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Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)

Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)

Titel: Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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die Anlagen. Ich verkaufe Hunde und Krokodilhäute. Ich habe es satt, nur Menschen zu pflegen.«
    Ana wartete schweigend darauf, dass Ana Dolores Fragen nach Isabels Tod stellen würde. Vielleicht würde sie auch Interesse dafür zeigen, dass Ana sich so beharrlich um Isabels Rettung bemüht hatte?
    Aber Ana Dolores sagte nichts. Sie saß mit einem Lächeln im Gesicht da und schaute auf die Farm hinaus, über die sie jetzt herrschte. Ana dachte, es sei tatsächlich das erste Mal, dass sie Ana Dolores lächeln sah.
    Ein Auto näherte sich in einer Staubwolke und bremste vor dem Haus.
    »Ich muss dich bitten, mich zu entschuldigen«, sagte Ana Dolores und stand auf. »Ich habe Besuch von einem Mann aus Kimberley, der einen meiner Hunde kaufen will. Es dauert nicht lange. Warte hier auf mich. Klingle mit der Glocke, wenn du mehr Tee haben möchtest.«
    Der Mann, der aus dem Auto stieg, trug einen Tropenhelm und schien es eilig zu haben. Ana dachte, er gehöre zu den weißen Männern, die nach Afrika gekommen waren, um bald einen Herzinfarkt zu erleiden. Er würde sterben, als wäre er eine Beute, von sich selbst gejagt.
    Zusammen mit Carlos ging sie hinunter und schaute die Krokodile an. Carlos hielt respektvollen Abstand zu den Teichen, in denen die fast vier Meter langen Krokodile lebten. In meinem Fluss gibt es keine Krokodile, dachte sie. Aber Carlos hat vielleicht an einem Fluss gelebt, in dem Krokodile sich direkt unter der Oberfläche verbargen. Er weiß, wovor er sich in Acht nehmen muss.
    Als sie die Krokodile betrachtete, bemerkte sie plötzlich, dass sich seit ihrem letzten Besuch etwas verändert hatte. Zunächst hätte sie nicht klar ausdrücken können, worin der Unterschied bestand. Dann erkannte sie, dass es der zunehmende Verfall war, ein deutlicher Niedergang seit Pedros Tod. Sie sah die Risse in den Zementwänden der Bassins, Unkraut, das sich durch das Kopfsteinpflaster zwischen den Teichen drängte, die Futterkannen, die angefangen hatten zu rosten, marode Geräte, Kehricht, der nicht zusammengefegt und weggebracht worden war, um verbrannt zu werden. Wohin sie sich auch wendete – der Verfall war unübersehbar. Sie war umgeben von einem Geruch nach gärendem Tod.
    Es war in sehr kurzer Zeit geschehen.
    Als sie zum Haus zurückkehrte, sah sie überall weitere Anzeichen des Verfalls. Die weißen Schäferhunde in ihren Zwingern waren nicht so gepflegt wie früher. Pedro Pimentas Farm war im Begriff unterzugehen. Als er und Isabel gestorben waren, begann das, was sie gemeinsam aufgebaut hatten, sofort zu verwittern.
    Ana Dolores war mit ihrem Kunden im Haus verschwunden. Ana setzte sich auf die Veranda, während Carlos zu einem verlassenen Taubenschlag hinaufkletterte. Plötzlich hatte Ana das Gefühl, nicht allein zu sein. Als sie sich umdrehte, entdeckte sie Teresa, die genau dort stand, wo die Veranda zur anderen Seite des Hauses abbog. Sie war sehr bleich und bis zur Unkenntlichkeit abgemagert. Unsicher, was sie tun sollte, stand Ana auf und begrüßte sie. Teresa antwortete nicht. Aber sie stellte sich dicht neben Ana. Sie duftete stark nach einem öligen Parfum. Ana sah, dass ihre Kopfhaut von Schmutz und Fett verklebt war.
    »Warst du auch mit meinem Mann verheiratet?«, fragte Teresa.
    »Nein.«
    »Du warst bestimmt mit meinem Mann verheiratet. Einmal hattest du rote Haare, bevor du sie gefärbt hast.«
    »Ich habe nie rote Haare gehabt. Und ich war nicht mit Pedro verheiratet.«
    Teresa gab Ana plötzlich eine schallende Ohrfeige. Es kam so unerwartet, dass der Schmerz und die Überraschung, geschlagen zu werden, ihr die Sprache raubten.
    »Da du weißt, wie mein Mann heißt, musst du auch mit ihm verheiratet gewesen sein.«
    Teresa dreht sich um und eilte davon. Plötzlich kehrte sie wieder zurück. Ana machte sich auf einen weiteren Schlag gefasst. Aber Teresa kehrte um und verschwand hinter der Ecke des Hauses. Dort schrie sie auf.
    Ana Dolores kam auf die Veranda gestürzt. »Wo ist sie?«
    Ana zeigte auf die Ecke des Hauses. Ana Dolores rannte die Veranda entlang. Als sie zurückkam, hielt sie Teresa an einem Arm fest. Es war, als schleppte sie eine Stoffpuppe. Ana Dolores führte Teresa ins Haus.
    Der Mann mit dem Tropenhelm machte sich mit seinem soeben gekauften weißen Schäferhund davon. Er schien Teresas Anwesenheit auf der Farm überhaupt nicht bemerkt zu haben. Ana Dolores kehrte zurück. Ana hätte gern gewusst, wie sie es geschafft hatte, Teresa zu beruhigen. Aber sie fragte

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