Erfuellung
gefunden hatte, dass er mir dieses Gefühl geben konnte, dass ich trotz all der Vorbelastungen aus meiner Vergangenheit einen Mann so tief, allumfassend und grenzenlos sinnlich lieben konnte. Und dass ich ihm im Gegenzug dieselbe Zuflucht bieten konnte.
Ich legte meine Wange auf seine Brust und lauschte seinem Herzschlag, während unser Schweiß sich vermischte.
»Eva.« Er atmete hart aus. »Diese Antworten, die du von mir erwartest …. Dafür musst du mir die Fragen stellen.«
Ich hielt ihn eine Weile fest und wartete darauf, dass unsere Körper sich erholten und meine Panik sich legte. Er war noch immer in mir. Wir waren uns so nahe wie nur denkbar, doch es genügte ihm noch immer nicht. Er musste mehr haben, in jeglicher Hinsicht. Er würde keine Ruhe geben, bis er jeden Teil von mir beherrschte und in jeden Aspekt meines Lebens vorgedrungen war.
Ich lehnte mich zurück und sah ihn an. »Ich gehe nirgends hin, Gideon. Du musst dich selbst also nicht drängen, wenn du noch nicht so weit bist.«
»Ich bin so weit.« Kraft und Entschlossenheit glühten in dem Blick, mit dem er meinem begegnete. »Ich muss nur wissen, ob du so weit bist. Denn es wird nicht mehr lange dauern, und ich werde dir eine Frage stellen, Eva. Und dann muss ich sicher sein, dass du für die richtige Antwort bereit bist.«
»Es ist noch zu früh«, flüsterte ich mit zugeschnürter Kehle. Ich stemmte mich ein wenig weg, um etwas Distanz zu gewinnen, aber er zog mich zurück und hielt mich fest. »Ich weiß nicht, ob ich das kann.«
»Aber du gehst nirgends hin«, wiederholte er mit ernster Miene. »Und ich genauso wenig. Warum dann das Unausweichliche noch länger aufschieben?«
»So darfst du das nicht sehen. Es gibt bei uns noch zu viele gefährliche Unsicherheiten. Wenn wir nicht sehr vorsichtig sind, wird einer von uns dichtmachen, vielleicht sogar wir beide, und dann …«
»Frag mich, Eva«, befahl er.
»Gideon …«
»Jetzt.«
Seine Sturheit nervte mich, also schmollte ich eine Minute und sagte mir dann, dass es ja tatsächlich Fragen gab, die irgendwann nach einer Antwort verlangten. »Dr. Lucas. Weißt du, warum er deine Mutter angelogen hat?«
Sein Kiefer verkrampfte, als er die Zähne zusammenpresste. Sein Blick wurde hart und eisig. »Er hat seinen Schwager beschützt.«
» Was? « Ich lehnte mich zurück. Meine Gedanken rasten. »Der Bruder von Anne? Die Frau, mit der du geschlafen hast?«
»Die ich gefickt habe«, verbesserte er barsch. »In Annes Familie sind alle Mediziner. Die gesamte verfluchte Sippschaft. Sie selbst ist Seelenklempnerin. Das musst du bei deinen Google-Nachforschungen doch herausgefunden haben.«
Ich nickte abwesend, verwundert darüber, mit welcher Vehemenz er das Wort Seelenklempnerin ausstieß. Er klang regelrecht angeekelt. Hatte er deshalb nicht bereits früher ärztliche Hilfe gesucht? Und wie sehr musste er mich lieben, wenn er bereit war, trotz seiner Abscheu zu Dr. Petersen zu gehen.
»Ich wusste es nicht sofort«, fuhr er fort. »Ich begriff nicht, warum Lucas log. Er ist Kinderarzt, Herrgott noch mal. Er sollte um das Wohl von Kindern besorgt sein.«
»Vergiss es. Aber er sollte zumindest kein Unmensch sein!« Brennende Wut stieg in mir auf, das glühende Bedürfnis, Lucas ausfindig zu machen und ihm wehzutun. »Ich kann nicht fassen, wie er mir so offen in die Augen sehen und mir all diesen Schwachsinn erzählen konnte.«
Er hatte Gideon die Schuld an allem gegeben … und versucht, einen Keil zwischen uns zu treiben …
»Ich hab die Sache erst zu durchschauen begonnen, als wir beide uns schon begegnet waren«, sagte er. Seine Hände packten meine Taille fester. »Er liebt Anne. Vielleicht genauso sehr wie ich dich. Genug jedenfalls, um über ihr Fremdgehen hinwegzusehen und um ihren Bruder zu decken, damit ihr die Wahrheit erspart bleibt. Oder die Schande.«
»Er sollte nicht als Arzt arbeiten dürfen.«
»Da kann ich dir nicht widersprechen.«
»Und warum hat er dann seine Praxis in einem deiner Häuser?«
»Ich habe das Gebäude gekauft, weil seine Praxis darin ist. Auf diese Weise kann ich ihn im Auge behalten und sehen, wie gut seine Geschäfte laufen … oder auch nicht.«
Etwas an der Art, wie er »oder auch nicht« sagte, brachte mich ins Grübeln. War er womöglich nicht ganz schuldlos an den wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Lucas? Als Cary ins Krankenhaus eingeliefert wurde, hatte ich erlebt, welche Sonderbehandlung er und ich dort erfahren hatten, nur weil
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