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Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
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wir uns wieder.«
    Also Krieg. Kaum hatten sich Erik und Thorgest darauf geeinigt, verlor sich der Zorn. Wie ihre eigenen Unterhändler legten sie kühl die Bedingungen fest. Jede Partei erhielt einen Monat Zeit, genügend Männer hinter sich zu scharen. Noch vor dem Thorsnessthing im Juni sollte der Kampf hier bei Spitzklipp ausgetragen werden.
    »Gib mir einen Beweis!«, verlangte Thorgest zum Abschluss. »Zeig mir, dass du heute den Frieden einhalten willst!«
    Langsam steckte Erik seine Streitaxt in die Gürtelschlaufe zurück, ließ den Haarschopf des Toten los und breitete die unbewaffneten Hände aus. Eine Weile stand er so schutzlos vor den Speeren der Breidaleute. »Jetzt du!«, forderte er. Der Bauer stieß die Lanzenspitze neben seinem Pferd in den Boden. Selbst für einen ungeübten Bogenschützen bot er ein leichtes Ziel. Von beiden Seiten war der Beweis erbracht.
    Einem inneren Antrieb gehorchend entschloss sich Erik zu mehr, fasste Odd unter den Achseln und legte ihn neben seinem Bruder ab. Mit ruhiger Geste schloss er beiden die Lider. »Die Söhne warten auf ihren Vater. Genügt dir das?«
    Wortlos gab Thorgest seinen Leuten ein Zeichen. Sie wendeten die Gäule und ritten über den südlichen Sattel in Richtung Uferstraße davon.
    »Schnell jetzt!« Erik befahl den drei noch lebenden Sklaven, zuerst die Hochsitzbalken, hiernach die Toten an Bord zu schaffen. Er selbst kniete sich zu Tyrkir. »Alles wird gut, Kleiner. Alles muss gut werden!« Damit hob er ihn auf und trug ihn den Pfad zum Strand hinunter. »Sorg für eine Unterlage!«, rief er Katla zu.
    Als er durchs hüfttiefe Wasser das Schiff erreichte, hatten sich die Mägde ihrer Umhänge entledigt. Sie nahmen den Verletzten entgegen und betteten ihn behutsam. Trotz der Flammen in seinem Gesicht spürt Tyrkir die weichen Arme, sah in besorgte Augen, dann schwammen wieder Farben auf ihn zu.
    Das Grau um die beiden Frauen wurde lichter, in vier gleiche Stücke brach der Nebelball auseinander und rückte von ihnen weg, auch die Fangarme erschlafften; und jedes Nebelviertel dehnte sich weit, wie blasse Tücher schwebten sie zu den vier Himmelsrichtungen auf und verloren sich im fernen Blau. Als wäre nichts geschehen, blendete der Schnee, wärmte die Sonne.
    Thjodhild trocknete der Freundin den Schweiß von Stirn und Wangen. Nach einer Weile kam Hallweig wieder zu Kräften und ihr Atem ging ruhiger. »Ich habe geträumt«, flüsterte sie. »Aus dem Nebel kam ein Wagen auf mich zu. Katzen zogen ihn. Auf der Kutschbank saß Freya und hielt die Zügel. Ich habe meiner Göttin gewinkt, weil sie mich mitnehmen sollte. Doch sie hielt nicht an. Die Räder rollten über mein Herz.«
    Kein Glück, Thjodhild ahnte es, der Gletscher hatte gegen sie entschieden. Nein, alles Lüge, sagte sie sich, kein Berg besitzt die Macht der Götter, nein, es darf nicht wahr sein!
    »Vergiss den Traum!« Entschlossen half sie Hallweig auf. »Ich weiß auch nicht, was der Nebel zu bedeuten hat. Nur eins fühle ich, wir hätten nicht herkommen dürfen. Kehren wir um!« Sie wollte vorausgehen und die Freundin sollte sich dicht hinter ihr halten. »Wir schaffen es, ganz gleich, wie lange es dauert. Die Kinder warten auf uns.« Hallweig folgte ihren Spuren. Sie schwiegen und keine von ihnen wagte es, sich nach dem Schneefels umzublicken.
    Unten im Tal lagen die Höfe wie hingestreut bis zum Meer. Rauch stand über den Dächern. So friedvoll war das Bild.

 

    TYRKIR
    E s hat einen Kampf gegeben. Drüben auf der Nordseite.« Nach vier Tagen erreichte die Nachricht den Warmquellhang. Ein waghalsiger Händler war mit hoch beladenen Körben zu Pferd über die noch nicht ganz schneefreie Gebirgsstraße geritten und bot im Haus des Goden Thorbjörn Vifilsson als Erster in diesem Jahr seine Ware an. »Blut ist geflossen.«
    Thjodhild achtete nicht auf die für jeden Hausrat so heiß begehrten und gut zu bearbeitenden Robbenzähne und Stücke vom Walknochen. »Wo? Wer hat gekämpft?«
    Auch Hallweig vergaß die ausgebreiteten Schätze auf dem Tisch. »Weißt du mehr?«
    »Nichts Genaues.« Der Händler zuckte die Achseln. »Ich bin von Thorsness gekommen und ehe ich ins Gebirge rauf bin, da hab ich’s gehört. Muss weiter östlich am Fjord gewesen sein. In der Gegend von Spitzklipp.«
    »Denk nach!«, fuhr ihn Thjodhild an.
    »Was soll’s. Irgendein Fremder … Ja, jetzt weiß ich’s. Er hat die Leute vom Breidahof angegriffen. So war’s. Versteh nur nicht, was es euch hier

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