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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
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Skizzen für das, was er mit Energie versorgen sollte: ein weiteres Tanzmädchen. Nur dass dieses verfluchter war als die meisten anderen, denn es würde in alle Ewigkeit tanzen, falls ihr Motor funktionierte. Nein, sie konnte sich nicht überwinden, es zu bauen. Mit einem Knurren zerknüllte Violet das Blatt mit dem Tanzmädchen zu einem Ball.
    »Sauer?«, fragte Jack, der von seinem Gespräch mit Bunburry zurückkam.
    »Haben ihm deine Pläne gefallen?«, wollte Violet wissen und überhörte die Frage.
    »Das haben sie, aber er hat gesagt, dass du mich in Zukunft besser meine eigenen Schaubilder zeichnen lassen sollst, damit ich die Kunst der mechanischen Wissenschaft besser lerne.«
    »Aha.« Violet sah sich Jacks Skizzen und seine begabte Zeichnung des unschuldigen Mädchens an.
    »Warum hast du ein Mädchen gezeichnet, Jack?«
    »Wie bitte?«
    »Auf deiner Zeichnung, das Kind, das seinen Eltern den Streich spielt, ist ein Mädchen.«
    »Oh. Ich denke, es ist einfach leichter, ein Kleid als eine Hose zu zeichnen.«
    »Der Grund ist nicht der, dass ein Mädchen schwächer ist als ein Junge und deshalb größere Schwierigkeiten hat, etwas Schweres zu heben?« Violet spürte wieder dieses Ticken in ihrem Kopf, als hätte jemand ihre Zahnräder bis zum Anschlag aufgezogen und als könnte die Feder jeden Moment nachgeben.
    »Nein, das war nicht der Grund«, protestierte Jack.
    »Aber es ist so«, sagte Violet, »und ich weiß auch warum. Frauen sind physisch schwächer, was ein Grund dafür ist, dass wir … «, Jack hustete laut, »… dass sie so lange auf den zweiten Platz verwiesen worden sind. Man betrachtet sie als zerbrechlich.« Violet verschränkte die Arme, sie sah alles andere als zerbrechlich aus.
    Jack schüttelte verunsichert den Kopf. »Das war wirklich nicht der Grund. Schau«, sagte er, während er auf einem Blatt Papier zeichnete, »ein Kleid ist nur ein Dreieck wie das hier, doch für eine Hose musst du das Knie markieren, das heißt ein Rechteck über einem anderen Rechteck und beide müssen spitz zulaufen und –«
    »Ich weiß, ich weiß. Ich bin nicht sauer auf dich«, sagte Violet. »Du hast mich sogar auf eine Idee gebracht.«
    »Gut. Dann hilfst du mir, meine Poltergeistmaschine zu bauen?«
    »Ja, aber du musst die meiste Arbeit machen. Professor Bunburry sieht die ganze Zeit zu uns herüber.«
    »Das ist in Ordnung«, meinte Jack. »Sag mir einfach, was ich tun muss.«
    Violet seufzte. »Hol erst mal eine Feder.«
    »Gut«, antwortete Jack und ging zu dem Vorratsregal. Violet glättete das Stück Papier, das sie noch in der Hand hielt, und breitete es liebevoll auf dem Tisch aus. Nicht alle Frauen sind zum Tanzen bestimmt, dachte sie. Manche sind für etwas ganz anderes bestimmt. Sie starrte lange und konzentriert auf das Blatt, und ein Lächeln kroch auf ihre Lippen.
    »Ich habe die Federn«, sagte Jack und hielt zwei Federn leicht unterschiedlicher Größe hoch. »Ich denke, die größere ist besser geeignet, aber ich möchte nicht, dass das Gerät so groß wird, dass das Kind nach hinten kippt und sich nicht mehr selber aufrichten kann wie eine Schildkröte. Was meinst du?«
    Violet starrte die Federn an. Sie hatte eine Idee. Eine sehr gute Idee.
    »Ich denke, dass du wahrscheinlich recht hast.« Und sie begannen mit ihrer Arbeit.
    Bei Unterrichtsende hatte jeder ein zumindest befriedigendes Spielzeug hergestellt. Violet trug Jacks Gerät und klopfte ihm damit auf den Kopf. Lane und Merriman beobachteten sie und lachten. Doch in Wirklichkeit war Violet mit ihren Gedanken ganz woanders. Eine Idee nahm in ihrem Kopf Gestalt an, und sie wollte jetzt nur noch arbeiten.
    Das Mittagessen verging wie im Flug. Toby und Drew und Jack diskutierten die Möglichkeiten, Volio mit den Briefen zu quälen, doch Violet schenkte ihnen kaum Beachtung. In Gedanken baute sie eine wundervolle Maschine. Nicht nur eine Maschine, sondern ein Kleidungsstück. Ein Kleidungsstück, das für Frauen und Männer gleich war, mit wundervollen langen Armen, die sich weiter ausstrecken ließen, als Violet groß war. Ein Kleidungsstück, das jeden, der es trug, gleich stark machen würde, stark genug, um ohne Rücksicht auf Geschlecht und Alter Kutschen zu bauen. Sie stellte sich Mengen dieser Kleidungsstücke an den Docks vor, von Frauen getragen, die mit der gleichen Leichtigkeit ein Schiff zusammenbauten, mit der sie einen Schal strickten. Sie sah Frauen, die jeden Tag zusammen mit ihren männlichen Kollegen zur Arbeit

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