Erik der Wikinger
Hellauge auf die Braue.
»Wahrhaftig«, sagte er, »du bist ein starker Mann, Erik, und der Ruhm des Südens. Ich prophezeie dir, du wirst Taten vollbringen, die noch nie auf Island vollbracht worden sind. Man hat dir übel mitgespielt, denn ein unbekannter Spitzbube fettete dir die Schuhe ein. Jener dunkelbehaarte Ospakar dort drüben, der mächtigste aller Männer auf Island, konnte dich nicht besiegen, obwohl er wie ein Wolf seine Zähne in dich schlug und dir wie ein Feigling auf den nackten Fuß trat. Nimm dieses große Schwert, das du errungen hast, und trage es würdig.«
Nun nahm Erik Schnee und wischte sich das Blut von der Braue. Dann ergriff er Weißfeuer und zog es aus der Scheide, und hoch über seinem Kopf blitzte die Kriegsklinge auf. Dreimal wirbelte er sie durch die Luft, dann sang er laut:
Hinab die Goldenen Fälle
Kam Erik zu deinem Fest,
Asmund, Vater von Gudruda,
Die er gern umarmen möcht’.
Doch heute mit dem Riesen Schwarzzahn
Tat er eine große Tat: Schleuderte ihn hoch in den Schnee
Und gewann Weißfeu’r als Preis.
Und wieder sang er:
Herr, wenn du nun wirklich dankest
Hellaug’ ist ein würd’ger Mann,
Schwöre, ihm, dem kräft’gen Freier
Gibst du deiner Tochter Hand:
Sie zu gewinnen, eilte er
Sehr geschwind durch Frost und Gischt;
Und um Weißfeu’r zu bekommen
Setzte er sogar sein Äug’.
Die Männer hielten dies für gut gesungen und wandten sich zu Asmund, um dessen Antwort zu hören; und sie mußten nicht lange warten.
»Erik«, sagte er, »ich werde dir dies versprechen: Wenn du weitermachst, wie du angefangen hast, werde ich Gudruda keinem anderen Mann zur Frau geben.«
»Das ist eine gute Botschaft, Herr«, sagte Erik.
»Dann sage ich dir noch dies: In einem Jahr werde ich dir eine volle Antwort geben, ob du dich in dieser Zeit als würdig erwiesen hast, denn es ist kein kleines Geschenk, das du erbittest; auch dürft ihr, wenn ihr wollt, euch nun die Treue schwören, denn wenn dieser Eid gebrochen wird, wird die Schande auf dich zurückfallen und nicht auf mich, und ich gebe dir meine Hand darauf.«
Erik nahm die Hand, und Gudruda hörte die Worte ihres Vaters, das Glück strahlte aus ihren dunklen Augen, und ihr wurde ganz schwach vor Freude. Und nun drehte sich Erik zu ihr um, noch verschrammt und blutig vom Kampf, das große Schwert in der Hand, und er sprach:
»Hast du die Worte deines Vaters gehört, Gudruda? Nun scheint’s mir, daß zwischen uns beiden keine große Not besteht, den Treueeid zu leisten. Doch ich frage dich hier vor allen Männern, ob du mich liebst und bereit bist, mich zum Mann zu nehmen?«
Gudruda sah ihm voll ins Gesicht und antwortete mit einer süßen, klaren Stimme, die von allen vernommen werden konnte: »Erik, ich sage nun zu dir, was ich zuvor gesagt habe; daß ich allein dich als Mann lieben werde und, wenn es meines Vaters Wunsch ist, keinen anderen heiraten werde, wenn du mir treu bleibst und mich weiter lieb hältst.«
»Dies sind gute Worte«, sagte Erik. »Nun spreche diesen Eid zum Gelöbnis auf mein Schwert, das ich gewonnen habe.«
Gudruda lächelte, sprach, indem sie das große Weißfeuer in die Hand nahm, die Worte noch einmal und küßte zum Gelöbnis die leuchtende Klinge.
Dann nahm Erik das Kriegsschwert zurück und sprach: »Ich schwöre, daß ich dich lieben werde, und nur dich, Gudruda die Schöne, Asmunds Tochter, die ich seit meiner Jugend begehrt habe; und wenn ich diesen meinen Eid nicht einhalte, dann ist unser Verlöbnis zu Ende und du sollst heiraten, wen du willst.« Und auch er legte die Lippen auf das Schwert, während Swanhild beobachtete, wie sie den Eid leisteten.
Nun hatte sich Ospakar vom Kampf erholt, und er saß mit gesenktem Kopf im Schnee, da er sehr wohl wußte, daß die größte Schande über ihn gekommen war und er sowohl Frau als auch Schwert verloren hatte. Finsterer Zorn erfüllte sein Herz, als er zuhörte, und er sprang auf.
»Ich kam hierher, Asmund«, sagte er, »um um die Hand deiner Tochter anzuhalten, und mich deucht, es wäre eine gute Partie für sie und für mich gewesen. Doch ich bin durch die Hexerei dieses Mannes in einem Ringkampf besiegt worden und habe dadurch meinen guten Ruf verloren; und nun muß ich mir auch noch anhören, wie er vor meinen Augen dieser Jungfrau versprochen wird.«
»Du hast richtig gehört, Ospakar«, sagte Asmund, »und dein Werben ist schon zu Ende. Gehe dorthin zurück, woher du gekommen bist, und suche dir eine Frau in deinem
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