Erfolg
sie Ausgang hatte, öfter den Abend mit ihr, besuchte das Kino, die Volkssänger, andere Restaurants, wo sie Vergleiche mit ihrem Wirkungskreis anstellen konnte. Schlief auch mit ihr. Allein das rechte, gemütliche Verhältnis, bestimmt, mit Hochzeit und gesunden Kindern zu enden, war es noch lange nicht. Schuld daran waren die verdächtigen, aufrührerischen Anschauungen des Beni, seine Freundschaft mit dem Pröckl, dem Schlawiner, dem zuwideren. Zur Zeit freilich war ein Silberstreif da. Es ging ihnen schlecht, dem Beni und dem Pröckl, sie waren aus den Bayrischen Kraftfahrzeugwerken hinausgeflogen. Der Beni behauptete zwar, er habe selber gekündigt. Doch das glaubte sie ihm nicht. Jetzt war er beim Theater, bei dem Unternehmen des Pfaundler, einer zweifelhaften Geschichte. Ihr selber hingegen ging es gut. Sie hatte umfangreiche Engagements an der Börse durch Vermittlung eines kleinen Bankiers aus der Tiroler Weinstube, war auch finanziell beteiligt an den Sachwerten mancher ihrer Gäste, an ihren Häusern, Waren, Autos. Wenn ihre Geschäfte weiter blühen wie bisher, wird sie dem Beni anbieten, auf ihre Kosten sein Sach auf der Technischen Hochschule zu Ende zu studieren. Das war nichts Ungewöhnliches. Das taten viele. Grips hat er. Er wird schon hochkommen, wie er selber zuweilen sagt. Daß er ein Zuchthäusler ist, gibt ihr bloß einen besonderen Sporn; es ist ein gutes Werk, einen solchen auf die rechte Bahn zu führen. Gemüt hat er, trotz seines Kommunismus. Sie sah sich mit ihm in einer behaglichen Vierzimmerwohnung nach getaner einträglicher Tagesarbeit, abends, den »Generalanzeiger« lesend, ein gutes Essen verdauend, bei den Darbietungen des Rundfunks. Soweit wird sie es schon bringen. Sie war fromm, lauschte andächtig, Gott wird eine gute Katholikin nicht im Stich lassen. Und als jetzt der Prediger sie plötzlich mit einem scharfen, vollen Blick faßte, schaute sie unbefangen demütig zurück, ein unschuldiges Schulmädchen.
Der Priester sprach jetzt von der Genußsucht der Zeit und ihrer Raffgier. Viele hielten Lebensmittel zurück, hungerten ihre Mitmenschen aus, um die Preise zu treiben, sabotierten die gerechten und billigen Maßnahmen der Behörden, wucherten für ihren eigenen Bauch. Er brachte volkstümliche Beispiele, die bewiesen, daß er mit den Erwerbsmöglichkeiten dieser wilden Nachkriegsjahre, dem kleinbürgerlich raffgierigen, bäurisch harten Sinn seiner Hörer gut vertraut war. Seine gewölbten Augen hielt er jetzt auf einen alten, viereckigen Kopf gerichtet, der in gläubiger Zustimmung zu seinem eleganten, glatten Gesicht aufschaute. Ja, der Minister Franz Flaucher nahm die Worte des Priesters andächtig auf in seine großen, behaarten Ohren. Ihm war, als spräche er gerade zu ihm. Der Klenk hatte ihm gesagt, in einer Zeit, in der die Welt damit beschäftigt sei, die Gesellschaft umzuschichten, Kohle, Petroleum, Eisen neu zu verteilen, in einer solchen Zeit habe man auch in Bayern Besseres zu tun, als sich mit dem Reich um die Befugnis herumzustreiten, gegen die Verfassung Titel zu verleihen, oder um den Vorwand, unter dem man die staatsfeindlichen Kampftruppen der Wahrhaft Deutschen mit Landesgeldern unterstützte. Jetzt während der Predigt des Jesuiten schienen dem Flaucher diese Grundsätze des Klenk doppelt lästerlich. Alle Flüsse des Reichs flossen von Süden nach Norden: aber der Main von Ost nach West und die Donau von West nach Ost. Deutlich so hatte Gott die natürlichen Grenzen gezogen zwischen Bayern und dem Reich. Aber der Klenk wollte hinaus über diesen Kreis, hinaus über die Grenzen, die Gott ihm gesetzt hatte. Hierher war man gestellt, er, Flaucher, Klenk, die andern, die bayrischen Belange hatte man zu verteidigen. Was Eisen, Kohle, Petroleum: die bayrische Ehre galt es, die gottgewollte bayrische Souveränität. Erfreulicherweise war der Klenk auch nicht so ganz selbstherrlich, wie er sich eingebildet hatte. Er war nicht recht beisammen, mußte oft das Bett hüten; etwas zehrte an ihm, eine schleichende Krankheit. Er, der Flaucher, sah gut, er sah es dem Klenk an den Augen an, ihm konnteman nichts vormachen: er war leidend, der großkopfige Klenk, seine wütige, übermäßige Gschaftelhuberei, die verdammte, neumodische Rastlosigkeit rächte sich, oder vielleicht auch war es seine zügellose Lebensweise. Der Finger Gottes deutete auf ihn. Auf alle Fälle war er behindert, konnte nicht eingreifen, wie er wollte, man konnte wirtschaften ohne seine ständige
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