Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück

Titel: Erik der Rote oder die Suche nach dem Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tilman Röhrig
Vom Netzwerk:
kümmert.«
    Wortlos stand Thjodhild auf und eilte in die Schlafkammer.
    Hallweig sah ihr nach. »Gab es Tote?«
    »Nenn mir einen Kampf, bei dem kein Kopf abgeschlagen wird.« Der Händler grinste sie an. »Hab mir schon oft überlegt, ob ich mein Angebot nicht auf Menschenknochen ausweiten soll.«
    »Verschwinde!« Sofort nahm sich die Frau des Goden zurück. »Nein, bleib! Was kannst du schon wissen.« Sie wählte ein großes Knochenstück, weil während des Winters viele Nadeln, auch Kämme verloren gegangen oder zerbrochen waren und jetzt neue geschnitzt werden mussten.
    Am Abend bedrängten beide Frauen den Hausherrn. Er solle Knechte zur Nordseite schicken. Gewissheit, ganz gleich, was sie brachte! Die schnelle Wahrheit wäre leichter zu ertragen als hier zu warten, zu hoffen und dann doch irgendwann enttäuscht zu werden.
    Sie mussten Thorbjörn nicht überreden, er war selbst tief besorgt und handelte schnell. In der Frühe ließ er zwei seiner Männer aufsitzen, gab jedem ein Ersatzpferd mit und befahl ihnen, ohne Rast über den Pass zum Breidafjord zu reiten. »Fragt. Hört euch um. Aber seid geschickt! Ich will nicht, dass jemand misstrauisch wird, dass einer erfährt, wer euch beauftragt hat.«
    Sobald die Knechte den Hof verlassen hatten, stellte ihn Hallweig zur Rede: »Warum die Vorsicht? Bekennst du dich nicht zu deinem Freund Erik?«
    »Schweig! Das ist Männersache.« Damit wollte der Richter an den Frauen vorbei und zurück ins Haus, doch da fiel sein Blick auf Thjodhild, die ihn mit zusammengepressten Lippen anstarrte. Ohne eine Erklärung durfte er nicht gehen. Thorbjörn strich mit dem Finger über seinen Nasenrücken. »Wenn dort oben am Strand tatsächlich das Schlimmste geschehen ist, so muss ich Zeit haben, die Rache für Eriks Tod vorzubereiten. Und zwar ohne dass sich seine Mörder darauf einstellen können. Begreift ihr? Gerade weil ich mich zu meinem Freund bekenne, habe ich Vorsicht befohlen.«
    Ein Zweifel blieb in den Mienen und verärgert ließ er die Frauen stehen.
    Erst nach einer Weile nickte Hallweig. »Noch nie hat Thorbjörn sein Wort gebrochen.«
    »Ich vertraue ihm.« Thjodhild zerrte am Knoten ihres Kopftuches. »Vielleicht bin ich nur ungerecht. Weil …« Sie atmete schwer.
    »Nein, wir dürfen nicht jetzt schon so reden, als wäre das Unglück wirklich eingetreten.«
    Beim Mittagsmahl stürmte der kleine Sohn einer Sklavin in die Halle, jedes Verbot vergessend lief er bis zum Tisch der Herrschaft, selbst der strafende Blick Thorbjörns störte ihn nicht. Er strahlte und rang nach Luft. »Da ist … ich hab’s gesehen. Das Schiff. Am Ufer …«
    Mit hartem Griff packte der Richter ins Kittelhemd, riss den Jungen an sich und schüttelte ihn. »Wenn du nicht sofort vernünftig redest, Kerlchen, schneid ich dir die Zunge ab!«
    Allein bei der Vorstellung weiteten sich die Augen und schloss sich der Mund.
    »So, nun von vorn!« Thorbjörn setzte den Kleinen ab. »Was hast du beobachtet?«
    Kein Strahlen mehr, zunächst brachte sich der Junge außer Reichweite des Arms in Sicherheit und dem Weinen nahe hauchte er: »Ich wollte doch nur sagen: Das Schiff ist angekommen. Vom Herrn Erik seins. Unten am Ufer. Ich hab’s genau am Segel gesehen. Ganz rot ist es. Weil ich vorn am Felsen gespielt hab. Und bin gelaufen.«
    In die Stille hinein zerkrachte das Fladenbrot zwischen Thjodhilds Händen. Die Stücke sprangen über den Tisch. Lass es wahr sein, flehte sie stumm. Ich ertrage keinen Scherz, jetzt nicht mehr. Was ist das für ein Tag? An dem Kälte und Hitze beinah gleichzeitig über mich ausgeschüttet werden.
    Thorbjörn erhob sich. »Du bist ein guter Junge. Komm, wir sehen nach, ob du dich nicht geirrt hast.« Kaum streckte er die Hand aus, schrie der Kleine erschreckt und flüchtete vor ihm aus der Halle.
    Fahrig bemühte sich Thjodhild, die verstreuten Brotbrocken aufzulesen. Sie glitten ihr immer wieder aus den Fingern. Hallweig sah die Not. »Ich will hier nicht untätig warten. Lass uns auch nach draußen gehen!«
    Die Schiffsbesatzung hatte den gewundenen Weg vom Ufer durch die Höhlenebene bereits zurückgelegt und befand sich im letzten Anstieg zum Warmquellhang. Thorbjörn und einige seiner Leute waren der kleinen Gruppe entgegengelaufen.
    Die rote Haarmähne leuchtete. »Dein Mann lebt«, seufzte Hallweig. »Gepriesen sei Freya, ihm ist nichts zugestoßen! Aber die meisten eurer Sklaven fehlen.«
    Thjodhild nickte, in ihre erste Erleichterung mischte sich gleich

Weitere Kostenlose Bücher