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Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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niemand wagte sich seinen Anordnungen zu widersetzen.
    Gemeinsam spannten sie eine Plane halb über den Laderaum bis zum Mastbaum. Darunter sammelten die Frauen ihre Kinder um sich; und, ohne gerufen zu werden, suchten Hunde mit eingeklemmter Rute einen sicheren Platz zwischen ihnen. Kein Fass, weder Kästen noch Hühnerkörbe durften sich losreißen können, auch die Fesseln der Tiere mussten sorgsam überprüft werden. Längs der Innenwandung postierte er zwei Schöpfketten mit der Aufgabe, gegen das eindringende Wasser zu kämpfen.
    »Jetzt kann der Sturm getrost kommen!« Tyrkir gab sich unerschrocken. »Bleibt ruhig, ihr Leute, wir sind gut gerüstet!«, und dachte, wie kläglich unsere Vorkehrungen sind. Ein Schiff war kein Gutshof, der gegen einen anstürmenden Feind befestigt werden konnte. Zum Abschluss beugte er den Kopf unter die Plane und suchte nach Thjodhild. Sie hatte sich nahe der linken Wandung mit den Kindern eingerichtet und zog gerade Freydis und Thorvald enger an ihre Seiten. Für einen Moment begegneten sich die Blicke, ein Lächeln noch und er stieg wieder zum Halbdeck achtern hinauf.
    Von Nordost fuhr ein grauer, bald schwarzer, riesiger Wolkenkeil heran, er zerstörte den Himmel, verschluckte die Helligkeit. Erste Böen rissen den Wellen die Gischt vom Haupt und schleuderten sie dem Reittier nach.
    »Bind mich fest!«, brüllte der Rote. Zweimal rutschte Tyrkir auf den Planken aus, endlich gelang es ihm, das Seil um den Freund zu schlingen. Wieder schlug er hin, kroch zum Holm und befestigte sein eigenes Sicherheitstau.
    »Bleib sitzen! Ich schaffe …« Die Stimme des Roten brach ab. Hinter ihm hob sich eine Woge, sank nieder, und im erneuten Aufwallen zwang sie das Schiff, über ihren Rücken zu tanzen, gleich vor dem Bug erbrach sie ihren schäumenden Speichel. Schon rollte eine nächste Welle heran, gurgelte unter dem Heck, ließ die Spanten ächzen und knirschen. Kein Entkommen mehr, dachte Tyrkir, uns bleibt nur die Flucht von einer Gefahr in die nächste.
    Den Töchtern der Meeresgöttin war das Spiel zu einfach, die Melodie noch viel zu sanft. Sie ließen den Sturm Atem holen. Diesen Moment nutzte Erik: »Halbes Tuch!« Sein Brüllen erreichte die Männer an den Segelleinen. Mit weißen Fäusten hielt er die Ruderpinne, und wenn auch sein Reittier schlingerte, in Täler stürzte, auf Kämme hochgeschleudert wurde, er verlor den Zügel nicht.
    Voll Zorn heulte der Sturm von neuem los, wurde zum furchtbaren Dämon. Die Wellen kämpften gegeneinander, schlugen sich mit den Häuptern, tauchten zu zweit unter dem Kiel her, dabei rüttelten sie das Schiff und wollten es auseinander reißen.
    Mit einem Mal ragte eine grau-schwarze Wand an der rechten Bordseite auf, wuchs höher, stand furchtbar da, dann brach sie mit Donnern und Dröhnen zusammen. Wasser schlug gegen das Segel, ergoss sich in den Frachtraum und spülte über Bug und Heck. Gleich wurde das Reittier von der nächsten Woge nach vorn in ein Tal gestürzt und wie eine Nussschale in die Höhe geschleudert. Regen peitschte; immer heftiger krachte der Rahbalken gegen den Mast, unaufhörlich knallte und knatterte das Segel.
    Jede Zeit hatte ihren Takt verloren. Irgendwann bemerkte Tyrkir, dass vor ihm ein Knecht reglos auf den Planken lag. Die Wachmannschaft an der Fallleine war geschwächt! Ohne Zögern befreite er den Verletzten vom Sicherheitsstrick, schob ihn den Siedlern im Frachtraum zu und nahm selbst seinen Platz ein. Nur der Schild an der Bordkante war jetzt noch zwischen ihm und den Töchtern der Ran. Sie schrien, lachten und spuckten Gischt über seinen Kopf, dabei hämmerten und traten sie unentwegt gegen die Spanten.
    War da ein Streif am Horizont? Oder narrte ihn nur die Hoffnung? Tyrkir schloss und öffnete seine Lider. »Das Wetter klart!«, schrie er den Männern neben sich zu. Sie verstanden nicht, für sie gab es seit Stunden nur noch den Kampf, nichts sonst. »Da! Hinter uns!« Endlich begriffen die Knechte. »Wir schaffen es!« Der Ruf drang durch das Tosen, erreichte jeden Mann an Bord. »Ja, wir schaffen es!«, und beseelt von neuem Mut stemmten sie sich in die Taue.
    Nach und nach flaute der Orkan ab und trieb mit seinem letzten Aufbäumen die Wolkenmassen vor sich her. Ganz gleich, welche Macht ihm die Befehle gibt, dachte Tyrkir erleichtert, er hat das Unheil angerichtet, nun muss er es selbst beiseite räumen. Bald spannte sich über dem Reittier wieder ein weiter Himmel, es ritt auf den Wogen wie durch

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