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Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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Feuer gab, ließ er von seinen Knechten am Strand Steine sammeln, und während Thjodhild zu Fuß ihr neues Reich durchforschte, errichtete er mit Tyrkir auf beiden Inseln eine Landmarke. Die weihevolle Besitznahme wollte er gleich am nächsten Morgen vornehmen.
    »Glück, Schlaukopf!«, rief er bei der Rückfahrt und zeigte zu den beiden Inseln. »Da liegt es. Unser Glück!«
    »Du bist mein Herr«, grinste Tyrkir, auch ihn hatte die Begeisterung angesteckt. »Wie könnte ich es wagen, dir zu widersprechen.« Ich will es auch nicht, dachte er, weil ich fühle, dass dieses Land auf uns gewartet hat.
    Thorgest vom Breidahof lachte viel, dabei schob er das Kinn vor und entblößte nur die Zähne des Unterkiefers. Noch draußen auf dem Brunnenplatz hatte Erik ihm die Bitte vorgetragen, er hatte nur genickt und die Fremden erst einmal in seine Wohnhalle eingeladen. »Wir müssen uns kennen lernen.«
    Seitdem unterhielt er die Gäste. Seine kehligen Lachstöße waren für Thjodhild gerade noch erträglich. Um aber seine unflätigen Geschichten nicht hören zu müssen, überlegte sie angestrengt, welches Tier ihm ähnelte: Hund und Robbe kamen nicht infrage, auch nicht Pferd, Schafsbock oder Ochse, vielleicht ein Raubfisch, aber welcher? Selbst dieser Vergleich hinkte, dazu passten die Geräusche des Bauern nicht. Schließlich gab sie die Suche auf.
    Inzwischen hatte Thorgest seine wilden Jahren des Junggesellendaseins abgeschlossen und war bei der Familiengründung angelangt. »… Ja, die Frau ist bald nach der Geburt meines Jüngsten gestorben. Das hier ist Odd.« Er zeigte auf den muskelbepackten Sohn, der links von ihm zu Fuß des Hochsitzes hockte. Das Kinn auf den Knien beobachtete der Bursche unter halb geschlossenen Lidern die Besucher auf der Ehrenbank gegenüber.
    »Na ja, hinfällig war sie schon geworden, nachdem sie mir meinen Ältesten geboren hatte. Den prächtigen Kerl da, meinen Toke. Ich frag mich immer, wie so ein dünnes Weib so starke Söhne rausdrücken konnte.« Er stieß dem jungen blonden Riesen den Fuß in die Seite. Toke lümmelte sich rechts vom Vater halb liegend auf dem gestampften Torfboden.
    »Ihr beide habt erst eure Mutter von innen aufgefressen und nachher ausgesogen. Ja, ja, so war’s. Die Brüste hingen ihr wie leere Schläuche runter.« Sein nächstes Ja, ja ging in Glucksen unter. »Na ja, gestorben ist sie halt.« Er lachte und keiner der Gäste fiel mit ein. Ihn störte es nicht. »Eine neue Frau hab ich mir nicht genommen, dafür aber …« Seine Zunge leckte über die untere Zahnreihe. »Na ja, ich sorg immer dafür, dass Mägde auf dem Hof sind mit weichen Schenkeln. Am Anfang war’s einfach, aber jetzt wollen die Jungen auch ins Heu. Und das gibt manchmal Streit, weil der Alte die frische Ware erst selbst prüfen will. Wenn ihr versteht, was ich meine.«
    Toke und Odd feixten, während der Vater auf dem Hochsitz vor- und zurückrutschte und sich über seinen Scherz vor Lachen ausschüttete.
    Wie ekelhaft, dachte Thjodhild. Nicht, weil die Kerle ihre Lust an den Sklavinnen stillen, das ist zwar keine gute, aber eben Sitte auf einem Hof, nein, ekelhaft, wie der Alte darüber redet und dies auch noch in meiner Gegenwart. Mit einem Seitenblick sah sie das leichte Grinsen von Erik und Tyrkir. Ihr zwei seid auch nicht besser; na wartet, bis wir wieder allein sind!
    Jäh riss das Lachen des Bauern ab, seine Miene wurde kühl und nüchtern. »Kommen wir zum Geschäft.« Er nickte dem Roten zu. »Du fragst nach einem Lagerschuppen?«
    »Nur, wenn du einen entbehren kannst.«
    »Platz hab ich viel. Damit verdiene ich mein Geld.« Thorgest besaß fünf Scheunen. Nur eine, die außerhalb der Einzäunung inmitten der Hausweide errichtet war, benötigte er für das eigene Winterfutter. Sein Hof lag günstig an der Straße von Osten nach Thorsness auf der nächsten Halbinsel. Dort wurde zweimal im Jahr das Thing abgehalten und so vermietete er den freien Lagerraum an jeden, der während der Gerichtstage Waren, Pferde oder Karren unterstellen wollte. Ein bequemes und dazu noch einträgliches Geschäft. »Bei den Händlern hab ich einen sauberen Ruf, jeder kennt mich und weiß, dass alles bei uns gut bewacht wird. Wozu benötigst du die Scheune? Ich dachte, ihr seid unterwegs zur Südseite.«
    »Richtig, aber seit gestern auch nicht mehr so ganz richtig.« Erik beugte sich vor. »Gestern, nein, heute Morgen habe ich auf zwei großen Inseln draußen im Fjord meine Feuer angezündet und das

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