Erfindung der Violet Adams
viele Tropfen ich hineingebe.« Jack trat stumm zur Seite. Cecily gab drei weitere Tropfen in das Becherglas, dann blickte sie auf und schob sich die Schutzbrille auf den Kopf, wodurch ihre bezaubernden, blitzenden Augen zu sehen waren. »Jack«, sagte sie leicht überrascht.
»Äh, ja. Ich wollte mir doch Shakespeare ansehen. Sie sagten, Sie hätten nichts dagegen.«
»Ja, ich erinnere mich. Jack. Ein alter Freund von Ashton. Gut, ich muss diese Rezeptur ohnehin ein paar Minuten ruhen lassen.« Sie ging durch den Raum zu Miriam, die sich ruhig mit Professor Curio unterhielt und müßig Shakespeares Ohren streichelte.
»Miri«, sagte Cecily, »das ist Jack. Er möchte sich Shakespeare ansehen.«
»Ist das alles?«, fragte Miriam und gab ihr Shakespeare. Cecily nahm das Kaninchen und reichte es vorsichtig an Jack weiter.
Jack war beeindruckt. Die Art, wie es sich bewegte, selbst wenn es inaktiv war, war beeindruckend, fast lebensecht. Das Fell war aus Messing und Gold gegossen, das Gesicht wunderschön ausgeformt; es war nur schwer zu glauben, dass es kein echtes Kaninchen war.
»Eine außergewöhnliche Arbeit«, meinte Jack. »Ich habe schon viele Kaninchen gesehen, und ich würde nicht darauf kommen, dass es kein echtes ist, würde es sich nicht so kalt anfühlen.«
»Ich liebe Kaninchen«, sagte Cecily. »Als kleines Mädchen habe ich sie immer gejagt, wenn wir auf dem Land waren, und einmal habe ich alle Versuchskaninchen im Biologielabor freigelassen. Danach hat mein Cousin Ernest mir Shakespeare gemacht. Er ist der König der Kaninchen.«
»Das kann man wohl sagen«, sagte Jack erfreut.
»Würden Sie mir jetzt, wo ich Ihnen Shakespeare gezeigt habe, auch einen Gefallen tun, Jack?«
»Was immer Sie wollen«, antwortete Jack.
Cecily nahm seinen Arm – Jack fühlte ihre Berührung wie eine chemische Reaktion in seinem Blut – und führte ihn von Miriam weg in eine ruhige Ecke. »Dann erzählen Sie mir von Ashton. Hat er eine Freundin?«, fragte Cecily.
Jack grinste. »Nein«, sagte er.
»Und wie könnte Ihrer Meinung nach jemand wie ich am besten seine Aufmerksamkeit erregen?« Jack lachte. »Was ist so lustig?«, fragte Cecily, die plötzlich rot geworden war. »Stehe ich so weit unter ihm? Ich bin auch von hohem Stand. Ich werde einmal Illyria erben, falls Ernest keine Erben hat.«
»Nein. Das ist es nicht, meine liebe Cecily, bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Jeder Mann, der Augen im Kopf hat, würde alles tun, Ihr Herz zu gewinnen, ungeachtet Ihres Standes. Doch ich fürchte, dass Ashton … blind gegenüber Ihren Avancen sein könnte.«
»Soll ich mich ihm dann an den Hals werfen? Wie ein Flittchen?«
»Nein, das auch nicht. Ich denke, Sie sollten Ashton vielleicht vergessen. Er wird Ihnen ein guter Freund sein, daran habe ich keine Zweifel, doch sein Herz gehört … der Wissenschaft.«
»Sie versuchen gerade, einen Keil zwischen uns zu treiben, weil Sie meinen, für mich zu schwärmen«, sagte Cecily, und ihr Gesicht nahm ein kleidsames Rosa an. »Sie, die Sie sich genau wie all die anderen nicht die Mühe gemacht haben, anders mit mir zu reden als mit irgendeiner ganz gewöhnlichen Frau, die man anstarrt und wegen ihrer Augen und ihres Haars schätzt und sonst wegen nichts. Ashton spricht mit mir über wissenschaftliche Dinge. Wann haben Sie das je getan oder meine Meinung zu einer wissenschaftlichen Theorie eingeholt?«
»Das brauche ich auch nicht«, entgegnete Jack. »Ich sehe doch, dass Sie perfekt sind, innen wie außen.«
Cecily antwortete darauf nichts, starrte Jack nur einen Moment mit großen Augen an, bevor ihr Blick wieder stechend wurde. »Wenn Sie Ashton ein wahrer Freund wären, würden Sie nicht versuchen, sich zwischen uns zu stellen. Guten Tag. Mr … «
»Feste.«
»Mr Feste. Guten Tag.« Cecily stapfte zu ihrem Tisch zurück und untersuchte ihr Becherglas.
Jack seufzte und verließ das Labor, alle starrten ihm hinterher. Was hatte er doch für ein Pech, dachte er, und trat gegen die Wand des Gangs. Dass die Frau, die er liebte, unbedingt in seinen besten Freund verliebt sein musste. Bestimmt lachte Amor gerade über den seltsamen lesbischen Zauber, mit dem er Cecily verhext hatte. Aber egal. Jack war schnell im Denken, und er hatte bereits einen Plan. Er ging davon aus, dass Cecily und die Frau, die Cecily sich jetzt als Liebhaber wünschte, auch dann noch Freundinnen sein würden, wenn diese ihre wahre Identität enthüllt hatte. Und wenn dem so war, konnte
Weitere Kostenlose Bücher