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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
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kann, so wie er meins erobert hat.«
    Ada seufzte und setzte sich aufrechter hin. »Ich habe mir oft gewünscht, dass es für die Liebe eine einfache Formel gäbe wie für die Wissenschaft. Dass man einen Mann und eine Frau gleichen Geistes und gleicher Attraktivität zusammenbringen könnte und eine chemische Reaktion erfolgte: Liebe. Aber es gibt keine Formeln, keine Garantien, mit Wissenschaft hat das nichts zu tun.« Ada hielt inne und schenkte sich noch einen Brandy ein. Sie schien glücklich und traurig zugleich, als würden die beiden Gefühle in ihr ein Tauziehen veranstalten.
    Cecily fand das in gewisser Weise beunruhigend und absolut nicht hilfreich. »Dann werde ich also nie erfahren, ob Ashton in mich verliebt ist«, meinte sie verhalten.
    »Vergiss Ashton«, sagte Ada. »Das ist der beste Rat, den ich dir geben kann. Und was die Liebe angeht … Du wirst es wissen, wenn du verliebt bist. Doch die Liebe kommt und geht. Du hast mich gefragt, ob ich jemals verliebt war, und ich habe ja gesagt. Viele Male, um genau zu sein. Meistens ist die Liebe jedoch verblasst. Wenn man älter wird, wird es schwieriger, sich zu verlieben, aber die Liebe verblasst auch nicht so leicht. Vergiss Ashton. Verlieb dich in jemand anderen.«
    »Oh«, sagte Cecily, die plötzlich ein wenig traurig war – und vielleicht auch ein wenig ärgerlich. »In wen denn?«
    »Ich wünschte, das könnte ich dir sagen«, sagte Ada. »Es gibt so viele stattliche junge Männer auf dieser Schule, die dich gut behandeln würden. Ich bin mir sicher, dass einige das bereits tun, wenn du genau nachdenkst.«
    »Ja, schon«, sagte Cecily, der schlagartig Jack einfiel, »aber ich liebe sie nicht.«
    »Lass dich überraschen«, sagte Ada. »Und jetzt haben wir genug über die Liebe geredet. Zeig mir den Schraubenschlüssel, den du mit dieser erstaunlichen Rezeptur angefertigt hast.«
    Nachdem Cecily Ada ihre Arbeiten vorgeführt hatte und zu Bett gegangen war, blieb Ada noch auf, saß vor dem Kamin, trank und rauchte und machte sich Sorgen. Die Situation in Illyria war komplexer geworden, als sie erwartet hatte. Ada war eigentlich ziemlich gut darin, sich alle Möglichkeiten eines Szenarios vorzustellen – was von ihrer Arbeit mit den Rechenmaschinen herrührte. Doch Cecilys Verliebtheit hatte sie nicht vorhergesehen. Natürlich hätte sie das tun müssen: Sie waren verwandte Geister, Cecily und Violet, Mädchen im gleichen Alter. Es war nur natürlich, dass Cecily das bemerken und – da sie Violet für einen Mann hielt und erst sechzehn war – dieses Gefühl versehentlich für Liebe halten würde. Wenn Cecily sich mit ihrer Einschätzung von Ernests Gefühlen für Violet nicht irrte, kam das … weniger unerwartet. Sie hatte im Stillen darauf gehofft, jedoch nicht damit gerechnet, bevor Violets Geheimnis gelüftet war. Aber Cecily war eine ungeklärte Variable, und die Gleichung konnte sich jetzt ganz anders lösen. Wenn Violet und Ernest sich schließlich ineinander verliebten und Ernest die Brillanz in Violets Täuschung zu sehen vermochte, was war dann mit Cecily? Ada wollte nicht, dass ihre Familie durch die Wirrungen der Liebe auseinandergerissen wurde.
    Sie hatte die Flasche Brandy fast ausgetrunken. Sie hievte sich ein wenig benommen aus dem Sofa hoch und schlich aus dem Wohnhaus zum Rechenlabor hinunter. Die großen Rechenmaschinen ragten um sie auf, groß wie riesige Pferde. Sie empfand sie als beruhigend und streichelte ihr Metall. Obwohl sie betrunken war, war Ada noch immer die Erste Rechnerin, und sie brauchte nicht lange, um eine Reihe von Tafeln mit möglichen Faktoren zu erstellen und in die Maschinen einzugeben. Die Maschinen konnten ihr nicht wirklich helfen, natürlich nicht – was das anging, hatte sie Cecily die Wahrheit gesagt. Doch sie empfand das Geräusch ihrer Kalkulationen als beruhigend, als würden sie sie daran erinnern, dass es am Ende eine große Rechnung gab, dass die Welt eine funktionierende Maschine und sie nur ein kleines Rädchen darin war, das das große Ganze nicht sah.
    Jede Gleichung lieferte ihr eine unterschiedliche Antwort, immer in numerischer Form, die sie zurück in Worte würde übersetzen müssen. Die Maschinen spuckten die Antworten zu ihren drei Gleichungen aus: Zwei. Fünf. Neunundzwanzig.
    Seufzend zerknüllte Ada die dünnen Seiten mit den Zahlen darauf und warf sie ins Feuer.

Kapitel 29
    V iolet und ihre Freunde saßen um einen Tisch im Pikanten Schwein und zechten fröhlich. Violet lehnte

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