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Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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das Zittern, nahm die Wärme in ihrem Blick auf und sagte: »Ich bringe dir deinen Sohn zurück.« Nach kurzem Vergewissern, dass Erik nicht hinhörte, setzte er schnell, fast beschwörend hinzu: »Was auch gleich geschieht. Du musst wissen, dass ich dich nie enttäuschen möchte.«
    Sie sah ihn betroffen an, doch es blieb keine Zeit nachzufragen. Leif trat in Begleitung der Nachbarn hinzu. Sein Vater hatte derweil unverwandt auf das zweite Schiff gestarrt. »Kein schlechter Knorr. Wem gehört er, Sohn? Dir oder unserm Schlaukopf?«
    »Ich bin der Besitzer. Meine Geschäfte in Norwegen verliefen noch besser, als ich erhofft hatte.« Leifs Stimme wurde mit einem Mal hastig. »Das ist so, Vater. Bei unserer Rückkehr haben wir uns unten am Südkap in der Handelsniederlassung zwei Nächte ausgeruht. Und da habe ich mit einem Teil des Silbers diesen Knorr gekauft. Vom Sohn des alten Herjulf. Falke hab ich das Schiff getauft. Ein schöner Name. Gefällt er dir?«
    Nur noch mit halbem Ohr hatte Erik seinem Sohn zugehört. »Sonderbar«, murmelte er vor sich hin und war schon auf dem Weg. Leif blieb dicht an seiner Seite. »Lass uns das Schiff morgen in aller Ruhe begutachten! Morgen, nicht jetzt.«
    Doch der Vater ließ sich nicht aufhalten. Langsam folgte ihnen Tyrkir mit Thjodhild und den Nachbarn.
    »Wer ist das?«, fragte Erik. Seine Hand wies zum Achterdeck hinauf. Eine kleine Gestalt. Mit dem Rücken zu ihm stand sie dort. Der Kopf war von einer Kapuze verhüllt, aus gleichem braunen Stoff war das schlichte Kleid, als Gürtel war ein Strick über den Hüften gebunden. »Wer ist das?«
    »Ein Freund.«
    »Warum bittet er mich nicht um Herberge?«
    »Weil er mein Gast ist. Und weil ich nicht weiß …«
    »Ich frage dich nicht noch einmal.«
    Da wandte sich der Fremde um. Erik erbleichte und trat einen Schritt zurück. Mit leisem Aufstöhnen fasste Thjodhild nach Tyrkirs Arm. Nicht das Gesicht erschreckte sie, es war das Silberkreuz vor der Brust des Mannes. »Seid gegrüßt im Namen des einzig wahren Gottes.« Er neigte den Kopf. »Ich bin Pater Ernestus.«
    Jäh hob Erik die Faust, stieß unverständliche Drohungen aus, dann hielt er inne und seine Miene glättete sich etwas. »Ach, jetzt begreife ich.« Er gab dem Sohn einen freundschaftlichen Stoß. »Der Kerl ist dein Gefangener.« Um es sich selbst zu bestätigen, bezog er seine Frau und die Gäste mit ein. »Versteht ihr. Da hat sich unterwegs ein Christ an Bord geschlichen und weil mein Sohn ein weiches Herz hat, wusste er nicht, wohin mit ihm.« Wieder knuffte er Leif. »Warum sagst du das nicht frei heraus? Keine Sorge, Junge, das wird schnell und sauber erledigt. Ich lass ihn oben am Gletscherrand zum Schlafen legen, mit einem schönen Stück Speck zwischen den Zähnen. Die wilden Tiere werden sich freuen.«
    »Nein, Vater. Priester Ernestus ist mein Freund und er genießt Schutz und heiliges Gastrecht auf meinem Schiff.« Der spärliche Kinnbart bebte. »Und niemand darf ohne meine Erlaubnis an Bord, auch du nicht.«
    Bis ins Mark getroffen keuchte Erik und blickte über die Bucht, als müsse sich jeden Moment das Wasser erheben, doch es blieb still, er sah zum Himmel, doch keine Wolken zogen auf. Er drehte sich um, ging schlurfend über den Kies und kehrte zurück. »Also, meinetwegen. Der Christ gehört dir. Ich rühre ihn nicht an.«
    »Ist das wahr?«
    »Du hast mein Wort.« Gequält lächelte Erik. »Ich verlasse mich auf dich, weil deine Eltern und dein Ziehvater dir alles beigebracht haben, was ein ehrenhafter Mann braucht. Ja, du darfst selbst entscheiden. Trotzdem, höre auf meinen Rat und hüte dich vor dem Geschwätz des Christen!«
    Mit fahrigen Fingern griff Leif zum Hals und nestelte seine Amulettkette unter dem Hemd vor. Kein Thorshammer, ein Kreuz erschien, langsam presste er es an die Brust.
    Erik wankte, der Bernstein in den Augen wurde stumpf und sein Blick suchte den Freund. Wortlos zog Tyrkir ein gleiches Kreuz heraus.
    »Du also auch.« Nur eine Feststellung, dann wies der Herr von Steilhang auf das Spalier der Bootsleute und gab selbst die Antwort. »O ja, ich weiß, die Mannschaft widersetzt sich keinem Befehl des Schiffsführers.«
    Tyrkir trat auf ihn zu, doch er hob die Hand. »Schweig, Schlaukopf!«, und ging zu seinem Pferd, mit der Hand strich er über die Mähne. »Verrat. Mein bester Freund hat mich verraten«, und stieg müde in den Sattel.
    Niemand sprach, bis Erik den Kiesstrand verlassen hatte. Als er den Pfad zum Hof

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