Erhört: New Tales of Partholon 4 (German Edition)
bedurfte es der Wahrheit. Sie sollte Brenna einfach die Wahrheit sagen und ihr so zeigen, dass sie vertrauenswürdig war.
„Ich bin gestern Abend noch auf den Turm gestiegen“, gestand Elphame leise.
Brenna unterbrach die Versorgung der Wunde und schaute auf. Eine kleine Falte zog sich über ihre Stirn.
„Das hättest du nicht tun sollen. Ich weiß, dass du dich erheblich besser fühlst, aber du musst vorsichtig sein und darfst dich nicht überfordern.“
Elphame nickte ungeduldig. „Ich weiß, ich weiß. Ich werde besser aufpassen.“
„Nun, zumindest hast du damit keinen Schaden angerichtet.“ Brenna zog Elphames Nachtgewand wieder herunter. „Ich würde dir allerdings heute Morgen nicht empfehlen, ein Bad zu nehmen.“ Bei Elphames düsterem Blick lächelte sie. „Heute Abend. Vielleicht kannst du heute Abend wieder baden. Achte nur darauf, die Salbe aufzutragen, nachdem du die Wunde sorgfältig trocken getupft hast.“ Sie wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab und wendete sich dem Tisch zu. „Ich habe dir einen schönen starken Kräutertee und Frühstück mitgebracht. Es ist wichtig, dass du den Tag gut gestärkt beginnst.“
„Ich werde dein widerliches Gebräu trinken“, sagte Elphame undzeigte energisch auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches. „Wenn du dich hinsetzt und mit mir isst.“
„Sehr gerne.“ Brenna wirkte freudig überrascht. „Ich werde gerne mit dir zusammen frühstücken. Und du wirst feststellen“, stichelte sie, „dass mein fürchterliches Gebräu mehr als nur genießbar ist. Heute habe ich ihm Hagebutte und Honig beigemischt.“
„Du verwöhnst mich.“ Misstrauisch beäugte Elphame die Teekanne.
„Nur das Beste für die MacCallan.“ Brenna fiel in einen süßen kleinen Knicks und grinste ihre Clanführerin an.
Elphame spürte, wie ihre Schultern sich entspannten. Vielleicht war es einfacher als gedacht, Brenna zum Reden zu bringen. Die vielen Stunden, die sie seit ihrem Unfall zusammen verbracht hatten, hatten ihre Freundschaft gefestigt. Brenna untersuchte ihren Körper, als wäre es völlig normal, dass sie halb Mensch, halb Zentaur war. Und in ihrer Gegenwart verbarg sie ihr Gesicht nicht mehr. Es herrschte eine gewisse Leichtigkeit zwischen ihnen, die Elphame bis zu ihrer Ankunft auf der MacCallan-Burg nur im Kreis ihrer Familie gekannt hatte.
Und, rief sie sich in Erinnerung, es entwickelt sich definitiv eine Beziehung zwischen Brenna und Cuchulainn, auch wenn die beiden sich dessen noch nicht bewusst sind.
Sie schuldete es auch ihrem Bruder, herauszufinden, wer Brenna so verletzt hatte. Ihre Ungeduld beherrschend wartete sie, bis Brenna ihnen Tee eingeschenkt und sich ein kaltes, mit Fleisch und Käse gefülltes Brötchen genommen hatte, bevor sie zu sprechen ansetzte.
„Der Blick vom Turm des Clanführers ist unglaublich.“
„Ja, ich weiß“, erwiderte Brenna zwischen zwei Bissen. „Der Aufgang ist für Brighid zu schmal, also hat sie darauf bestanden, dass ich hinaufgehe und ihr alles genau beschreibe.“
Elphame nickte. Es fiel ihr schwer, geduldig zu sein und nicht einfach herauszuposaunen, was sie wusste. „Ist dir aufgefallen, wie gut man von dort aus sehen kann, wer durch das Haupttor kommt und geht?“
„Ja, das war vermutlich der ursprüngliche Plan des Baumeisters – dem MacCallan die Gelegenheit zu geben, Ausschau zu halten, ohne dass er selbst bemerkt wird.“
„Das glaube ich auch.“ Elphame räusperte sich. „Ehrlich gesagt habe ich genau das gestern Abend getan.“
„Wirklich?“ Brenna schaute sie offen und neugierig an. „Hast du etwas Interessantes gesehen?“
Elphame sagte nichts. Stattdessen hielt sie Brennas Blick, bis sie in deren Augen Verstehen heraufdämmern sah, sofort gefolgt von Scham.
„Ich habe gesehen, wie du die Burg verlassen hast“, sagte Elphame sanft. „Du warst sehr aufgebracht.“
„Ich … ich war nur müde“, versuchte Brenna abzuwiegeln.
„Nein. Es steckte mehr dahinter. Jemand hat dir sehr wehgetan.“ Elphame überwand ihre Erziehung, die ihr beigebracht hatte, andere nicht zu berühren, und legte eine Hand auf die der Heilerin. „Kannst du mir genügend vertrauen, um mir zu sagen, was passiert ist?“
In Brennas Augen glitzerten Tränen. „Natürlich vertraue ich dir, Elphame. Du bist meine Freundin.“ Sie zögerte und zeigte dann ein trauriges, schiefes Lächeln. „Es ist nur, dass ich mir so dumm vorkomme.“
Elphame drückte ihre Hand. „Zumindest bist du
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