was sie sich da eingelassen hatte.
    »Ach, komm schon«, sagte Toby. »Oder ist dein Zartgefühl noch ausgeprägter als Miriams?«
    Drew, Jack und Miriam kicherten, sodass Violet ihnen nach drinnen folgte, das Kinn hochgereckt, der Gang so männlich wie möglich.
    Das Innere des Theaters war ebenso heruntergekommen wie das Äußere, es gab einen instabil aussehenden ersten Rang und eine kleine Bühne mit einem zerfetzten purpurnen Vorhang. Der Raum wurde von goldenen Gaslampen beleuchtet, die nach Kerosin und Rauch rochen. Als Sitze dienten einfache Stühle, die um kleine Tische herumstanden. Es roch nach Bier und die Holzböden waren fleckig und klebrig. Als sie sich hinsetzten, nahm ihnen eine Bardame ihre Eintrittskarten ab und stellte vor jeden einen Becher Bier.
    »Ein freier Drink ist im Eintritt inbegriffen«, sagte Toby und hob sein Glas zum Toast. Er trank einen großen Schluck. »Weitere Getränke kosten extra.«
    Ihre Plätze waren nahe der Bühne, was Violet freute, weil das bedeutete, dass der obere Rang, falls er herunterkommen sollte – was quasi jeden Moment der Fall sein konnte – nicht auf sie fallen würde.
    Nachdem sie ein paar Minuten dagesessen und an ihrem Bier getrunken hatten, dimmte eine der Bardamen die Lampen per Hand, und die Bühnenlichter gingen an. Ein Mann mit einem Zylinder trat hinter dem Vorhang hervor, und das Publikum applaudierte. Es war ein großes Publikum, und ein ungehobeltes. Der Mann auf der Bühne, der, wie Violet annahm, vielleicht einmal wie der auf dem Plakat ausgesehen haben mochte, nur zwanzig Jahre früher und sechzig Pfund leichter, stellte sich als Mr Pip vor und verkündete, dass er sich freue, dem Publikum seine wertvollen tanzenden Ponys zu präsentieren. Bei diesen Worten wurde der Vorhang zurückgezogen, und die Ponys waren zu sehen.
    Natürlich waren es keine Ponys, sondern Mädchen. Sie waren auf skandalöse Weise gekleidet, trugen sehr kurze Röcke, die ihre Knie und Hüften zeigten, braune Lederkorsetts und jede war mit einer einzigartigen Anordnung von Quasten, Glöckchen und Federn ausgestattet. Mr Pip knallte mit der Peitsche, und sie tanzten auf überzeugend pferdeähnliche Weise in einem Kreis um ihn herum, während ihre Füße die Geräusche von Hufschlägen nachahmten. Violet sah zu, und ihr Magen verkrampfte sich vor Empörung, obwohl Drew, Toby und Jack die Show zu genießen schienen, so wie sie Beifall klatschten. Miriam schien vor allem amüsiert. Violet fand das Ganze pervers. Eine obszöne Show, eindeutig, und eine, in der Frauen zu Tieren degradiert wurden. Sie fühlte, wie sie rot wurde, und wollte gerade gehen, als sie einem der Ponys in die Augen sah und alle Farbe aus ihrem Gesicht wich.
    Es war Fiona. Sie trug natürlich ein Kostüm, ihr Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, in dem Federn mit einer Kette aus Glöckchen steckten, an Hals und Knöcheln waren Quasten befestigt, und auf dem Rücken trug sie einen Sattel und im Mund eine Kandare, aber es war definitiv Fiona. Und

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