Erhört: New Tales of Partholon 4 (German Edition)
Einsamkeit nagte an ihm. Wie ging es seinem Volk? Es war Frühlingsbeginn. Sie würden anfangen, sich über die Nahrung Gedanken zu machen, die sie über den nächsten harten Winter bringen musste. Die Jäger würden die ersten der langen Reisen zum Meer antreten, um Fische zu fangen, die geräuchert werden konnten. Der Schnee würde bald weit genug geschmolzen sein, sodass sie wilde Bergziegen fangen konnten, um ihre eigenen Herden aufzufrischen. Es gab so viel zu tun, damit man im harschen Ödland überlebte … Ging es den Kindern gut? Wie schnell breitete sich der Wahnsinn aus?
Er wusste, dass Keir seine Position als Führer übernommen hatte. Keir hatte schon immer seine Stellung und die damit einhergehende Macht begehrt. Lochlan konnte nur hoffen, dass Fallons Einfluss ihm half, weise zu führen und seine dunkle Seite in Schach zu halten, die ein wenig zu dicht unter der Oberfläche lauerte.
Lochlan riss die Augen auf. Was tat er? Als würde er Wasser auf eine Flamme schütten, löschte er alle Gedanken an zu Hause aus. Er wusste, wie gefährlich es für ihn war, an sein Volk zu denken. Das psychische Band, das sein Blut mit ihrem verband, war von Natur aus schon sehr stark. Wenn er an sie dachte, machte er es noch wirkungsvoller – und das Letzte, was er gebrauchen konnte, war, dass einer von ihnen den verborgenen Weg durch die tückischen Berge Trier nach Partholon fand und ihn aufspürte. Die Bewohner der MacCallan-Burg würden in einer Gruppe hybrider Fomorianernur eines sehen – eine einfallende Armee. Was sie auch wären, wie er zugeben musste. Eine Armee, die nur einen Gedanken und ein Ziel kannte: Elphame zu entführen und die Prophezeiung zu erfüllen.
Denk stattdessen an sie, befahl er sich. Denk an ihre Schönheit und Stärke. Es musste einen Weg geben, beides zu tun – sein Volk zu retten und Elphame sein Eigen nennen zu können.
16. KAPITEL
„Es ist jetzt fünf Tage her. Ich werde noch verrückt, wenn ihr mich nicht endlich hier rauslasst.“ Elphame schaute ihren Bruder wütend an. Bevor er etwas erwidern konnte, kniff sie die Augen zu Schlitzen zusammen und sagte: „Nein! Ich will nichts mehr davon hören, wie schwer ich verletzt gewesen bin. Ich weiß genau, wie sehr es wehtut. Meine Seite juckt, als wäre ich von Feuerameisen gebissen worden. Meine Schulter schmerzt, und ich habe seit fünf Tagen grauenhafte Kopfschmerzen. Aber ich sage dir, dass ich endlich aus diesem Zelt rausmuss, und ich meine damit weiter als bis unters Vordach.“
Das Zelt wurde geöffnet, und Brenna kam mit einem Tablett voll frischer Verbände und einer Tasse dampfendem Tee herein.
„Oh nein! Ich werde nichts mehr von deinem Schlafgift trinken. Ich bin es leid, zu schlafen. Ich bin es leid, im Bett zu liegen. Ich bin dieses Zelt leid. Und vor allem bin ich es leid, wie ich rieche.“
Brenna sah Cuchulainn an, der gestresst aussah, die Hände in die Höhe warf und seiner zerzausten, frustrierten Schwester den Rücken zuwandte.
„Du bist die Heilerin. Kümmere du dich um sie“, sagte er ein wenig zu schnell und schlängelte sich an ihr vorbei zum Zeltausgang.
Beide Frauen schauten ihm finster nach.
„Kaum zu glauben, dass die Mädchen über deinen Mut in Verzückung geraten“, warf Elphame ihm hinterher.
„Besagte verzückte Mädchen sind nicht meine Schwester. Mit dir ist das eine ganz andere Sache. Brenna, ich gebe zu, sie ist eine fürchterliche Patientin, und ich überlasse sie deinen fähigen Händen und entschuldige mich demütigst dafür.“ Er bedachte seine wütende Schwester mit einem kleinen Grinsen, verbeugte sich vor Brenna und beeilte sich, das Zelt zu verlassen.
Brenna konnte nur mit Mühe aufhören, den leeren Zelteingang anzulächeln.
„Überbeschützender Ochse“, schimpfte Elphame. Sie verzog das Gesicht, als sie versuchte, sich eine lange fettige Strähne aus der Stirn zu schieben. „Ich bin ekelerregend. Ich rieche fürchterlich.“ Sie rieb abwesend über den Verband, der ihre Bauchwundebedeckte. „Aber er hat recht. Ich bin eine schreckliche Patientin.“
Brenna lächelte. „Du bist nicht schrecklich. Du bist nur gelangweilt und auf dem Weg der Besserung. Wenn du dich nicht ein wenig verrückt aufführen würdest, müsste ich mir Sorgen machen.“
„Das ist irgendwie auch kein rechter Trost.“ Elphame kratzte sich am Kopf.
„Würde ein Bad helfen?“
„Oh süße Göttin, ja!“ Elphame schwang die Beine über den Bettrand und stand ein wenig zu schnell auf.
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