Erfindung der Violet Adams
ihrer Geburt gestorben war, umgab ihren Geburtstag ein Hauch von bitterer Süße. In ihrer Kindheit waren sie so damit umgegangen, dass sie der Trauer eine feste Zeit reserviert und den Rest des Tages so glücklich wie möglich verbracht hatten. Diese Zeit war gekommen, wenn sie das Haus verließen und an der Bank vorbeigingen, auf der ihre Mutter immer gesessen hatte. Die Veilchen blühten und erfüllten die Luft mit ihrem schweren Duft, und die Esche war grün und wogte in der kühlen Luft hin und her. Sie blieben einen Moment stehen, Arm in Arm, und blickten über ihr Anwesen, jeder in seine eigenen Gedanken vertieft. Sie setzten ihren Weg zu der Rückseite des Landsitzes fort, gingen noch ungefähr zehn Minuten, bis sie zum Familienfriedhof kamen. Ashton wusste nicht, wie er das restliche Jahr über aussah, doch er war sicher, dass Mrs Wilks die Gärtner anwies, dass er an ihrem Geburtstag einen makellosen Eindruck machte. Er war von einer niedrigen Steinmauer und einem schmiedeeisernen Zaun umgeben. Darinnen gab es aufwendige Grabsteine und grünes Gras. Ein paar Vasen mit frischen Blumen standen in den Ecken. Sie gingen zum Grab ihrer Mutter, und Ashton legte die Blumen darauf. Einige Minuten standen sie schweigend an dem Grab, und außer dem Geräusch des Windes, der durch das Gras und die Bäume strich und wie fließendes Wasser klang, war nichts zu hören.
»Hier sind wir, Mutter«, begann Violet. »Wir wollten mit dir reden. Und dir sagen, dass wir dich vermissen. Ich glaube, dieses Jahr vermisse ich dich besonders. Ich habe … Nun, von dort, wo du bist, kannst du sehen, was ich getan habe.
Ich hoffe, du bist stolz auf mich und schämst dich nicht für mich. Ich wünschte, du wärst bei mir. Ich wünschte, du könntest mir sagen, wie ich mich verhalten soll, vor allem mit … Wenn der Duke plant, um mich zu werben, wie er gesagt hat, dass er das will – ich weiß wirklich nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich denke, dass ich vielleicht in ihn verliebt bin, aber wenn ich mich blamiere oder ihn, wenn er vorbeikommt … Ich möchte nichts kaputt machen. Aber ich sitze in der Falle. Ich habe einen Plan, und wenn ich den nicht realisiere, muss ich ihn den Rest meines Lebens anlügen, und das will ich nicht. Ich wünschte, ich wüsste, wie ich sicher sein kann, dass er mich noch will, wenn ich ihm die Wahrheit gezeigt habe. Ich wünschte, ich wüsste, wie ich mich in seiner Nähe verhalten soll. Und ich denke, du hättest mir das sagen können.«
Ashton starrte Violet mit weit aufgerissenem Mund an, als sie mit feuchten blinzelnden Augen zu ihm aufblickte. »Hast du nichts zu sagen?«, fragte sie ihn.
»Ich habe dir sehr viel zu sagen«, sagte er. »Doch was Mutter angeht … « Er drehte sich zum Grabstein um. »Ich hoffe, du wärst auch auf mich stolz«, fing er an. »Ein Gedicht von mir ist veröffentlich worden. Nicht in einer großen Zeitschrift oder so, doch die Leute lesen es und mögen es, denke ich. Ich hoffe, du kannst es von dort, wo du bist, lesen. Ich vermisse dich sehr, Mutter. Das tun wir beide.«
Sie blieben noch ein paar Minuten schniefend und um Haltung bemüht stehen. Eine leichte Brise strich durch ihre Haare und über ihre Gesichter und tröstete sie. Dann drehten sie sich um und blickten zurück auf das Haus.
»Der Duke will um dich werben?«, rief Ashton.
»Von dir ist ein Gedicht veröffentlicht worden?«, konterte Violet.
»Ja«, sagte Ashton lächelnd, »das ist es.«
»Das ist fantastisch, Ashton!«, sagte sie und umarmte ihn liebevoll.
»Danke. Und jetzt erzähl mir von dem Duke.« Er nahm ihren Arm, und sie gingen zurück zum Haus.
»Er hat meine Erlaubnis eingeholt«, sagte Violet. »Das heißt, deine Erlaubnis, nehme ich an.«
»Und du hast sie ihm in meinem Namen gegeben?«, fragte Ashton. »Wie nett von dir.«
»Ich war mir sicher, dass du das gutheißen würdest.«
»Warst du?«
»Nun, ich finde es gut, und der Gedanke, dass jemand deine Erlaubnis für etwas braucht, das mich betrifft, ist absurd.«
»Natürlich.«
»Aber«, seufzte sie, »vielleicht ist alles umsonst. Wenn ich auf der Ausstellung meine wahre Identität preisgebe, will er vielleicht nichts mehr von mir wissen.«
»Du hast gesagt, dass er dich geküsst hat, als er dich für mich gehalten hat.«
»Ja, aber er hat gesagt, dass er dabei an jemand anderen gedacht hat. Ich denke an mich, an mich als Violet. Das hoffe ich jedenfalls.«
»Ich nehme an, deine Enthüllung wird ihn eher erleichtern
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