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Erfolg

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Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Tischen, groteske Masken und Fratzen. Schmuck aller Art, ein Fötus in Spiritus, Schiffsmodelle, ein Krokodilschädel, Puppen eines frühen Marionettentheaters, seltsame Musikinstrumente, auch Folterwerkzeuge. Die Wände hinauf, hinunter hingen anspruchslose Bilder, Stiche in altväterischen, schwarz und braunen Rahmen; selbst der Abort war mit solchen Stichen geziert, auch mit einer Äolsharfe, die Eintritt und Ausgang des Benützers mit Sphärenklang verkündete. Zahllose Münchner Antiquitäten hingen herum, Riegelhauben, mit vielem Gold durchwirkte Kopfbedeckungen, wie sie die Münchner Frauen vor einem Jahrhundert getragen hatten, Modelle von Bauten, ein großes Modell des Doms im besondern, jener Kirche mit den unvollendeten, provisorisch mit einer Haube gekoppelten Türmen, die als das Wahrzeichen der Stadt galten. Feierlich, preziös gaben sich nur die Räume für Bücher und Bilder.
    In diesem seinem lieben Haus also ging Herr Hessreiter herum, streichelte die Türen, die Gegenstände, belichtete mit wechselndem Licht seine Bilder, setzte sich in seine behaglichen Sessel, ihre Behaglichkeit kostend. Zog seinen bequemen, violetten Hausrock an, beschaute sich im Spiegel, sein fleischiges Gesicht, jetzt ohne Schläfenbart, seinen kleinen, genießerischen Kindermund. Er entspannte seine Glieder, gähnte laut, fröhlich, streckte seine Arme. Herrlich war das, in seinen eigenen Räumen zu sein, sein Haus wieder in Besitz zu nehmen, seine Möbel, seine Bilder, den Ort mit der Äolsharfe. Nichts Besseres gab es auf der Welt als heimkehren, sich wieder auffüllen mit seiner eigenen, guten, erfreulichen Vergangenheit.
    Des Abends begab sich Herr Hessreiter in den Herrenklub. Er freute sich darauf, jetzt nach einer längeren Auslandsreise die Freunde und Spezis wiederzusehen, ihnen mit wichtigem Gehabe seine Reisebeobachtungen mitzuteilen,messend das Wesen der Stadt München am Wesen der Welt. Natürlich raunzte man bei diesem Anlaß kräftig über seine Heimatstadt; aber gerade nach längerer Abwesenheit war im Grunde dieses Raunzen nur kostümiertes, herzwärmendes Lob.
    Die erste Viertelstunde auch fand sich Herr Hessreiter im Herrenklub besonders glücklich. Bis eine unerwartete Störung eintrat. Er war auf der Straße einem Trupp der Wahrhaft Deutschen begegnet mit Trommeln und einer blutroten Fahne. Herr Hessreiter, noch in den Anschauungen des Auslands, fand diese Verbände und ihre Aufmachung komisch, machte sich im Herrenklub darüber lustig. Zu seinem Erstaunen erwiderte ihm sein Gesprächspartner, der weitläufige, joviale Ministerialdirektor Hartl, zugesperrten Gesichts, nein, da könne er seinen Standpunkt nicht teilen. Herrn Hessreiters Verwunderung stieg, als auch der vornehme Herr von Ditram seine harmlosen Scherze still und entschieden ablehnte, als der Maler Balthasar von Osternacher den Rupert Kutzner und seine Bewegung alles eher als komisch fand. Der Baron Riedler erklärte geradezu, wem die Wahrhaft Deutschen nicht paßten, der passe nicht recht in dieses Land, und sein Gesicht war unangenehm hart. Betreten fragte Herr Hessreiter, wie denn der Minister Klenk sich zu den Patrioten stelle. Zu seiner Überraschung fand man die Meinung des Herrn Klenk recht gleichgültig, riß bösartige Witze über den Minister. Da war Herr Hessreiter ja schön angekommen. War Klenk nicht mehr der unbestrittene Diktator Süddeutschlands? War er in Ungnade? Armer, betretener Herr Hessreiter. Er fand sich in seiner Vaterstadt nicht mehr zurecht. Solang die grüne Isar durch die Stadt gehe, rühmte die alte städtische Weise, solang höre die Gemütlichkeit in der Münchner Stadt nicht auf. Heute, spürte er, war es nichts Rechtes mit dieser Gemütlichkeit. Er ging früh nach Haus.
    Ein Stück des Wegs zu Fuß. Als er an der Feldherrnhalle vorbeikam, sah er, und es milderte nicht seinen Verdruß, daß man im Begriff war, diesmal nicht in der Halle selbst, sondernauf der Straße ein neues Greuel aufzurichten, einen klobigen Gedenkstein oder so was. Noch war weder das Ganze dieses Mahnmals noch seine künstlerischen Einzelheiten deutlich zu erkennen. Nur soviel stand fest, daß der Gedenkstein den Verkehr behinderte.
    Eigentlich hatte er noch am gleichen Abend Frau von Radolny anläuten wollen. Jetzt hatte er keinen Gusto mehr darauf. Er machte viel Licht in seinen Räumen; doch das Wiedersehen mit den Schiffsmodellen, den Riegelhauben, der Äolsharfe, den Büchern war ihm verdorben.
    Er legte sich verstimmt in sein Bett,

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