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Erfolg

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Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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von einem ausführlichen amerikanischen Zeitungsartikel zum Fall Krüger. Frau Franziska Ametsrieder war eine vernünftige Frau, sie stand fest auf ihren kurzen, resoluten Beinen in der Wirklichkeit. Freilich beschränkte sie ihre Anteilnahme an Johannas Kampf im wesentlichen auf kernige Maximen allgemein belehrenden Inhalts. Andernteils wirkte sie imponierend, wenn sie dastand mit ihrem feisten, festen Körper, ihren klaren, tapferen Augen und, den mächtigen Mannskopf mit den schwarzen kurzgeschnittenen Haaren vorstoßend, einem Interviewer Informationen gab über den Fall Krüger und Johanna Krain, untermischt mit handfesten Sentenzen und kräftigen Charakterisierungen bayrischer Staatsmänner und Journalisten.
    Jetzt also redete sie auf Johanna ein. In allgemeinen Wendungensprach sie von der Neigung der Welt, moralische Zusammenhänge herzustellen, wo sie vielleicht nicht am Platze seien, zum Beispiel zwischen dem luxuriösen Leben im Garmischer Winter und dem Alltag eines Strafgefangenen in Odelsberg.
    Johanna ließ sie gewähren, hörte ihr ziemlich höflich zu und ganz ohne Unmut. Sie sprach jetzt oft mit der Tante Ametsrieder, geduldig eingehend auf viele Details. Doch von ihren Vorbereitungen, Martin Krüger zu heiraten, sagte sie ihr kein Wort.
11
Die Puderdose
    Direktor Pfaundler führte Herrn Hessreiter und Fräulein Krain durch »Die Puderdose«, demonstrierte ihnen stolz das Lokal: wie geschickt jedes Eckchen ausgenutzt, wie listig überall versteckte Nischen ausgespart seien, Boxes, Logen; lauschige Winkel nannte er sie. Er hatte sich mit den Herren Künstlern, dem Greiderer und dem Künstler der Serie »Stierkampf«, nicht schlecht herumraufen müssen, bis sie ihm diese lauschigen Winkel nach Wunsch zurechtmachten. Auch wollten sie ihm lange nicht soviel Kachelbelag lassen, die Bazis, wie er brauchte. Alles sollte immer zierlich sein, zart, elegant, achtzehntes Jahrhundert. Schön, hatte Herr Pfaundler gesagt, selbstverständlich, Puderdose: aber die Hauptsache bleibt doch schließlich die Gemütlichkeit. Und was jetzt dastand, sagen Sie selbst, Herr Nachbar, konnten damit die Herren Künstler nicht ebenso zufrieden sein wie der Herr Unternehmer? Das war Puderdose, das war achtzehntes Jahrhundert und gemütlich. Nirgends war gespart, da fehlte sich nichts. Altväterisch zierlich ging es auf den blau und gelblichweißen Kacheln des Herrn Hessreiter her, behaglich luden, das Gemüt ansprechend, die lauschigen Winkel dieGäste. Da mußte auch dem steifen, internationalen Publikum das Herz aufgehen.
    Es ging ihm auf. Jeder Platz war besetzt. Es war, als verbrächten sämtliche Besucher von Garmisch ihren Abend in der »Puderdose«.
    Zur Zeit wurde ein sorglich zusammengestelltes Kabarettprogramm exekutiert, und Herr Pfaundler wies seinen Münchner Freunden einen guten Platz an, einen besonders lauschigen Winkel , von dem aus sie, selber nur von wenigen gesehen, alles sehen konnten. Johanna saß ziemlich schweigsam neben Herrn Hessreiter. Langsam führte sie ihre Augen über die geschmückten Menschen, die in mancherlei Zungen halblaut kleine, nichtige, gefällige Dinge schwatzten. Vor allem fesselte sie eine magere Dame mit nervösem Gesicht, olivfarben, geiernäsig. Sie kannte offenbar viele Leute im Saal, sie hatte für viele ein munteres Wort, oft war das Telefon ihres Tisches an ihrem Ohr, aber zu Johanna sah sie nicht herüber. Johanna hingegen hielt sie im Aug und sah, wie die Magere einmal, als sie sich nicht beobachtet glaubte, sich auf erschreckende Art verwandelte, sich entspannte, wie das lebhafte, kluge Gesicht plötzlich grau, schlaff, hoffnungslos müde aussah wie einer ausgeschöpften Greisin. Die Magere war Fancy De Lucca, erklärte Herr Pfaundler, die bekannte Tennisspielerin. Tennis war ein Ballspiel jener Zeit, mit Schlägern gespielt, sehr in Mode. Ja, Herr Hessreiter hatte das Gesicht sogleich erkannt, er hatte die De Lucca spielen sehen. Es war fabelhaft, erzählte er, dieser gestreckte, trainierte Körper im Sprung. Sie hatte das italienische Championat seit zwei Jahren. Aber viele warteten darauf, bis sie es wieder abtrat; lange wird sie ihre Meisterschaft nicht halten können.
    Das Telefon auf Johannas Tisch klingelte. Der Maler Greiderer begrüßte sie. Sie hatte ihn nicht gesehen, er beschrieb ihr die Lage seines Tisches. Ja, da saß er, der Maler des »Crucifixus«; breit, lärmend saß er inmitten eines Haufens billig aussehender, junger Mädchen und trank ihr zu. Er schaute

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