Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)
schloss die Tür, stellte die Flasche auf den Tisch und zog ein paar Geldscheine aus der Hosentasche. Als sie aufstehen wollte, brüllte er und stieß sie wieder zurück. Er legte die Geldscheine auf den Tisch, riss ihre Bluse auf und wollte ihren Rock hochziehen. Als sie Widerstand leistete, ohrfeigte er sie. Noch immer verstand sie nicht, was er sagte. Aber es gelang ihr, sich loszureißen, die Flasche zu packen und ihn damit so fest auf den Arm zu schlagen, dass sie zerbrach. Zugleich rief sie aus Leibeskräften um Hilfe.
Der Schlag und der Hilfeschrei ließen den Mann zögern. Er rieb seinen schmerzenden Arm und sah Hanna wütend an. Sie hörte Schritte, und die Tür wurde geöffnet.
Es war Senhor Vaz in einem Morgenmantel aus roter Seide. Auf seinen Schultern saß Carlos, der sich auf den Fremden stürzte. Mit einem kräftigen Biss in die Hand besiegte er den Mann.
31
Senhor Vaz war ungekämmt. Wahrscheinlich hatte ihr Schrei ihn aus dem Schlaf gerissen. Aber auch wenn er schlaftrunken war, durchschaute er die Situation sofort. Der Mann, ein Bure mit dem Namen Fredrik Prinsloo, stand halbnackt im Zimmer. Seine ungeschnittenen Zehennägel waren gebogen wie die Krallen einer Katze. Immer wieder hatte er bei seinen Besuchen im O Paraiso Ärger gemacht. Jetzt kämpfte er gegen den rasenden Affen, der sich in seiner Hand festgebissen hatte.
Senhor Vaz rief einen Befehl. Carlos ließ sofort von ihm ab und sprang auf Hannas Bett. In der einen Hand hielt der Affe ein Taschentuch, das er Prinsloo hatte entreißen können.
Fredrik Prinsloo gehörte zu den ersten Familien, die einst aus Europa nach Kapstadt eingewandert waren. Jetzt war er Großgrundbesitzer in der Provinz Transvaal und hatte sich darauf spezialisiert, Safaris für reiche Jäger aus Amerika zu veranstalten. Zu seinen Kunden zählte der damalige Präsident Theodore Roosevelt, ein miserabler Schütze, dem es mit diskretem Beistand von Prinsloo gelungen war, eine erstaunliche Anzahl von Büffeln, Löwen, Leoparden und Giraffen zu erlegen.
Senhor Vaz hatte die Geschichte über den amerikanischen Präsidenten bei den vielen Gesprächen, die er mit Prinsloo führen musste, bis zum Überdruss gehört. Aber trotz der Prahlerei des Buren konnte er ihn nicht respektlos behandeln. Prinsloo war nicht nur ein fester Kunde, sondern er empfahl auch seinen Freunden, Vaz’ Etablissement zu besuchen, wenn sie die Lust ankam, mit schwarzen Frauen Sex zu haben. Da die Buren schnell mit anderen Kunden in Streit gerieten, hatte Senhor Vaz ein spezielles Arrangement eingeführt, wenn Prinsloo einen Besuch ankündigte. Dann hängte Vaz ein Schild an die Außentür, auf dem zu lesen war, dass eine »geschlossene Veranstaltung« stattfinde. Was bedeutete, dass Senhor Vaz die Anzahl der Kunden an diesem Abend persönlich kontrollierte und begrenzte.
Über diese Veranstaltungen gingen in der Stadt wilde Gerüchte um. Es hieß, es würden Orgien gefeiert und Dinge geschähen, die kein anständiger Mensch sich auch nur in seiner Phantasie vorstellen könnte. Senhor Vaz waren die Gerüchte sehr wohl bekannt, und er wusste, dass sie eine magische Aura rings um das O Paraiso schufen, was die Anziehungskraft und damit seine Einkünfte steigerte. Aber er hatte auch erfahren, dass Prinsloo schwarze Frauen äußerst brutal behandeln konnte. Für einen Mann wie Prinsloo war die schwarze Haut eine Hülle, die Unbildung, Unwissenheit und Faulheit verbarg. Doch dass man wie Prinsloo diese Verachtung mit einem zuweilen besinnungslosen Hass verbinden konnte, war etwas, was Vaz nicht verstand. Woher dieser Hass? Niemand hasste Tiere, höchstens Schlangen, Kakerlaken und Ratten. Schwarze Menschen hatten doch immerhin keine Giftzähne. Er hatte auch, mit gebotener Vorsicht, das Thema mehrmals gegenüber Prinsloo zur Sprache gebracht, sich aber rasch zurückgenommen, als dieser wütend die Antwort verweigert hatte.
Zudem war Prinsloo ein unberechenbarer Mensch. Er konnte großzügig und freundlich sein, aber es gab einen Punkt, an dem alles in ihm umschlug. Dann behandelte er die Prostituierten und Dienstboten mit einer Gehässigkeit, die allen Angst machte. Senhor Vaz hatte seine treuesten Diener beauftragt, ihn sofort zu benachrichtigen, wenn Prinsloo einen seiner Anfälle hatte. Es war vorgekommen, dass der Bure, scheinbar ohne jeden Anlass, die schwarze Hure, mit der er gerade verkehrte, zu schlagen oder auszupeitschen begann. Dann griff Senhor Vaz mit Hilfe des großen Wächters ein,
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