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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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als er sie ein zweites Mal einlud. Auch das drittemal. Das viertemal traf sie ihn in einem Café. Diesmal war er liebenswürdig und zurückhaltend. Sprach wenig vonseinen eigenen Dingen, ging mit Verstand und wirklicher Anteilnahme darauf ein, als Johanna von dem Kampf für den Mann Krüger berichtete.
    Sehr bald darauf begann Hessreiter sich darüber zu verbreiten, daß man im Hotel nicht gut aufgehoben sei. Das Essen sei ja nicht schlecht, aber auf längere Zeit sei ein Leben im Hotel ungemütlich. Auch achte Johanna zu wenig auf sich selber, sei wie ein Kind, müsse jemanden haben, der auf sie aufpasse. Johanna sah ihn an, erwiderte nichts.
    Sie hatte seit der Unterredung mit dem Geheimrat Bichler kaum mehr etwas für den Mann Krüger unternehmen können. Zwei-, dreimal war sie mit einflußreichen Journalisten zusammengekommen, aber es war ihr nicht geglückt, diese Herren zu erwärmen. Jetzt fiel ihr auf, daß man ohne ihr Zutun anfing, sich in Frankreich für den Dr. Martin Krüger zu interessieren, für den Mann, sein Schicksal und vor allem für sein Werk. Ausging dieses Interesse von einem längeren Essay des Kunstkritikers Jean Leclerc. Johanna wurde interviewt, der Mann Krüger tauchte immer häufiger in der Pariser Presse auf. Man analysierte seine Theorien, übersetzte Artikel, ein angesehener Verlag kündigte eine Ausgabe seiner »Drei Bücher zur spanischen Malerei« an. Irgendwer mußte diese plötzliche Anteilnahme entfacht haben, schüren: wer, konnte Johanna nicht herausbekommen. Auch Hessreiter, verdrießlich, daß er nicht die glückliche Wendung verursacht hatte, wußte es nicht.
    Zwei Tage später, nachdem er wieder umständlich ausgeführt hatte, wie wenig gemütlich das Leben im Hotel sei, schlug Hessreiter vor, eine Wohnung zu nehmen, die Tante Ametsrieder kommen zu lassen. Johanna erwiderte unmißverständlich, sie finde das Hotel angenehm, sie sei froh, die Tante los zu sein, denke nicht daran, sie zurückzurufen. Auch halte sie es für überflüssig, jetzt während der Inflation eine dritte Person durch das kostspielige Pariser Leben mitzuschleppen. Herr Hessreiter erwiderte freundlich, darüber möge sie sich keine Sorgen machen, seine Geschäfte gingenvortrefflich. Es ergab sich, daß er bereits eine Wohnung gemietet und der Tante Ametsrieder geschrieben hatte. Es war das erstemal, daß es zu Streit kam. Hessreiter hörte ihre kräftigen Worte still, mit milder Abwehr.
    Allein, überlegte sie, ob sie sich von ihm trennen solle. Warum wollte er die Tante Ametsrieder in Paris haben? Sie hatte ihm nichts von ihren Zusammenkünften mit Erich Bornhaak gesagt, wußte nicht, ob ihm die Anwesenheit des Windigen in Paris bekannt war. War er eifersüchtig? Wollte er ihr eine Aufsichtsdame in den Nacken setzen? Er war weich, liebenswürdig, doch zäh, und wenn es um seine Interessen ging, in den Mitteln nicht bedenklich. Sie spürte den säuerlichen Geruch seiner Fabrik.
    Ernstlich erwog sie, ob sie nicht zu ihrer Graphologie zurückkehren solle. Die Hundemasken des Windigen kamen ihr in den Sinn. Sein Vorschlag war gar nicht so dumm. Überhaupt war er nicht dumm, der Junge. Masken waren etwas viel Solideres, waren ganz anders greifbar als blasse, mehr oder minder willkürliche Schriftanalysen. Sie überlegte, was Erich Bornhaak ihr erzählt hatte von seiner Methode, solche Masken anzufertigen. Er meinte, seine Technik zu erlernen, sei nicht schwer.
    Ein verkommener Bursche. Nicht unbegabt. Er war bestimmt, als er von den Hundepfändungen erzählte, ehrlich ergriffen gewesen. Sie holte den Zettel hervor, in dem er sie zuletzt eingeladen hatte. Begann zu analysieren. Hier war alles klar beim ersten Blick. Sie schaute auf die leichten, wehenden, fahrigen Schriftzüge. Ein unsteter, einfallsreicher, verantwortungsloser, ausgelaugter Mensch. Die gemeinen, niederträchtigen, seelenlosen Anspielungen auf den Mord an dem Abgeordneten. Unstet, wandlungsfähig. Das letztemal hat er hilfsbereit wie ein Bruder gesprochen. Ruhig, vernünftig. Viel klarer als jemals Hessreiter. Ob man nicht doch auf tragfähigen Grund stößt?
    Ob sie sich von Hessreiter trennen soll?
    Hessreiter kam. Er tat, als hätte ihre letzte Auseinandersetzungnicht stattgefunden. War behutsam, zärtlich. Es wird nicht einfach sein, sich dieser ständigen Umsorgtheit zu entwöhnen. Es wird auch nicht einfach sein, sich wieder um Geld herumzuschlagen. Der Kampf um den Mann Krüger wird schwieriger sein ohne Hessreiter.
    Als entschieden

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