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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Rosen
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Volio Forderungen an sie stellte.
    Sie nickte dem Pförtner zu, als sie die Schule verließ und winkte einer wartenden Droschke. In der Droschke löste sie ihren Knoten, ließ ihr Haar auf die Schultern fallen und lockerte den Umhang, sodass der tiefe Ausschnitt ihres Kleides zu sehen war. Einen Moment lang wünschte sie, mehr vorzuweisen zu haben, wie Cecily – zehn Jahre jünger als sie und sehr viel üppiger – , doch dann musste sie lächeln, als sie daran dachte, wie Toby ihr einmal gesagt hatte, wie sehr er die Geschmeidigkeit ihres Körpers liebte.
    Ihre Freiheit rührte teilweise von ihrem Außenseiterstatus her. Sie hatte bereits als Kind in Persien begriffen, dass sie eine Außenseiterin war. In Paris, wo ihre Familie hingezogen war, als sie sechs Jahre alt war, hatte sie gelernt, aus ihrem Außenseiterdasein Nutzen zu ziehen. In der Schule hatte sie ihrer Direktorin gesagt, dass sie aus religiösen Gründen gehen müsse. Die Direktorin, die es nicht besser wusste, pflegte zuzustimmen, und Miriam hatte den Tag an der Seine verbracht. Erwachsene gingen an ihr vorbei und nahmen an, dass sie arbeitete, weil ihre dunkle Haut sie in ihren Köpfen der Dienerschaft zuordnete. Nur ihre Familie und die jüdische Gemeinde hatten sie gut im Griff, doch als sie mit sechzehn nach London kam, um zu heiraten, war dieser Griff nicht mehr da. Und als sie Witwe wurde, war sie frei.
    Miriams verstorbener Mann hatte Joshua geheißen, doch darüber hinaus ließ sich nicht viel über ihn sagen. Es war eine arrangierte Ehe gewesen. Sie war im Alter von sechzehn Jahren mit ihrem Vater von Paris nach London gereist, um zu heiraten. Ihre Mutter war ein Jahr vorher gestorben. Joshua war ein liebenswürdiger, drahtiger Mann mit dickem, lockigem Haar und ständigen Bartstoppeln, gleichgültig, wie oft er sich rasierte. In ihrer Hochzeitsnacht war er lieb zu ihr gewesen, aber still. Sie hatten es nie gelernt, über einfache Höflichkeiten hinaus miteinander zu reden. Dann hatte die Armee ihn einige Monate hierhin und dorthin geschickt, und Miriam war es allein überlassen gewesen, ihr neues Heim einzurichten. Ihr Vater war gestorben, Joshua war nach Hause gekommen und hatte ihr gesagt, dass er für sie sorgen werde, und Miriam hatte ihm fast geglaubt. Er war der Typ Mann gewesen, von dem sie sich hatte vorstellen können, sich in ihn zu verlieben, wenn sie genug Zeit hatte. Es hätte auch darauf hinauslaufen können, das sie ihn gehasst hätte, doch er hatte liebenswürdige Augen und lange Wimpern, und sie zog es vor zu denken, dass Ersteres der Fall gewesen wäre.
    Und dann, neun Monate nach ihrer Hochzeit, war er gestorben. War von einem Pferd gefallen und zu Tode getrampelt worden. Bei der Beerdigung weinte sie nicht; später hatten ihre Schwiegereltern versucht, sie zu sich zu nehmen, sie zu ihrer Familie zu machen, doch sie war einfach gegangen. Sie erinnerte sich, dass es zu regnen begonnen hatte, als sie den Friedhof, das East End, den Entwurf eines Lebens, das sie dort hatte, hinter sich gelassen hatte, und wie sie in einem nassen und zerrissenen schwarzen Kleid mit einem schwarzen Taschentuch in der Hand durch London gelaufen war und gespürt hatte, wie sich ihre Brust wie Flügel öffnete.
    An diesem Tag hatte sie entdeckt, dass niemand in London sich um eine Perserin kümmerte – oder eine Araberin oder wofür immer man sie hielt – , die mit Männern der Arbeiterklasse in einem Wirtshaus trank. Sie hielten sie für eine Prostituierte. Und wenn irgendjemand sie als etwas anderes kannte – eine Gouvernante, eine Witwe – , begriff er nicht, dass die Miriam Isaacs, die er kannte, und diese dunkelhäutige Frau an der Bar ein und dieselbe Person waren. Niemand schenkte einer dunkelhäutigen Frau an der Bar – oder sonstwo – so viel Aufmerksamkeit.
    Solange sie sich intelligent anstellte, konnte sie tun und lassen, was sie wollte. Und das tat sie. Sie liebte Toby an den Samstagabenden in Hotelzimmern und wanderte allein durch die Straßen von London. Sie ließ den Regen auf ihr Gesicht fallen.
    Volio könnte ihr all das nehmen. Ihm musste Einhalt geboten werden. Konnte sie sich auf Toby und die anderen verlassen, dass sie das für sie regelten? Sie war sich nicht sicher. Ihre Idee, Volio gefälschte Briefe zukommen zu lassen, schien klug, doch wie lange würde das gut gehen? Und war Volio wirklich so eitel zu glauben, dass eine Nachricht von Cecily etwas anderes als eine höfliche Zurückweisung seiner Avancen enthalten

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