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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
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ihres Bruders hatte ihre Absicht nicht verfehlt. Sie war klug genug einzusehen, dass ihr Plan Risiken barg, die sie nicht vorhersehen konnte. Aber sie wusste auch, dass sie es versuchen musste. Für immer in den Keller verbannt zu sein und dort an ihren Erfindungen zu arbeiten reichte ihr einfach nicht mehr. Falls sie im Gefängnis landen sollte … oder am Galgen, konnte sie sich zumindest sagen, dass sie es versucht hatte und dass sie eine Frau war, die den Ansprüchen der Illyria-Akademie gerecht geworden war. Sie mochte nicht daran denken, was sonst noch passieren könnte, wenn sie von einer Gruppe von Männern enttarnt würde, deshalb schluckte sie, tupfte sich mit einem Taschentuch die Stirn und blickte konzentriert auf das Wasser und stellte sich die Motoren darin vor, die jede Welle nutzten, um Energie zu erzeugen. Ihre Hände zitterten, obwohl sie versuchte, sie ruhig in ihrem Schoß zu halten.
    Die Kutsche kam zum Stehen, und Violet sah aus dem Fenster zu den Toren der Akademie. Antony öffnete ihr die Tür und half ihr beim Aussteigen. Sie brauchte einen Moment, um ihren ganzen Mut zusammenzunehmen. Die heiße Augustsonne brannte auf sie hinunter, und sie dachte, dass sie vielleicht doch besser auf Mrs Wilks hätte hören und nicht den Zylinder anziehen sollen. Eigentlich hätte sie am liebsten gar keinen Hut getragen und auch keine Handschuhe, kein Jäckchen und nicht dieses Kleid. In einem der einfachen weißen Kleider, die sie stets im Labor trug, würde sie sich sehr viel wohler fühlen.
    »Ich werde nicht lange brauchen, Antony«, sagte Violet und schob das Kinn vor. Die Tore zu dem Gelände standen einen Spaltbreit offen, sodass sie sie aufschieben und hineingehen konnte. Wahrscheinlich gehörte es sich nicht, alleine zu diesem großartigen Turm zu gehen, doch das war ihr gleichgültig. Jetzt im August war niemand von Wichtigkeit hier zu sehen, und selbst wenn, was sollte er schon sagen, wenn er ihr begegnete? Konnte jemand etwas dagegen einzuwenden haben, dass sie den Garten einer Universität bestaunte? Jetzt hörte sie den gleichmäßigen, dumpfen Laut des Wasserrads, das leise Ächzen der Zahnräder, als wüssten sie nicht, ob sie der Belastung gewachsen waren. Doch das waren sie, das konnte Violet hören, und den Klang von Wasser, das umgewälzt wurde und schließlich wieder in den Fluss spritzte. Es war ein ruhiger, besänftigender Ton, und ihr Gang passte sich dem Rhythmus an. Sie hatte das Gefühl, hierher zu gehören.
    Sie erreichte das Tor und atmete ehrfürchtig ein. Sie konnte die Hand jetzt nach dem Gebäude ausstrecken, stand so nahe daran, dass sie die feinen Verzierungen in dem steinernen Torbogen bestaunen konnte: Miteinander verbundene Hebel und Federn mischten sich mit Blumen und Sternen, eine perfekte Verschmelzung von Natur und Wissenschaft. Sie bewunderte das Gebäude eine Weile, bevor sie die Mauern berührte. Die Steine fühlten sich durch ihren Handschuh kalt und kraftvoll an, und sie meinte, das Gemäuer unter ihrer Hand pulsieren zu spüren. Sie wäre so gerne hineingegangen, doch sie wusste, dass sie sich damit noch gedulden musste. Es war Frauen verboten, sich in der Schule aufzuhalten und dabei erwischt zu werden, wäre schlecht für ihre Bewerbung beziehungsweise für die Bewerbung ihres Bruders. Deshalb machte sie eine Faust, griff nach dem großen Türklopfer, der wie eine riesige Hand geformt war, die einen Hebel festhielt, und klopfte so laut sie konnte. Sie hörte, wie das Klopfen in den Gängen widerhallte, um dann von einem Klingeln abgelöst zu werden. Eine intelligente Erfindung, die sich die Vibrationen des Türklopfers zunutze machte, dachte Violet aufgeregt. Nachdem sie eine gefühlte Ewigkeit gewartet hatte, hob sie die Hand, um erneut zu klopfen, als sie hinter sich eine Stimme hörte.
    »Ich fürchte, es ist niemand da. Es sind Ferien und nur wenige Hausangestellte da, und von den Professoren ist im Sommer ohnehin niemand hier. Kann ich Ihnen in irgendeiner Weise behilflich sein?«
    Violet drehte sich um und hob das Kinn, da sie erwartete, einem Bediensteten gegenüberzustehen. Doch das schien der Mann hinter ihr keinesfalls zu sein. Zumindest war er nicht wie einer gekleidet. Er trug einen eleganten, grauen Anzug, eine goldene Krawatte und ein hellblaues Hemd. Auch sein Äußeres passte nicht zu einem Hausangestellten, sein dickes, braunes Haar war akkurat gescheitelt und mit Pomade zurückgekämmt. Seine Augen zeugten von großer Intelligenz, aber auch

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