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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Liebsten, bis die Stunde kam, da er und Gudruda aus dem Brautbecher getrunken hatten. Da erhob er sich, küßte die tote Gudruda auf die Lippen und sagte:
    »Ich wollte nicht so von dir getrennt werden, mein Schatz! Es ist traurig, daß du von uns gegangen bist und mich hier zurückgelassen hast. Dennoch werde ich dir bald auf deinem Pfad folgen.«
    Dann rief er laut:
    »Bist du nüchtern, Trunkenbold?«
    Skallagrim kam und blieb schweigend vor ihm stehen.
    »Nimm du die Füße jener, die du zu Tode gebracht hast, und ich werde den Kopf nehmen.«
    So hoben sie Gudruda hoch und trugen sie zum Grab. Erik blieb daneben stehen, nahm die tote Gudruda in die Arme und betrachtete ihr Gesicht im Schein des Feuers und der Kerzen, die die Frauen angezündet hatten.
    Dreimal sah er sie an, dann sang er laut:
    Lang ist’s her, in einem Schneesturm
    Leisteten wir unsren Eid.
    Viele Jahre sucht’ ich dich dann
    Zu machen dich zu meiner Frau!
    In der letzten Nacht erst lagst du
    Dann als Frau in meinem Arm.
    Nun, Gudruda, leg dich nieder bis dein Erik zu dir kommt!
    Suchen werd ich deine Mörder.
    Flammen züngeln durch die Nacht.
    Speere fliegen durch die Lüfte,
    Witwen klagen dann ihr Leid.
    Auf dem Moosberg wartet Erik bis der Tod ihn dort ereilt.
    Frei von allem Leid des Lebens
    Sehen wir uns in Hels Haus!
    Dann legte er sie ins Grab, und nachdem er ein Tuch über sie gezogen hatte, füllten sie das Grab gemeinsam und verbargen Gudruda die Schöne für immer vor den Blicken der Menschen.
    Danach bewaffnete Erik sich, und Skallagrim folgte seinem Beispiel. Dann schritt er aus der Halle, und Skallagrim ging ihm nach. Im Hof waren die Pferde, die sie zum Schiff bringen sollten, noch angebunden, und eins trug Gudrudas Sattel. Sie hatte dieses Pferd viele Jahre lang geritten und liebte es sehr, denn es war folgsam wie ein Hund. Erik betrachtete den Hengst und sagte dann:
    »Gudruda braucht dich vielleicht dort, wo sie jetzt ist, Schwarzmähne«, denn so hieß das Pferd. »Wenigstens wird dich kein anderer mehr reiten!« Und er nahm Skallagrim die Axt aus der Hand und tötete den Hengst mit einem einzigen Schlag.
    Dann ritten sie davon, dem Kaltrücken entgegen. Die Nacht war wild und stürmisch, der dunkle Himmel von dichten Wolken bedeckt, die der Mond nur manchmal durchdringen konnte. Erik blickte auf und sagte dann zu Skallagrim:
    »Eine gute Nacht für ein Feuer, Trunkenbold!«
    »Ay, Herr; die Flammen werden heftig züngeln«, gab der Berserker zurück.
    »Wie viele, glaubst du, sind über dich gestiegen, als du dort in deinem Alerausch lagst, Trunkenbold?«
    »Ich weiß es nicht«, stöhnte Skallagrim, »doch im weichen Lehm vor dem Haus habe ich den Fußabdruck eines Mannes und einer Frau gefunden, und auf dem Hügel die Spuren zweier Pferde, die scharf geritten wurden.«
    »Gizur und Swanhild, Trunkenbold«, sagte Erik. »Swanhild hat uns mit ihrer Hexerei in einen tiefen Schlaf gezwungen, und Gizur hat zugestoßen. Es wäre besser für ihn, nie geboren zu sein, als zu leben und einen solch feigen Schlag zu tun!«
    Dann ritten sie weiter, und kurz nach Mitternacht kamen sie zu der Hütte auf dem Kaltrücken. Nun war das Dach mit Torfballen gedeckt, und die Fensterläden waren geschlossen, so daß niemand hineinsehen konnte, und auf dem Hof lagen Reisigbündel und Heuballen.
    Erik und Skallagrim banden die Pferde in einer Bodensenke an, die nördlich von der Hütte lag, und schlichen zu Fuß weiter. Alles war still; doch in der Halle brannte ein Feuer, und als Erik durch einen Spalt im Gebälk schaute, sah er viele Männer, die daneben schliefen. Dann gab er Skallagrim ein Zeichen. Gemeinsam und lautlos schafften sie Heu und Reisigbündel herbei und stapelten sie vor der Nordtür des Hauses auf, denn der Wind kam aus Norden. Nun sprach Erik zu Skallagrim und hieß ihn, mit der Axt in der Hand neben der Südtür zu stehen und alle zu töten, die hinausstürzten, sobald der Rauch sie warnte; er selbst ging zu dem Stapel, um ihn anzuzünden.
    Als Hellauge alles vorbereitet hatte, kam ihm in den Sinn, daß Gizur und Swanhild vielleicht gar nicht im Haus waren. Aber er wollte keine Rücksicht darauf nehmen, denn er war toll vor Zorn und Trauer. Gerade wollte er das Heu anzünden, als er erneut eine Stimme in seinem Ohr hörte – Gudrudas Stimme, die zu sagen schien:
    »Dein Eid, Erik! Vergiß deinen Eid nicht!«
    Da wandte er sich um, und der Zorn verließ sein Herz.
    »Sollen sie mich auf dem Moosberg suchen«, sagte er.

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