Erfindung der Violet Adams
von Intelligenz. Stattdessen redete er über die Farben der Blumen und ihrer Stängel. Obwohl Violet das nett fand, kam ihr, nachdem er ihr die Löwenmäulchen, die Astern und die Kapuzinerkresse gezeigt hatte, doch der Verdacht, dass er nicht deshalb von Blumen sprach, weil er sich in den Naturwissenschaften nicht auskannte, sondern weil er diese für ein Gespräch mit einer Dame für unpassend hielt.
»Haben Sie sich auch mit den wissenschaftlichen Aspekten der Blumen befasst oder nur mit ihrer Schönheit?«, fragte sie, als sie bei den Dahlien angelangt waren.
»Über die Wachstumsmechanismen von Pflanzen zu sprechen, scheint mir außerhalb des Unterrichts doch etwas langweilig«, antwortete er. Er klang leicht verletzt. »Wir beide sind weder Wissenschaftler noch Gärtner.«
»Ich bin Wissenschaftlerin«, widersprach Violet und zog sanft ihren Arm zurück.
»Ja«, sagte er. »Ich meinte, wenn wir im Garten spazieren gehen, tun wir das nicht als Wissenschaftler. Wir erfreuen uns einfach daran.«
Violet verzog den Mund. Sie hatte das Gefühl, von einem Mann herablassend behandelt zu werden, dessen Anspruch auf Intelligenz vor allem darin begründet lag, dass er einen brillanten Vater hatte, und es reichte ihr. »Vielen Dank, Sir, für die wunderschöne Führung«, sagte sie, »aber ich habe schon allzu lange hier verweilt. Ich hoffe, dass die Bewerbung meines Bruders Erfolg haben wird. Er ist sehr klug.«
»Ich hoffe auch, dass wir ihn aufnehmen«, sagte der Duke mit gerunzelten Brauen. »Erlauben Sie mir, Sie zu Ihrer Kutsche zu begleiten?«
»Das ist nicht nötig«, winkte Violet ab. »Ich kenne den Weg.« Sie drehte sich schnell um und ließ den verwirrten Duke bei seinen Dahlien zurück, die aus Mitleid mit ihm ihre riesigen rosa Köpfe leicht neigten. Denn der Duke war sehr von Violet angetan. Er schätzte ihren Verstand und dass sie ihn nicht umschmeichelt hatte, nur weil er ein Duke war. Er erging sich nicht in romantischen Vorstellungen, da er sie gerade erst kennengelernt hatte, doch er hatte ihre Gesellschaft genossen und war enttäuscht, dass sie so plötzlich davongestürmt war, als er den Eindruck gehabt hatte, dass sie sich nett unterhalten und an dem Anblick der schönen Blumen erfreut hatten. Er rieb die Stelle an seinem Handgelenk, wo vor Kurzem noch ihre Hand geruht hatte, sah zu den Dahlien hin, die die Köpfe hängen ließen, nickte langsam und dankte ihnen für ihr Verständnis.
Violet fühlte sich nicht sonderlich verstanden, als sie den Garten verließ und in ihre Kutsche stieg, in der sich die Hitze staute. Der Duke und ihre unerwartete Begegnung hatten sie ziemlich verwirrt. Sie war der Meinung, ihre Würde gewahrt zu haben, doch als sie bei den Hortensien mit ihren mathematisch angeordneten Blütenblättern gestanden hatten, war ihr der Gedanke gekommen, dass sie dem Duke vielleicht nur eine willkommene Abwechslung gewesen war. Sie stellte sich vor, was er gedacht haben musste: eine Frau, die sich für die Wissenschaft interessiert. Wie ungewöhnlich, wie amüsant. Ich werde ihr die Blumen zeigen und schauen, was sie sagt, schließlich ist Sommer, und ich habe nichts Besseres zu tun.
Violet seufzte. Vielleicht hatte er das auch nicht gedacht. Doch sie konnte sich keinen anderen Grund vorstellen, warum er ihr den Garten gezeigt, intelligent mit ihr konversiert oder sie so offen angelächelt hatte. Sie hatte schon einige männliche Freunde gehabt, doch keiner von ihnen hatte solche Gefühle in ihr hervorgerufen wie der Duke. Da sie nicht wusste, wie es war, verliebt zu sein, hatte Violet sein Verhalten ihr gegenüber als Geringschätzung empfunden. Sie lehnte sich in die Polster zurück und nahm den Zylinder ab. Lose Strähnen ihres dunklen Haars klebten an ihrer verschwitzten Stirn, und sie strich sie genervt nach hinten. Sie hasste den Duke nicht, das wusste sie, aber sie würde ihn gerne hassen. In diesem Moment wurde ihr bewusst, dass sie nicht nur der Akademie Illyria ihre Genialität beweisen wollte, sondern auch dem Duke von Illyria.
Kapitel 3
V iolet kam im gleichen Moment in der Stadtvilla an, als ein junger Mann das Haus verließ. Er lächelte ihr zu, seine blonden, dandyhaften Locken wippten über seiner Stirn, und seine blauen Augen glänzten spitzbübisch, als wollte er ein süßes Geheimnis verbergen. Ihr Bruder stand im Eingang und sah äußerst zufrieden aus.
»Wer war das?«, wollte Violet wissen.
»Du hast ja den Hut abgenommen«, bemerkte Ashton
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