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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
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wie keine Fragen gestellt, solange man etwas kauft. Und da ich deine Kleidung auswähle, wirst du der am besten gekleidete Wissenschaftler von ganz London sein.«
    »Ich war noch nie bei Whiteleys«, sagte Violet. »Vielleicht sollte ich dich begleiten?« Das entsprach der Wahrheit, doch sie fühlte sich vor allem nicht ganz wohl dabei, Ashton alleine ihre Anzüge kaufen zu lassen. Auch wenn er einen guten Geschmack hatte, befürchtete sie, dass er die lächerlichen Kleider eines Dandys für sie aussuchen würde, mit Rüschen und Zierknöpfen, die sie bei der Arbeit nur störten.
    Seinem Blick nach zu urteilen, wusste Ashton, was sie dachte. »Ich werde darauf achten, dass deine Hemden so einfach und bequem sind wie die Sachen, in denen du zu Hause arbeitest. Aber du weißt schon, dass du … dich nicht als Frau verraten darfst, da werden die Kleider das kleinste Problem sein, was den Komfort angeht.«
    »Daran habe ich nicht gedacht«, gab Violet zu. »Ich muss auch bestimmte Körpergegenden ausschmücken, denke ich?«
    »Ein gerollter Strumpf sollte genügen«, überlegte Ashton.
    »Und ich muss mein Haar abschneiden, nicht?«, sagte sie und griff nach dem kunstvollen Knoten, den ihr Mrs Wilks am Morgen gesteckt hatte.
    »Ein wenig, ja, obwohl heutzutage einige Männer ihr Haar schulterlang tragen.«
    Violet legte den Kopf in den Nacken und sah einen Moment an die Decke der Kutsche. »Das wird alles viel schwieriger, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich hatte gedacht, dass ich einfach nur besser über die Wissenschaften Bescheid wissen müsste als die anderen, und das tue ich. Aber zu lernen, wie ein Mann auszusehen und mich wie ein Mann zu verhalten? Ich muss mehr aufgeben, als ich ursprünglich geplant hatte.«
    »Du kannst immer noch einen Rückzieher machen«, sagte Ashton und füllte sein Weinglas zum vierten Mal nach. »Schreib Ihnen, dass du doch lieber dein Leben als Landadliger verbringen willst oder dass du Oxford vorziehst.«
    »Nein«, widersprach Violet und starrte Ashton entschlossen an. »Nein, ich will auf jeden Fall nach Illyria, und ich werde tun, was immer dazu nötig ist. Haare wachsen wieder, und die kleinen Unbequemlichkeiten, die die Verkleidung mit sich bringt, sind mit Sicherheit geringer als die, die mir dieses Korsett bereitet.« Sie schluckte, als sie daran dachte, welches Sicherheitsrisiko sie eingehen würde. Physisches Unbehagen war nicht das Schlimmste, das ihr bevorstehen könnte.
    »Ich dachte, du magst das Korsett.«
    »Die erste halbe Stunde ja. Danach nicht mehr.«
    »Ist das nicht Jack?«, frage Ashton mit einem Blick aus dem Fenster. Violet sah in die gleiche Richtung. Ein Mann ging die Straße entlang, doch da er sich im Gegenlicht bewegte, erkannte Violet nur seine Silhouette.
    »Jack!«, rief Ashton aus dem Fenster. Die Gestalt drehte sich um, und Ashton klopfte an die Kutschwand, damit Antony anhielt. Als die Kutsche neben der Gestalt zum Stehen kam, sah Violett, dass es tatsächlich John Feste junior war, der von allen nur Jack genannt wurde. Jack war der Sohn ihres Verwalters. Da er im gleichen Alter wie Violet und Ashton war, waren sie zusammen aufgewachsen. Sie hatten als Kinder zusammen gespielt und Frösche gefangen, die sie in selbst gebaute Spielzeugomnibusse gesetzt und in der Gegend herumgefahren hatten. Kinderspiele. Doch im Alter von zehn Jahren war Jack aufs Internat geschickt worden, während Ashton und Violet von Privatlehrern unterrichtet wurden. Inzwischen sahen sie ihn nur noch selten, außer im Sommer und in den Ferien.
    Jack winkte ihnen zu. Er hatte einen großen Mund mit viel zu vielen Zähnen, wie es schien.
    Ashton öffnete die Kutschtür und streckte die Hand aus. »Komm, alter Junge, steig ein«, sagte er. »Wir haben dich diesen Sommer noch gar nicht zu Gesicht bekommen – wir haben uns sicher einiges zu erzählen.«
    Jack grinste und sprang zu ihnen in die Kutsche. Mit den Jahren war aus dem kleinen Jungen erst ein schlaksiger Jüngling und dann ein gut aussehender junger Mann geworden. Zugegeben, seine Haut war etwas zu rötlich, sein blondes Haar etwas zu dünn und seine Lippen sehr rosa, doch er hatte ein entschlossenes Kinn und gute, kräftige Schultern, die er mit der selbstverständlichen Selbstsicherheit des Spaßvogels zurücknahm, der er schon immer gewesen war. Schließlich war es damals Jacks Idee, den Bus mit den Fröschen in das Schlafzimmer der Hausmädchen zu fahren.
    »Wo kommst du her?«, erkundigte sich Ashton und reichte

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