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Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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bleiben.«
    »Onkel …« Vorsichtig betastete er seine Lippen. »Als sie mich küsste, wurde mir heiß. Das Blut rauschte so laut. Dann fuhr mir ein Blitz durch die Augen in meine Brust. Das Lied …? Ich habe den Vers nicht ganz verstanden. Sie hat von unserm Kind gesungen … und dass es nach Grönland kommt, und sie will auch …«
    »Still. Lass nur!« Tyrkir schüttelte ihn an den Schultern. »Wie fühlst du dich?«
    »Mein Schädel brummt wie nach schlechtem Met«, grinste er leicht. »Aber sonst bin ich in Ordnung.«
    »Dann lass uns aufbrechen!«
    »Du meinst, jetzt gleich?«
    »Ja, sofort.« Hastig zerstreute der Ziehvater seine Bedenken. Klarer Himmel, der Wind kam aus Südwest, die Sicht blieb noch einige Stunden erhalten und in der Nacht würde er mithilfe des Polarsterns den Kurs halten können. »Wir sollten keine Stunde länger hier im Hafen bleiben.«
    »He, Onkel, willst du fliehen?«
    »Mehr als das, Junge. Wer weiß, was uns hier noch zustoßen kann?« Tyrkir legte die Hand auf seine linke Gesichtshälfte. »Ich fürchte mich sogar.«
    »Dann los!«, lachte Leif. »Der Königshof in Norwegen wartet.«
    Befehle schreckten die Mannschaft auf. Das Ankertau wurde eingeholt. Vier Knechte schoben den Knorr vom Strand tiefer ins Wasser und wurden an Bord gezogen. »An die Ruder!«
    Langsam glitt das Reittier des Meeres durch den Hafen, niemand winkte zum Abschied, und kaum war die offene See erreicht, ließ Leif das rote Segel setzen.
    Vorn am Bug stand Tyrkir aufgerichtet neben dem Drachenkopf. Der Fahrtwind biss in seine Narbe, und nie zuvor hatte er diesen Schmerz so wohltuend empfunden.

 

    AUF DEM RUNENSTEIN
DER ERINNERUNG ZU LESEN:
    K ein Thorshammer, kein Weltenbaum zieren mehr den Anfang der Zeilen. Das Kreuz steht den Inschriften voran.
    … das Jahr 996: Ohne Gnade … Norwegen … Olaf Tryggvasson lässt den neuen Glauben verkünden: Christ ist Kaiser! Olaf ist König! Das Volk muss gehorchen, wer sich weigert, die Taufe anzunehmen, wird gefoltert, ermordet. Widerspenstige Gutsherren werden samt ihren Familien verbrannt. Das Kreuz des Erlösers wird zum Marterkreuz der Zweifelnden …
    … das Jahr 997: König Olaf will nun auch alle Inseln des Nordmeeres bekehren. Er sendet seinen Hofkaplan Dankbrand nach Island. Aus dem Klosternovizen Dankbrand ist ein stolzer Priester geworden. Oft wird er von den Heiden beleidigt und zahlt es ihnen mit dem Schwert zurück. Allein in den ersten Monaten erschlägt der Priester zwei Spötter.
    … das Jahr 999: Ein Berserker fordert Dankbrand zum Zweikampf heraus. Vorher aber will er den Priester durch einige Kraftstücke einschüchtern. »Ich gehe mit bloßen Füßen durchs Feuer. Mit nacktem Oberkörper lasse ich mich auf eine Schwertspitze fallen. Und bleibe unverletzt.«
    »Gott wird darüber entscheiden.« Dankbrand segnet Feuer und Schwert. Der Berserker verbrennt sich die Sohlen und die Schwertspitze dringt durch seine Brust. Wegen dieses Wunders lassen sich einige Isländer taufen. Dankbrand aber gibt den Versuch auf, den Heiden das Christentum zu bringen, und setzt Segel Richtung Norwegen. In den zurückliegenden drei Jahren hat er elf Männer erschlagen …
    … das Jahr 1000: Über den Misserfolg seines Priesters gerät Olaf Tryggvasson in Wut. Er nimmt isländische Großhändler als Geiseln und schickt zwei von ihnen als seine Botschafter übers Meer zum Allthing der Heiden. Krieg oder Taufe! Die Drohung beschäftigt die freien Männer und bald schon spaltet ein tiefer Riss den Thing. Der Gesetzessprecher Thorgeir legt sich in seiner Bude nieder und zieht die Decke über den Kopf. Nach zwei Tagen erhebt er sich wieder. Vom Gesetzesfelsen aus warnt er die Versammlung: »Wehe unserem Island, wenn wir nicht mehr einem Glauben und einem Gesetz folgen. Zerreißen wir das Gesetz, so zerreißen wir den Frieden. Lasst mich vermitteln!«
    Beide Parteien wollen sich seinem Urteil fügen. Und Thorgeir verkündet: Alle Menschen auf Island sollen sich taufen lassen und an den neuen Gott glauben. Nach altem Gesetz aber können weiterhin Kinder ausgesetzt und Pferdefleisch gegessen werden. Wer will, darf auch künftig den Göttern Opfer darbringen, nur muss er die Zeremonie heimlich vollziehen. Unmut entsteht, die Männer aus dem Norden und dem Süden des Landes weigern sich, in kaltes Wasser zu steigen. Kurz entschlossen reitet der Priester mit ihnen zu einer heißen Quelle und tauft sie dort.
    … von den Siedlern auf Grönland: Zwei Monate nach Leifs

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