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Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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verraten werde, kann dieses Geheimnis auch keinen Schaden anrichten. So leichthin, wie es ihr möglich war, sagte sie: »Er gehört einfach zu uns und gut, dass Erik ihn zum Freund hat.«
    Jammern schreckte die Frauen auf. Gudrid hatte ihre Holzrassel verloren. Sie strampelte und begann zu schreien, gleich stimmte Leif in das Gezeter mit ein. Keine Kinder mehr, nur noch aufgerissene Mäuler, die den Frieden verjagten.
    Zwei Wochen waren die Knechte und Bauern der Südinsel in den Bergen und Schluchten unterwegs gewesen. Zu Pferd hatten sie die frei laufenden Schafe gesucht und von den Sommerweiden in die Täler getrieben. Nach und nach füllte sich auch der große, umzäunte und viel gefächerte Sammelplatz im Warmquelltal und gegen Mitte September übertönte das Blöken sogar die Schreie der Dreizehenmöwen über den Klippen.
    Am unterschiedlich eingeschnittenen Ohr erkannte jeder Besitzer die eigenen Tiere und zog, zerrte und scheuchte sie aus dem inneren Kreis durch ein Gatter in sein Gefach.
    Es folgten Tage des Schlachtens, viel Bier wurde getrunken, und abends lagen die Männer nackt im heißen Quellteich, schwatzten und dehnten sich und tranken weiter.
    Erik genoss mit Tyrkir die sorglose Zeit. An der Seite von Richter Thorbjörn waren sie für die Nachbarn keine Fremden.
    »So viel Fleischvorrat werden wir bald auch haben«, versicherte Erik dem Freund, als sie krebsrot und weichhäutig vom Bad zum Haus schlenderten. »Und leichter haben wir es auf meiner Insel, wenn wir die Schafe einholen.«
    Tyrkir sah ihn von der Seite an. »Leichter schon. Aber einsamer wird es.«
    »Nachbarn brauche ich nicht …« Erik hielt inne. »Wenn’s solche wie hier wären, vielleicht doch. Aber die wir bisher hatten, auf die kann ich verzichten. Lass nur, Schlaukopf, wir bauen unser Reich allein und falls wir Leute sehen wollen, dann fahren wir mit dem Schiff zu ihnen. So können wir sie uns aussuchen, das ist mir lieber.«
    Wie verletzt musst du sein? Tyrkir schüttelte unmerklich den Kopf. Mein starker Freund, ich wünsche so sehr, dass die Götter freundlich gestimmt sind und sich dieses Mal unsere Hoffnung erfüllt.
    Das Fest der drei heiligen Nächte sollte Ende Oktober gefeiert werden: der Abschied vom Sommer, das letzte Licht des Herbstes und der Beginn des Winters. Überdies aber wollte der neue Richter sein erstes großes Gelage am Warmquellhang geben.
    Thorbjörn Vifilsson ging im Innenhof auf und ab, die hohe Stirn gerunzelt, zum Nachdenken strich er immer wieder den kräftigen Nasenrücken. Gast für Gast ließ er von Tyrkir mit einer glühenden Nadel in die gegerbte Kuhhaut brennen. Längst füllten Verwandte und Freunde die erste Spalte, auch die Namen der einflussreichen Gutsherren seines Bezirkes hatten keine Schwierigkeit bereitet, jetzt aber marterte der Gode sein Hirn, um sich an die Kleinbauern der entlegenen Gebiete zu erinnern. »Schreib hin: Geirrod vom Vogelfluss und Sindri der Flachsteinsammler.« Er zuckte mit den Achseln. »Es werden immer mehr. Ich fürchte, wer keine Bank oder keinen Hocker findet, muss sich auf den Boden setzen.«
    »Sorg dich nicht! Mag sein, dass es vielleicht zu Beginn des Festes verärgerte Gesichter gibt.« Tyrkir stieß die Nadel ins Glutbecken. »Sobald jeder genug Bier hat, kümmert ihn die Enge nicht mehr. Selbst wenn deine Halle wie ein zu voll gestopfter Weidenkorb auseinander platzt.«
    »Lass den Spott!« Gleich wieder freundlich, erklärte der Richter: »Ich darf keinen Mann vergessen, sonst fühlt sich der gekränkt. Und wer weiß, bei welcher Entscheidung ich gerade seine Stimme benötige. Auf jeden muss ich zählen können. Verstehst du, mein Amt zwingt mich, ein offenes, großzügiges Haus zu führen. So ist das nun mal: Gastfreundschaft für jedermann. Aber unter uns, kaum eine Nase gefällt mir wirklich.«
    Tyrkir wollte sich beherrschen, indes der Zwang war stärker.
    »Wie ist das mit meinem Herrn? Er gehört nicht zu deinem Bezirk! Folglich ist die Stimme für dich ohne Wert?«
    »Hüte deine Zunge!« Mit zwei Schritten war der hoch gewachsene schlanke Mann neben ihm. »Wage nicht, so mit mir zu reden!«
    Unbeeindruckt hob Tyrkir den Holzschaft und sah den Richter über die glutrote Nadelspitze wachsam an. »Ich muss es wissen. Erik hat Vertrauen zu dir. Eine Enttäuschung wäre schlimm für ihn.«
    »Was bist du nur für ein Mensch?« Der Zorn war verflogen. »Wieso bemüht sich ein Sklave so sehr um das Wohl seines Herrn? Das frage ich mich schon

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