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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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ein breites, niedriges Biedermeierbett aus edlem Holz, mit einem Zierat vergoldeter Figuren, die Exoten darstellten. Er schlief nicht gut in dieser ersten Nacht nach seiner Rückkehr. Aus Verstimmung wurde Zorn, aus Zorn Tatendurst. Randvoll von Energie und Plänen wälzte sich der Kommerzienrat Hessreiter in seinem Biedermeierbett. Das blöde Geschwätz im Herrenklub. Seine französischen Projekte zur Vergrößerung der Süddeutschen Keramiken. Der neue Greuel an der Feldherrnhalle. Die Serie »Stiergefecht«, die Herstellung ernsthafter Kunstkeramik. Der Kutzner, seine Fahnen und das ganze Gelump. Er wird einmal wieder demonstrieren, daß es haut. Die Herren Münchner werden glotzen. Freilich, wenn er an das brutale Gesicht des Riedler dachte, begann er zu schwitzen.
    Andern Morgens, schon im Begriff, Frau von Radolny anzurufen, schob er es wieder auf. Der gestrige Abend, die unruhige Nacht hatten ihn unsicher gemacht. Es gab in der Luft dieser Stadt so merkwürdig schnelle Umschwünge; er wußte nicht mehr recht, wie er mit Frau von Radolny stand, zog es vor, sich vor einem Zusammentreffen zu informieren.
    Aß zu diesem Behuf mit Herrn Pfaundler zu Mittag. Der hatte den Riecher, war der rechte Mann. Von ihm erfuhr er zunächst, daß der Klenk endgültig verspielt habe. Pfaundler bedauerte das. Für die Revue, für die andern Pfaundlerschen Unternehmungen wäre es gut gewesen, wenn weiter ein Mann mit starker Hand und etwas Hirn an der Spitze der bayrischenDinge stünde, nicht einer der landesüblichen Trottel. Aber als vorsorglicher Geschäftsmann hatte sich Pfaundler auf den Wechsel in der Macht bereits eingestellt, hatte für Kutzners patriotische Bewegung Fahnen, Abzeichen, vaterländische Requisiten gestiftet. Im übrigen fand Pfaundler den Klenk nicht ganz ohne Schuld. Gewisse Faxen um ein Frauenzimmer, eine sichere Insarowa, wenn Herr Hessreiter sich erinnere, hätte sich der Minister in seiner Stellung nicht leisten dürfen.
    Dann, auf eine behutsame Frage Herrn Hessreiters, setzte er ihm die Lage Frau von Radolnys auseinander. Ja, die war auch unten durch. Er erklärte das mit einer Bestimmtheit, die ohne weiteres überzeugte. Wieso war gerade an ihr, der am wenigsten Belasteten, das Geschwätz hängengeblieben, das man anläßlich des Fürstenenteignungsgesetzes um den Münchner Hof herum gemacht hatte? Herr Hessreiter, infolge seiner längeren Abwesenheit, begriff nicht seine Vaterstadt. Allein, wie immer, mit Katharinas gesellschaftlicher Position war es aus. Sie selber, anerkannte Herr Pfaundler, als kluge Frau, füge sich, gehe sogar mit dem Plan um, fortzuziehen, ihr Besitztum Luitpoldsbrunn zu verkaufen. Er könne da nur zuraten, besonders falls sie Erfolg mit ihrem Auftreten in der Revue habe. Vielleicht interessierte sich Herr Hessreiter dafür, dann zusammen mit ihm Luitpoldsbrunn zu erwerben, dort eine Hotelpension, ein Sanatorium oder dergleichen aufzumachen.
    Herr Hessreiter war verwirrt. Der jähe Wechsel in den Glücksumständen seiner Freundin rührte an sein goldenes Münchner Herz. Es lockte ihn, schnurstracks zu Katharina zu gehen, sie verzeihend an die Brust zu drücken, zu zeigen, was für ein starker Schild und Hort der Kommerzienrat Paul Hessreiter war. Aber er war ein erfahrener Mann, hatte oft genug demonstriert, wollte sich diesmal nicht von seinen Gefühlen überrumpeln lassen. Als er sich von Herrn Pfaundler verabschiedete, erklärte er, sich selber unerwartet, geschäftliche Gründe nötigten ihn, morgen auf mindestens eine Woche nach Berlin zu fahren. In Berlin, doch das gestand erkaum sich selber ein, konnte er seine Stellungnahme zu den veränderten Münchner Verhältnissen in Ruhe überdenken, ein übereiltes Zusammentreffen mit Frau von Radolny vermeiden.
    Die große Stadt Berlin, da er lange nicht dort gewesen war, beeindruckte ihn ungeheuer. Er fuhr durch die Straßen, die aus dem Zentrum nach dem Westen führten. Lennéstraße, Tiergartenstraße, Hitzigstraße, Kurfürstendamm. Er sah die nie abreißende Reihe der Autos, mit der Selbstverständlichkeit eines Flusses daherrollend, sich stauend, weiterrollend. Er bemerkte das sichere Funktionieren der Einrichtungen, die zur Regelung dieses Verkehrs getroffen waren, automatische Haltezeichen, Schutzinseln, Schutzleute, Lichtzeichen, gelb, rot, gelb, grün. Er fuhr ohne Ziel mit der Schnellbahn, fuhr über jene Fläche, wo mitten in der Stadt zahllose Gleise sich treffen, Züge übereinander, untereinander sich schneiden,

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