Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!
Zusammenspiel von neuem und altem Inventar; sie mochte den großen Kamin in ihrem Schlafzimmer ebenso gern wie die geräumigen Geschirrschränke und Kommoden und die hohen Fenster, die eine herrliche Aussicht auf den Garten boten. Auf der einen Seite durch kleinwüchsige, knorrige Kiefern, auf der anderen durch die Klippen begrenzt, war die Anlage in einem tadellos gepflegten Zustand. Charlotte fühlte sich wohl in Easterley Manor und wollte das Gut nicht verlassen.
Sir William war in den vergangenen zwei Jahren an sein Bett gefesselt gewesen, doch ohne ihn mutete das Haus jetzt leer an. Der vornehme, viel bewunderte Baronet hatte als strenger, aber gerechter Arbeitgeber gegolten, über den selbst die Dienstboten nur Gutes zu berichten wussten. Da er Charlotte sein uneingeschränktes Vertrauen geschenkt und ihr die Verantwortung über das Haus übertragen hatte, war die Dienerschaft ihr ergeben und befolgte ihre Anweisungen, als sei sie die Herrin von Easterley Manor. So würde es auch bleiben, bis der Titelerbe in Erscheinung trat; wie es dann allerdings weitergehen sollte, wusste sie nicht. Der Reverend hatte nichts angesprochen, was ihr nicht längst selbst durch den Kopf gegangen war.
Cecil Hobart stammte aus der zweiten Ehe des verstorbenen Baronet und war einige Jahre jünger als Grenville. Charlotte kannte ihn kaum, wusste indes, dass die Halbbrüder Meinungsverschiedenheiten gehabt hatten und sich lieber aus dem Weg gegangen waren. Cecil hatte sich nur dann in Easterley Manor blicken lassen, wenn er wieder einmal Geld benötigte, um seine Spielschulden in London zu begleichen.
„Zehntausend Guineas schuldet er seinen Gläubigern“, hatte Grenville ihr später erzählt, nachdem Cecil und sein Vater im Streit geschieden waren. „Und es besteht keine Hoffnung, das Geld zurückzubekommen. Vater droht, diesmal nicht zu helfen, aber er wird nicht zulassen, dass sein Sohn in den Schuldturm kommt. Er wird die Gläubiger zufriedenstellen und Cecil trotz der wenig erfreulichen Vorkommnisse eine angemessene Apanage zubilligen, solange er in Indien ist.“
„Dein Vater will ihn nach Indien schicken?“, hatte sie nachgefragt.
„Ja, für unbestimmte Zeit. Solange Cecil ihm nicht glaubhaft machen kann, dass er ein anderer Mensch geworden ist, wird Vater ihn nicht in Easterley Manor willkommen heißen. Dass Cecil sich ändert, halte ich allerdings für unwahrscheinlich.“
„Was wird geschehen, wenn dein Vater … wenn Sir William stirbt?“
„Dann, meine Liebe, geht die Verantwortung für die Familie und das Anwesen auf mich über. Ich werde ganz nach den Wünschen meines Vaters verfahren.“
Damit hatten sie das Thema beendet, ohne zu ahnen, dass Grenville sich im Jahr 1809 dem unglückseligen Feldzug nach Spanien anschließen und bereits wenige Monate später an General Moores Seite in Corunna fallen würde. Charlotte, damals Mutter der dreijährigen Elizabeth und der dreizehn Monate alten Frances, hatte ihn inständig gebeten, nicht zu gehen, da er als Erbe seines Vaters nicht verpflichtet gewesen wäre. Grenville jedoch, eingenommen von einem starken Pflichtgefühl und Abenteuerlust, hatte geglaubt, er sei unverwundbar.
Er war nicht zurückgekehrt. Der Verlust seines Sohnes und Erben traf Sir William so schwer, dass er sich nicht wieder davon erholen sollte. Obwohl sie einander in diesen Zeiten viel Trost spendeten, war der Baronet immer häufiger von geistiger Verwirrung befallen worden, und seine Kräfte hatten zusehends abgenommen.
Frances und Elizabeth hörten, dass die Mutter ins Haus zurückkam, und eilten in die Eingangshalle. Während die Trauergäste verabschiedet worden waren, hatte die Köchin sich um sie gekümmert und ihnen als kleinen Trost Zuckerpflaumen zubereitet. Die beiden Mädchen liefen auf die Mutter zu und schmiegten sich zärtlich an sie.
„Kommt, ihr Lieben, heute nehmen wir den Tee im Kinderzimmer“, erklärte Charlotte den Kindern. „Die Dienstboten sollen Gelegenheit haben, hier unten Ordnung zu schaffen, nachdem nun alle wieder fort sind. Oben wird es ruhiger sein. Und nach dem Tee können wir unser Fragespiel spielen, bevor ihr zu Bett geht.“
„Werden wir Großpapa niemals wiedersehen?“, wollte Frances wissen. „Niemals?“
Charlotte sah ihre Jüngste nachdenklich an. Eine ehrliche Antwort würde den Kummer des Mädchens nur vergrößern.
Elizabeth sprang für die Mutter ein. „Natürlich nicht, denn er liegt jetzt unter der Erde. Aber Miss Quinn sagt, er
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